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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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leblos an wie ein Rippchen im Schaufenster eines Metzgerladens. Selbst das Pinkeln mußte er mit einem Katheder machen, der in seinen Penis eingeführt war und den Harn direkt in einen kleinen, durchsichtigen Plastikbeutel führte, weil Peréz die Kontrolle über seine Blase schon lange verloren hatte.
     
    Er war einer der wenigen zivilen Angestellten im 13ten Revier. Seine Marke mußte er nach dem Unfall vor fünfzehn Jahren abgeben. Vorschriften – keine Krüppel im Polizeidienst. Aber er hatte Glück gehabt. Wegen ihm wurde die Stelle des Kommunikationsoffiziers  nicht mehr von einem Polizisten besetzt, sondern zu einer zivilen Stelle umgewandelt. Und er hatte sich in den letzten Jahren ganz gut daran gewöhnt, den Großteil seiner Zeit hier im Revier zu verbringen, eine Packung Donuts links von ihm, ein Becher Kaffee auf der rechten Seite, den Kopfhörer mit dem Mikrofon an seinem Kinn über den Kopf gestülpt und darauf wartend, daß sich etwas in seiner Stadt regte.
     
    An diesem Abend kam der erste erwähnenswerte Anruf über 911 um 20:21 Uhr – aus der Horatio Street. In einem der kleineren Hotels war es zu einem Streit gekommen, laut dem Anrufer zwischen einer Nutte und ihrem Kunden.
     
    Der Anrufer war der Portier der schmierigen Absteige und selbst anhand der Stimme konnte sich Peréz vorstellen, wie der Mann wohl aussehen würde: klein, hager und mit drei oder vier Zähnen, die in seinem Mund fehlten und eine häßliche Lücke hinterließen, wenn er die Lippen zu einem Lächeln verzog. Das Lächeln selbst wäre ebenfalls schmierig und paßte zu dem unrasierten und mit Schmutzflecken übersäten Gesicht.
     
    „Ich glaube, der Mistkerl bringt sie um“, sagte er zu Peréz. Im Hintergrund konnte man das gedämpfte Geschrei einer Frau hören. Dann ein dumpfer Laut und der wütende Aufschrei eines Mannes.
     
    „Tun Sie nichts“, wies Peréz den Mann an. „Ich schicke einen Wagen vorbei.“
     
    „Mann, wenn Sie glauben, daß ich auch nur in die Nähe  des Zimmers gehe, dann müssen Ihnen ein paar Drähte durchgebrannt sein. Sagen Sie ihren Cops, sie sollen sich beeilen. Ich habe keine Lust, das Zimmer für eine Woche zu schließen, wenn der Mistkerl die kleine Nutte umbringt, nur weil Sie ihren verfluchten Arsch nicht hochbekommen haben.“ Und dann hing er auf.
     
    Peréz rief Tango 07, die in der Jane Street standen, nur fünf Blocks von dem Hotel entfernt, und informierte die beiden Streifenbeamten über die Situation. Dann wartete er. Siebzehn Minuten später bekam er den Rückruf der Streife.
     
    Die Nutte war schlimm zugerichtet worden. Sie brauchte einen Krankenwagen – Peréz kümmerte sich darum. Der Kunde war ein 28jähriger, arbeitsloser Schweißer gewesen, bei dem wirklich einige Drähte durchgebrannt sein mußten. Das passierte in der letzten Zeit immer häufiger.
     
    Das ganze Land schien den Verstand zu verlieren. Wut über Arbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, die nicht mehr von Drogen, Sex oder Medikamente aufgefangen werden konnte. Wahnsinn, der sich als Religion tarnte, und doch nur Haß war.
     
    Als sie ihn später am Abend ins Revier brachten, da schrie er andauernd etwas vom „Willen des Herrn“, den er ausführen mußte.
     
    „Die Nutten müssen sterben! Er hat es mir gesagt! Er hat mir gesprochen. Hört Ihr mir denn nicht zu?! Er hat verdammt nochmal mit mir gesprochen. Schaltet das Fernsehen ein! Gott ist auf dem Home Shopping Network, aber nicht jeder kann ihn sehen, nein…“
     
    Der Mann lachte. Es war ein abgehackter Laut, der Peréz erschauern ließ
     
    Irgend etwas geschah in den Städten. Es war nicht nur New York oder Boston oder L.A.. Vielleicht gab es eine Grenze, die nicht überschritten werden durfte, eine magische Zahl, die eine menschliche Gesellschaft auf so engem Raum noch aushalten konnte. Wenn diese überschritten war, dann…wurden einige Leute wahnsinnig. Oh, nicht alle, natürlich. Nur diejenigen, die ohnehin schon gefährdet waren.
     
    Peréz dachte an ein Experiment, über das er einmal im National Geographics gelesen hatte. Oder war es Science & Technology Today gewesen? Er konnte sich nicht mehr an den Titel der Zeitschrift erinnern.
     
    Aber in einem dieser Artikel war über ein wissenschaftliches Experiment berichtet worden, bei dem einige Biologen, Verhaltensforscher, Ratten in ein geschlossenes System eingesperrt hatten. Zuerst war es nur eine kleine Kolonie und ihre Umgebung versorgte sie mit allem, was sie brauchten. Aber dann

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