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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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beobachtete sie, bis ich verstand: Nein, hier war nicht mein Platz, schon lange nicht mehr. Und meine Mutter wusste das. Deshalb sprach sie mit mir nicht über das, was im Dorf
geschah. Aber sie konnte auch nichts mit meiner Welt anfangen, weil sie sie nie kennengelernt hatte. Mittlerweile waren wir so weit voneinander entfernt, dass wir diese Kluft wohl nie mehr überwinden konnten. Konnte ich ihr deshalb böse sein, durfte ich Eoin gegenüber Eifersucht empfinden? Nein. Aber ich war traurig, weil ich einmal mehr begriff, dass dieser Ort hier für mich nichts mehr mit Heimat zu tun hatte.
    Ich klinkte mich gedanklich aus. Eoin hatte die Ärmel hochgeschoben. Ich warf möglichst unauffällig einen Blick auf die Narbe an Eoins Arm. Keine Sekunde mehr zweifelte ich daran, wen ich vor mir hatte, auch wenn ich mich liebend gerne getäuscht hätte. Dann entschuldigte ich mich freundlich bei den beiden, sagte, ich müsste noch dringend arbeiten, und ging rauf in mein altes Zimmer.
    Mir war siedend heiß geworden. Kein Wunder, dass sich die Erinnerungen an Eoin nicht sofort eingestellt hatten – Wochen und Monate hatte ich mit mir selbst gerungen und alles getan, um diesen Mann zu vergessen, und zwar für immer. Denn Eoin war tatsächlich der Mann, wegen dem ich Benjamin vor sieben Jahren fast nicht geheiratet hätte! Mit dem ich auf der Party in Cork versumpft war. Lange danach noch hatte mich die Begegnung mit ihm in quälende Ungewissheit gestürzt. Ich hatte ihn einfach nicht erkennen wollen.
     
    Ich zwang mich, die Unterlagen für morgen konzentriert durchzugehen, weil ich nicht mehr über Eoin nachdenken wollte. Unser neuer Mandant war der Modedesigner Simon Simm, der dabei war, sich im großen Stil selbstständig
zu machen. Jahrelang hatte er für namhafte Labels gearbeitet. Seine Kollektionen waren weltweit bekannt und begehrt. Jetzt plante er seine eigene Mode. Er wollte nur zertifizierte Ökostoffe verwenden und zu fairen Preisen teils in Europa, teils in Asien produzieren lassen. »Mode für das grüne Gewissen der gehobenen Mittelklasse«, hatte Benjamin es genannt. Simon Simm würde überwältigend viel PR bekommen. Er plante nicht einmal Werbung, weil er wusste, dass er sich auf Mundpropaganda verlassen konnte. »Bio ist die Zukunft!«, sagte Simm. »Nicht nur beim Essen.« Er wollte Flagshipstores in London, Manchester, Cardiff, Belfast, Edinburgh und vielleicht noch in Dublin aufziehen. Bis zum Tag der Eröffnung des ersten Stores unterlag alles der höchsten Geheimhaltungsstufe.
    Mir gefiel, was ich über sein Konzept las, und ich freute mich sehr darauf, jemanden wie ihn als Mandanten zu bekommen. Was für eine schöne Abwechslung! Ich musste unbedingt Kate unauffällig über ihn ausfragen, sobald ich sie sah, natürlich ohne irgendetwas zu verraten. Sie kannte in der Modebranche fast jeden, der es wert war, gekannt zu werden, und sie würde mir vielleicht ein paar nette Anekdoten über ihn erzählen können.
    Es klopfte an der Tür. Verwundert stand ich vom Bett auf, wo ich es mir mit meinem Laptop bequem gemacht hatte, und öffnete: Eoin.
    »Wir essen jetzt zu Abend.«
    »Danke, ich habe im Moment keinen Appetit. Ich mache mir vielleicht später einen Toast.«
    Er nickte und sagte nichts.

    »Ich muss wirklich noch eine Menge für morgen vorbereiten«, sagte ich entschuldigend.
    »Ich könnte Sie morgen früh zum Flughafen bringen«, bot er mir an.
    Ich schüttelte den Kopf. »Vielen Dank, aber Deirdre kann mich fahren.«
    Er zog irritiert die Augenbrauen zusammen. »Wirklich? Haben Sie das mit ihr besprochen?«
    Jetzt war es an mir, irritiert zu schauen. »Meine Mutter wird mich ja wohl noch zum Flughafen bringen können, nachdem sie schon vergessen hat, mich abzuholen.«
    »Vergessen?«, fragte er.
    »Na ja. Sie ist eingeschlafen.«
    »Schon wieder«, murmelte er. Da sein Handy klingelte, konnte ich nicht nachhaken, was er damit gemeint hatte.
    »Sie müssen mich wirklich nicht fahren«, sagte ich höflich, während er eine Taste auf seinem Telefon drückte. »Ich komm schon klar.« Ich schloss die Tür.
    Hatte Deirdre ihn zu mir hochgeschickt? Offenbar wollte oder konnte sie mich nicht selbst zum Flughafen bringen. Aber hätte sie mir das nicht selbst sagen können? Ich seufzte, schnappte mir meinen Laptop und sah nach, wie ich zum Flughafen kam. Ich könnte zu Fuß nach Myrtleville und von dort einen Bus nehmen. Busse waren in Irland extrem unzuverlässig, besonders auf dem Land, aber wenn ich

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