Liz Balfour
Mutter hatte ein Verhältnis mit seinem Vater«, gestand ich ihr.
Kate hob die Augenbrauen.
»Und war von ihm schwanger.«
»Oh.«
»Mehr weiß ich auch nicht.«
»Aber woher weißt du das ?«
»Briefe. Ich habe noch nicht alle gelesen.«
»Das solltest du aber mal ganz schnell tun«, sagte Kate, die ihre Augenbrauen immer noch hochgezogen hatte.
»Du bekommst davon Falten«, sagte ich und deutete auf ihre Stirn. Sie entspannte ihr Gesicht, und ich erzählte ihr, was ich in den Briefen gelesen hatte.
»Und jetzt?«, fragte Kate, nachdem ich fertig war.
»Jetzt muss ich mich durch alle anderen Briefe graben, um mehr herauszufinden. Eoins Vater ist schon sehr lange tot, und Deirdre kann ich auch nicht fragen. Nicht danach, und auch nicht nach dem Cottage. Aber weißt du, vielleicht sollte ich es wirklich verkaufen? Ich meine, wenn Deirdre nun lieber in eine kleine hübsche Wohnung in der Stadt ziehen würde.«
»Sagt das Eoin?«
Ich schüttelte resigniert den Kopf. »Der sagt, sie wolle nur verkaufen, um mir nicht auf der Tasche zu liegen, falls mal was sein sollte. So wie jetzt.«
Kates Stimmung änderte sich. Sie starrte in ihren Tee und nickte. »Kann ich verstehen.«
»Wie bitte?«
»Ich sagte: Kann ich verstehen. Unabhängig sein ist manchen Menschen eben wichtiger als alles andere. Und oft genug wird man ja auch von denen im Stich gelassen, von denen man es nicht erwarten würde.« Sie hob den Blick und sah mich scharf an.
»Kann es sein, dass wir gerade von etwas ganz anderem reden?«, fragte ich misstrauisch.
Sie nickte. »Dein Mann verklagt mich.«
»Das ist jetzt kein guter Zeitpunkt für Scherze, Kate.«
»Ich wünschte, es wäre einer.« Eisige Kälte breitete sich zwischen uns aus, und ich erkannte meine Freundin kaum wieder. Kate nahm ihren Becher in die Hand, stand auf und ging langsam in der Küche herum, wie um sich jedes Detail einzuprägen. Vor der Tür, die in den Garten führte, blieb sie stehen und drehte sich mit fragendem Blick zu mir. Ich nickte und begleitete sie nach draußen, wo ich mich auf die vom Wetter gezeichnete Holzbank fallen ließ, die Deirdre in jedem Frühling wieder neu anstrich, weil sie das leuchtende Blau so mochte. Sie hatte sie selbst gebaut, als ich gerade eingeschult worden war.
Kate setzte sich nicht zu mir, sondern blieb stehen. Sie stellte den Tee auf die Fensterbank und zog ein Zehnerpäckchen Zigaretten aus ihrer Rocktasche.
»Du hast wieder angefangen?«, fragte ich, während sie sich eine anzündete.
Sie nickte und zog tief den Rauch ein. »Heute. In diesem Moment. Und ich werde auch wieder aufhören, sobald dieser Albtraum vorbei ist.«
Bebend vor Aufregung wartete ich darauf, dass sie weitersprach, aber sie legte den Kopf in den Nacken und sah in den sternklaren Himmel. Der Wind von heute Morgen hatte sich dagegen entschieden, in einen Sturm umzuschlagen und hatte sich schon am Mittag wieder gelegt. Vom Meer war nur ein sanftes, kühles Rauschen zu hören, ab und zu ein leises Plätschern, wenn eine kleine Welle gegen die Felsen der Steilküste schlug.
»Ich wäre auch sauer auf meine Eltern gewesen, wenn
sie mich hier weggeschickt hätten«, sagte Kate nachdenklich. »Es ist paradiesisch.«
»Solange nichts passiert«, gab ich zu bedenken. »Feuerwehr und Krankenwagen brauchen ewig hierher. Die nächsten Nachbarn sind nicht gerade in Rufweite. Man ist ziemlich auf sich selbst gestellt. Wenn das Auto kaputtgeht, hast du ein echtes Problem. Du hast als Kind keine Spielkameraden, die um die Ecke wohnen. Und wenn du beim Einkaufen was vergessen hast, kommt dir der Weg zurück zum Laden vor wie eine halbe Weltreise.«
»Verkauf mir das Cottage«, sagte Kate grimmig. »Nein, das war jetzt ein Spaß. Ich werde nämlich mit ein bisschen Pech nie wieder im Leben Geld für irgendetwas übrig haben.« Sie zog heftig an ihrer Zigarette und blies verächtlich schnaubend den Rauch aus.
»Kate, sag mir endlich, was los ist«, flehte ich. »Was sollte das eben mit Benjamin?«
»Simon Simm hat Klage gegen mich eingereicht. Und dein Mann vertritt ihn.« Sie schnippte die Zigarette auf den Boden und trat die Glut mit dem Absatz ihrer Sandale aus. Dann sah sie mich herausfordernd an und verschränkte die Arme. »Du wusstest nichts davon? «
Ich musste nichts antworten. Sie sah mir an, wie entsetzt ich war.
»Du kannst es auch nicht glauben, hab ich recht? Aber es stimmt. Ich habe den Brief dabei. Willst du ihn sehen?« Sie zog ein unachtsam
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