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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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brauche noch etwas Zeit, um über alles nachzudenken.
Ich will für meine Kinder sorgen, sie sollen wenigstens finanziell abgesichert sein… Was hältst du von Amerika? Ich werde mich erkundigen, wie viel Geld wir brauchen würden, um dorthin zu kommen. Vielleicht bekomme ich Kontakt zu jemandem, bei dem wir die erste Zeit wohnen können… So viele Gedanken, die durch meinen Kopf schwirren… Aber eins steht fest: Ich will es. Ich will mit dir leben. Wir werden es schaffen, ich verspreche es dir.
    Gib mir noch die Zeit, um alles zu klären.
     
    Bald sind wir endlich frei.
    Ewig dein Naoise, liebste Deirdre.
    M.

6.
    Es war tatsächlich unser erster Streit. Wir waren alles andere als krisenerprobt. Streiten ist etwas, das man lernen muss, und wir wussten nicht, wie wir mit dieser Situation umgehen sollten. Zwei Tage lang sprachen wir kein einziges Wort in privaten Belangen miteinander. Benjamin schlief sogar im Gästezimmer.
    Ich stand unter Schock. Das Kind in meinem Bauch fühlte sich an wie ein Fremdkörper, ich konnte nicht mehr richtig schlafen, ich verlor den Appetit. Mir war immer noch nicht klar, warum ich mich nicht einfach darüber freuen konnte, von Benjamin schwanger zu sein. War es mir einfach zu früh? Hatte ich Angst vor den Veränderungen? Oder glaubte ich wirklich, ich würde eine schlechte Mutter sein? Warum war ich nicht glücklich? Ein paarmal wollte ich zum Telefon greifen, um meine beste Freundin anzurufen, aber ich brachte es nicht fertig.
    Am dritten Tag nach unserem Streit blieb ich einfach im Bett. Mein Körper schien den Schlaf nachholen zu wollen, den er in den vergangenen Nächten nicht bekommen hatte. Ich erwachte am späten Nachmittag, stand auf und setzte mich ans Fenster.
    Wir wohnten direkt am Chelsea Embankment in einer wunderschönen alten Stadtvilla mit einer roten Backsteinfassade,
weißen Sprossenfenstern und Wintergärten. Durch Zufall hatten wir erfahren, dass eine der Wohnungen zum Verkauf stand. Mit einem »Nur mal ansehen« hatte Benjamin mich dorthin gelockt. Schon bei der Besichtigung verliebte ich mich in die Räume. Die Decken waren mit Stuck verziert, einige Wände waren durchbrochen worden, um mehr Platz und Licht zu schaffen, aber dann war dem Bauherrn offenbar das Geld ausgegangen. Bäder und Küche mussten noch gemacht werden, die Holzböden brauchten dringend eine Schönheitskur, und manche Wände waren noch nicht richtig verputzt.
    »Wir nehmen sie«, sagten Benjamin und ich gleichzeitig zu dem Makler.
    Als wir die Wohnung schließlich gekauft und für eine Summe renoviert hatten, die uns heute noch schlaflose Nächte bereiten konnte, erfuhren wir von dem Vorbesitzer, dass zu der Wohnung noch die lebenslange Mitgliedschaft bei den »Friends of the Physic Garden« gehörte. »Schenke ich Ihnen«, sagte er. »Was soll ich noch damit? « Der Physic Garden, ein kleiner botanischer Garten, der von den Touristenmassen weitgehend verschont blieb, obwohl es sich immerhin um den zweitältesten von England handelte, war ein bezauberndes Fleckchen Grün nur wenige Schritte von uns entfernt. Ursprünglich war er im 17. Jahrhundert als Apothekergarten angelegt worden. Wir verbrachten dort viel zu selten unsere Freizeit.
    Von den vorderen Räumen hatten wir einen großartigen Blick über die Themse. Ich hatte darauf bestanden, unser Schlafzimmer nach vorne zu verlegen. Benjamin hatte befürchtet, der Verkehr könnte uns wach halten,
aber ich hatte mich durchgesetzt. Auf der anderen Flussseite lag der Battersea Park, das bunte Herbstlaub leuchtete über das Wasser, und zur Rechten konnte man die Albert Bridge sehen. Würden wir hier noch wohnen, wenn wir ein Kind hatten? Müssten wir dann nicht weiter rausziehen, wo es ruhiger war, wo wir einen Garten hätten? War ich mir etwa nur deshalb unsicher, weil ich Angst vor zu großen neuen Veränderungen hatte? Ich ließ mich mit der Stirn gegen das kühle Fensterglas sinken und schloss die Augen. Ich versuchte, in mich hineinzuhorchen, hoffte auf eine Antwort, auf eine Vision, wie meine Zukunft sein würde. Doch alles, was ich sah, war ausgerechnet Emerald Cottage. Auch wenn mir mein Verstand sagte, dass Benjamin und ich unserem Kind ein völlig anderes Zuhause bieten würden als meine Eltern mir, so konnte ich nicht anders. Ich weinte verzweifelt, bis ich selbst dazu keine Energie mehr hatte.
    Abends rief Benjamin Kate an, erzählte ihr alles, und bat sie, sich um mich zu kümmern. Er klopfte an die Schlafzimmertür und wollte

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