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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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so, als wäre der ältere Mann verletzt. Er legte ihm den Arm um seine Schulter und zog ihn vom Village Square herunter, die 8te Straße entlang, in Richtung Fifth Avenue. „Aber das ist okay. Ich weiß, daß du nur ein junges Arschloch bist, das sowieso nicht auf die Wahrheiten meiner Generation hört.“
     
    „Danke, Norm“, antwortete Charlie.
     
    „Bitte.“ Norm lächelte das Weihnachtsmannlächeln. Etwas in Charlie verkrampfte sich.
     
    Bitte, hör‘ auf damit, Norm , dachte Charlie.
     
    Aber er sagte nichts.
     
    „Immer noch Durst? Ich ja, also laß uns unsere fetten Hintern in Bewegung setzen. Wir hätten vor mehr als eine halbe Stunde beim Harper‘s sein müssen. Der alte Franklin wird sich schon fragen, wo seine Lieblingspolizisten geblieben sind.“
     
     
     
    01:16
     
    Als die Polizei vor dem Laden vorbei gefahren war, da hatte Joshua Dannerman keinen Gedanken an Flucht verschwendet. Er hatte gesehen, wie einige der anderen im Geschäft sehnsuchtsvolle Blicke zur Tür geworfen hatten.
     
    Der Angestellte. Wie hieß er noch? David Rajinesh, ja. Die junge Frau neben ihm. Sogar die alte Lady, die nur drei Meter rechts neben Josh stand, hatte ihre Muskeln angespannt und wäre vielleicht losgelaufen.
     
    Josh nicht.
     
    Zum einen war seine Position nicht gut genug. Er stand zwischen dem ersten und dem zweiten Regal. Auf der linken Seite von ihm war der Tresen mit der Kasse. Auf der rechten Seite standen zwei andere Kunden, die ihm bei einem Sprint im Weg gewesen wären. Dann noch das Zeitschriftenregal, um das er hätte herumlaufen müssen. Und dann war die Tür fast acht Meter von ihm entfernt. Nein, Josh war nicht dumm genug, um so einen Mist auch nur zu versuchen.
     
    Das war aber nur der eine Grund.
     
    Der andere war, daß selbst, wenn er es versucht hätte, gar nicht in der Lage gewesen wäre, die Strecke in weniger als zehn, vielleicht sogar nicht einmal weniger als fünfzehn Sekunden zurückzulegen.
     
    Joshua Dannerman war fünfzehn Jahre alt und hatte drei Metallschrauben in seinem Oberschenkel, die einen komplizierten, offenen Bruch wieder korrigieren sollten, der vor knapp einem Jahr passiert war. Er hinkte mit jedem Schritt und wenn er die Hosen auszog, dann konnte man deutlich die Schrauben und die Muttern sehen, die aus seinem Fleisch herausragten, wie metallene Pickel, die sich nicht öffnen, nicht wieder verschwinden würden, bevor er zu einem zweiten, etwas längeren Besuch ins George Washington Hospital zurückkehrte.
     
    Joshuas Verletzung war ein Geschenk seines Vaters gewesen. Letztes Jahr November war sein Herr so besoffen gewesen, daß ein normaler Mensch mit demselben Alkoholgehalt entweder tot oder ernsthaft im Koma gewesen wäre. Aber häufiger Gebrauch schien zu immunisieren. Das war zumindest die einzige Erklärung, die Joshua selbst hatte. Er hatte William Caines, seinen Biologielehrer, gefragt und als Antwort eine gerunzelte Stirn bekommen.
     
    „Das ist eine ziemlich seltsame Frage für einen Jungen in deinem Alter“, hatte Mr. Caines gesagt. „Hast du Probleme, Josh?“
     
    Ich hab einen Vater, der mich halb tot prügelt, wenn er betrunken ist…was er eigentlich fast immer ist. Was ich wissen will, Mr. Caines, ist: Wieviele Flaschen muß ich ihm kaufen, wieviel muß er trinken, damit er an Alkoholvergiftung stirbt?
     
    An jenem Abend im November hatte Harold Dannerman zwei Flaschen Wodka und einen halben Kasten Bier gehabt. Es gab keine Geräusche mehr in der Küche, als Josh ins Bett ging und für einen Augenblick gab es das absurde Gefühl von Erleichterung, das sich ein mißbrauchter Junge nur sehr selten gönnte: Er ist eingeschlafen. Vielleicht reicht diese Menge sogar aus, daß er davon stirbt. Bitte, lieber Gott, ich möchte, daß er stirbt. Ich möchte…komme ich deshalb nicht in den Himmel?
     
    Doch wenig später war die dunkle, massige Gestalt seines Vaters im Türrahmen erschienen, ein riesiger Schatten, der an den Rändern vom Licht aus der Küche seine Konturen bekam, ansonsten aber nicht mehr als ein schwarzes Loch zu sein schien.
     
    „Du verdammtes Arschloch“, hatte Harold Dannerman geflüstert. „Wußte, daß Marge nur einen Schwächling ausscheißen konnte. Mein Sohn. “
     
    Die letzten Worte waren mit Hohn ausgesprochen worden, eine schreckliche Parodie von Stolz, die ein Vater eigentlich für seinen Sohn empfinden sollte.
     
    „Deine Mutter war eine Nutte, du Scheißer“, meinte sein Vater.
     
    Sag nichts. Sei

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