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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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ruhig. 
     
    Josh drehte sich im Bett um, wandte sich von der massigen Gestalt ab, die ihn beobachte und murmelte etwas, das sich wie Schnarchen anhörte.  Manchmal half das.
     
    Manchmal ging er dann wieder weg und ließ Joshua alleine. Die Beleidigungen galten seiner Mutter – seiner toten  Mutter – und dagegen konnte Josh sowieso nichts tun. Er hatte es versucht, als er noch kleiner gewesen war und es mit einem zugeschwollenen Auge, zwei ausgeschlagenen Backenzähnen und mehr blauen Flecken bezahlt, als er zählen konnte. Er war fast drei Wochen nicht zur Schule gegangen. Also blieb Joshua ruhig, hörte auf das leise Pochen seines Herzschlages und betete still zu Gott, daß der alte Mann weggehen würde.
     
    Was er nicht tat.
     
    „Sie hat ihre Beine für jeden Scheißkerl im Viertel breitgemacht“, hatte die Gestalt  gesagt. Sie klang wie ein Troll, ein großer, böser Troll aus einer der Geschichten, die Josh als kleiner Junge gelesen hatte. Der Troll sprach -
     
    „Wahrscheinlich biste deshalb so dunkel. Wahrscheinlich der menschliche Abfall von dem Nigger an der Ecke. Weiß, deine Mutter hat ihn gefickt.“ Sein Vater trank einen Schluck aus der Flasche, die er mitgebracht hatte, rülpste und wischte sich die Lippen. „Wenn ich auf der Arbeit war, dann ist se zu ihm rübergegangen und hat ihn gefickt. Ja. Weiß es. Die Jungs auf der Baustelle haben‘s mir gesagt.“
     
    Joshua sagte nichts, aber er wußte, daß seine Vorstellung eines schlafendes Kindes nichts bewirken würde. Harold Dannerman hatte Lust, jemandem wehzutun. Jemanden wirklich wehzutun. Und seine Mutter war schon vor acht Jahren gestorben. Joshua hatte schon jetzt Tränen in den Augen. Sein stummes Gebet zum lieben Gott änderte sich: Bitte, lieber Gott, laß es nicht allzu weh tun. Bitte, laß ihn keine Knochen brechen. Nur einige blaue Flecke, bitte, das ist okay, damit kann ich morgen in die Schule gehen, aber keine Knochenbrüche.
     
    Sein Vater hatte ihn aus dem Bett herausgehoben, an seinen Haaren gezerrt, bis Joshua sich nicht mehr verstellen konnte und vor Schmerzen laut aufschrie.
     
    „Weiß, daß du nic’h schläfst, Jungchen“, sagte der alte Mann. Sein Atem stand nach Wodka, nach altem, kalten Rauch und toten Dingen. „Weiß, daß du mir zuhörst. Aber du willst mir komisch kommen, ja, wie das Arschloch damals auf der Baustelle. Wollte mir auch komisch kommen.“
     
    Er hatte gelacht, ein keckernder Laut. Joshua spürte, wie sich die breiten Pranken des Mannes in seine Kopfhaut gebohrt hatten und mit einem weiteren, abrupten Ruck einige, kleine Haarbüschel herauszogen. Joshua schrie wieder, biß sich dann aber schnell auf die Zunge, um den Laut zu ersticken. Blut füllte seinen Mund.
     
    „Dad, bitte…“, flüsterte er.
     
    „Keiner kann mir komisch kommen“, sagte der Troll mit hohntriefender Stimme. Joshua bemerkte, wie sich die Schmerzen verlagerten. Sein Arm brannte für einen Augenblick, bevor der Schmerz nachließ, zu einem dumpfen Pochen wurde und sich dann in schrecklicher Taubheit auflöste. Er hatte diesmal nicht einmal mehr die Kraft, aufzuschreien. Der zweite Schlag traf ihn in seinem Gesicht. Joshuas Lippen platzten auf. Der Geschmack von Blut würde übermächtig. Seine Nase war komisch. Sie fühlte sich komisch an, irgendwie verdreht  und falsch. Joshua konnte nicht mehr durch die Nase atmen. Und die Luft, die er mit heftigem Keuchen in seinen Mund hineinließ, schmeckte so ekelerregend nach Wodka, daß er zwischen einzelnen Atemstößen immer wieder ausspucken mußte.
     
    Etwas in seinem Brustkorb wurde taub. Etwas knackte, mit dem trockenen Geräusch eines alten Astes, der sein eigenes Gewicht nicht mehr aushalten konnte. Das Atmen wurde beinahe unmöglich.
     
    Meine Brust. Oh Gott, meine Brust.
     
     Er bekam keine Luft mehr. Etwas brach in seinem Bein, aber Joshua spürte diesen Schmerz kaum noch, als er sich den anderen, schon bestehenden Schmerzen hinzufügte. Er spürte nur noch, daß etwas sehr hartes auf seinen Oberschenkel herab sauste, das Fleisch durchschlug und dann von etwas Feuchtem abgelöst wurde. Er versuchte sich zu bewegen, stellte aber mit mildem, von Schmerz überlagerten, Erstaunen fest, daß er es nicht mehr konnte. 
     
    Zwei Tage später war er in einem Bett auf der Unfallstation des George Washington Hospitals aufgewacht und hatte versucht zu sprechen und dabei auf einen Plastikschlauch gebissen, der in seinen Rachen eingeführt worden war und seine Kehle

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