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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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erhöhten sie die Zahl der Ratten. Erst eine Verdoppelung, dann eine Verdreifachung der Zahl.
     
    Peréz wußte nicht mehr, wann dort die magische Zahl überschritten worden war. Aber bald war es zu einer Situation gekommen, in der alle Ratten aggressiv wurden. Es gab Verletzte, es gab Tote. Am Schluß fraßen die überlebenden Ratten ihre toten Artgenossen auf, weil ihre Umgebung keinerlei Nahrung mehr hatte.
     
    Um 21:34 Uhr gab es einen etwas heftig gewordenen Ehestreit in der Morton Street. Um 21:45 Uhr wurden ihm von einer Streife in der Washington Street die Beschädigung von mehreren Straßenlaternen und Ampeln gemeldet. 22:16 Uhr waren es dann Randalierer in der Commerce Street. Mehrere Anrufer beschwerten sich über jemanden, der zu laut war, über das Geheule einer Autoalarmanlage, die ohne ersichtlichen Grund losgegangen war.
     
    Peréz starrte auf die flackernden Lichter der Anzeigetafel, dann auf die Uhr. Oh Gott, es war erst zehn vor Eins. Sein Kaffee war kalt. Nicht einmal eine dünne Fahne stieg mehr aus dem weißen Pappbecher hoch. Vielleicht würde Rosie nett genug sein, um ihm eine neue Tasse aus dem Automaten zu bringen. Später. Noch diese beiden Anrufe, die hereingekommen waren. Dann würde er Rosie bitten, ihm einen neuen Kaffee zu holen.
     
    „911“, sprach er in das Mikrofon unter seinem Kinn, „Peréz am Apparat. Womit kann ich Ihnen helfen?“
     
    „Verdammt nochmal“, tönte eine wütende Stimme am anderen Ende der Leitung. Peréz ließ einen lautlosen Fluch los. Er hätte es wissen müssen. Es war zu lange gewesen. Normalerweise kam dieser Anruf schon früher. Jeden Abend zwischen acht und neun Uhr, selten später. Erst zweimal in seiner Dienstzeit nach Mitternacht. Das dritte Mal, jetzt mit eingerechnet. Er hielt seine Hand vor das Mikrofon und flüsterte deutlich: „Scheiße.“
     
    Die andere Stimme schien ihn gar nicht wahrgenommen zu haben.
     
    „…frage mich, wann Sie endlich gegen diesen Mist unternehmen wollen, Officer Peréz. Die Nachbarschaft geht vor die Hunde, jawoll das geht sie, seitdem meine Frau gestorben ist. Und ihr Cops kümmert Euch einen Scheißdreck darum was hier passiert. Ihr steht nur herum, spielt mit Euren Gummiknüppeln und kassiert Geld dafür, daß ihr beobachtet, wie uns Bürgern die Scheiße bis zum Hals steht…“
     
    „Worum geht es denn diesmal, Bill?“ unterbrach Peréz den Redeschwall freundlich, aber bestimmt. Bill beschwerte sich über alles, was im Village geschah. Volle Abfalleimer, leere Recycling-Behälter, Kaugummis auf der Straße. Er beschwerte sich über alte Wagen, die als ‚fahrende Rostlauben‘ die ganze Gegend verschandelten und über die ‚snobistischen Luxusschlitten‘ der Broker, die nicht zu ‚seiner‘ Nachbarschaft paßten. Er rief jeden Tag im 13ten Revier an. Meistens nur einmal. Wenn er aber gut drauf war, dann konnte es mehr als sieben oder acht Anrufe von ihm geben. Dieser hier war der erste am heutigen Morgen – oder die sechste des vergangenen Tages, je nachdem, wie man es rechnen wollte.
     
    „Jemand hat verdammt nochmal geschossen, Peréz.“
     
    „Ja.“
     
    „Schreiben Sie das auf, Peréz? Ich weiß, daß Sie das müssen. Es steht im Gesetz. Ich kenne das Gesetz. Verdammt noch mal, ich kenne meine Recht. Ich bin nicht verrückt. Ich habe keine Scheißvisionen. Und ich werde bestimmt auch nicht meine Hände auf den Fernsehschirm legen, wenn der Geist Billy Grahams es von mir verlangt, um geheilt  zu werden, das können Sie mir ruhig glauben. Normal wie der nächste Mensch, das bin ich, wahrhaftig. Also schreiben Sie meine Aussage auf, Peréz.“
     
    „Das tue ich doch, Bill“, erwiderte Peréz mit seiner besten und ruhigsten Sie-wissen-doch-daß-ich-Sie-ernst-nehme-denn-ich-bin-Polizist-Stimme. „Sagen Sie mir, was passiert ist.“
     
    Peréz nahm seinen Bleistift und kritzelte auf dem Block herum. Für einen Außenstehenden sah es tatsächlich so aus, als würde er sich Notizen machen. Manchmal nickte er kurz, verschob das Mikrofon unter seinem Kinn und kratzte sich am Hals, nickte wieder und brummte hin und wieder ein ‚Uh-huh‘.
     
    „Also ein Schuß, Bill.“
     
    „Nein. Hören Sie mir nicht zu, Peréz? Es waren zwei Schüsse. Zwei Schüsse. Soll ich vielleicht rüber ins Revier kommen und es Ihnen aufschreiben? Zwei Schüsse. Ich bin nicht taub. Habe vielleicht schlechte Augen, brauchte letzte Woche sogar eine neue Brille, hat mein Arzt gesagt, aber Sie wissen ja, wie Ärzte

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