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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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berichtet, und mein Herz zog sich vor Schmerz zusammen, sie so regungslos dort liegen zu sehen. »Kommst du mit, Ally?«
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich vor Hunger fast umkam. Aber ich brauchte Abstand von ihm, vielleicht mehr, als ich eigentlich wollte. »Bitte, geh essen. Und dann fahr nach Hause. Ich bleibe hier ganz sicher noch sehr viel länger.«
    »Soll ich dich später abholen?«, fragte er und blieb zögerlich stehen.
    Ich schüttelte energisch den Kopf. »Ich nehme ein Taxi.«
    »Aber dein Fuß …«
    »Ich pass auf.«
    »Es macht mir nichts aus, weißt du.«
    »Wirklich, du hast schon mehr als genug für mich getan«, beharrte ich. »Hab ich mich schon dafür bedankt?« Ich saß auf einem ziemlich unbequemen Besucherstuhl aus Plastik, den mir Eoin an Deirdres Bett gestellt hatte. Meine Krücken waren gegen das Fußende des Betts gelehnt. Ich beugte mich vor, um sie einen Zentimeter zu verrücken, was vollkommen unnötig war. Aber irgendwie wollte ich meine Verlegenheit überspielen. Es konnte und durfte nicht sein, dass ich in der Gegenwart dieses Mannes immer so nervös wurde.
    Eoin schob seine Hände in die Hosentaschen. »Vielleicht mal ein Glas Wein?«, fragte er.
    »Klar«, sagte ich leichthin und konzentrierte mich auf Deirdre. Ich zupfte ihre Bettdecke zurecht, beugte mich vor, um ihr eine nicht vorhandene Strähne von der Stirn zu streichen, warf einen prüfenden Blick auf die blinkenden und piependen Geräte, versuchte zu verstehen, welcher Schlauch welche Funktion hatte. Wäre sie einverstanden mit dieser Behandlung? Bestimmt, sagte eine energische Stimme in meinem Kopf. Ihr Zustand war noch lange nicht hoffnungslos. Sie atmete selbstständig, EKG und EEG waren den Umständen entsprechend in Ordnung. Sie würde es schaffen. Sie musste. Ich hatte doch noch so viele Fragen, ich musste wissen, was damals …
    Eoin sagte etwas.
    »Bitte?« Ich tauchte aus meinen Gedanken auf.
    »Wann du mich auf ein Glas Wein einlädst?« Er kam
ein paar Schritte auf mich zu, bis er direkt neben mir stand und ich die Wärme seines Körpers spüren konnte.
    »Wenn ich wieder laufen kann?« Ich lachte etwas zu laut auf und mied seinen Blick. Ein Glas Wein! Und ich hatte ohne Zögern »Ja« gesagt. Natürlich musste ich daran denken, wie er mir vor sieben Jahren auf der Party vorgeworfen hatte, ich könnte nicht genießen, weil ich meinen Wein zu schnell getrunken hatte. Ausgerechnet ein Glas Wein wollte er mit mir trinken, wusste er denn nicht, was er damit bei mir auslöste? Oder war es genau das, was er erreichen wollte – die starke Erinnerung an diesen Abend, diese Nacht, in der nichts passiert war, und doch so viel? In all den Jahren, die seither vergangen waren, hatte ich mich oft gefragt, ob er nicht recht damit gehabt hatte. Besonders, wenn ich etwas mit Kate unternahm. Sie konnte genießen, bedingungslos. Sie blieb stehen, wenn sie etwas entdeckte, das sie schön fand, auch wenn sie es noch so eilig hatte. Sie unterbrach Telefonate, weil ein Lied, das sie mochte, im Radio lief. Sie schloss beim Essen die Augen, wenn es ihr besonders gut schmeckte. Sie hatte in ihrer Wohnung nur Dinge, die sie liebte, und nichts aus rein pragmatischen Gründen. Ich könnte viel von ihr lernen, würde ich mich nur darauf einlassen …
    »Das dauert mir zu lang«, sagte Eoin leise. »So ein Bänderriss kann schon mal ein, zwei Monate dauern, bis er ganz ausgeheilt ist, hat die Krankenschwester gesagt.« Er hockte sich vor mich, legte seine Hände auf meine Knie und sah mir in die Augen.
    Ich hielt die Luft an und versuchte, ganz fest an Benjamin zu denken. Glücklich verheiratet, sagte ich im Kopf
wie ein Mantra auf. Glücklich verheiratet, toller Mann, alles traumhaft.
    »Lass mich dich nachher abholen. Ruf mich einfach an.«
    Ich wich seinem Blick aus. »Nein, wirklich nicht«, protestierte ich und lehnte mich mit aller Willenskraft so weit zurück, wie es die Stuhllehne zuließ. »Es ist auch so schon viel zu…« Kompliziert, hatte ich sagen wollen, aber ich fing mich rechtzeitig: »… viel zu viel, was du für mich – und für Deirdre natürlich – tust!«
    »Ist es nicht«, sagte Eoin, beugte sich vor und küsste sanft meine Lippen. Der Kuss durchströmte meinen ganzen Körper. Ich war überrascht, schockiert – und ganz in einem wunderschönen Gefühl gefangen. Als Eoin aufstand, um zu gehen, hatte ich die Augen immer noch geschlossen. Ich hörte, wie er die Tür hinter sich schloss, erst da wagte ich, mich

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