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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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war. Auch da bekam ich keine Antwort.
    Ich rief in unserer Wohnung in London an. Es meldete sich nur der Anrufbeantworter. Ich versuchte es in der
Kanzlei. Nichts. Wieder sein Handy, wieder keine Antwort. Ich tippte eine SMS: »Melde dich, dringend!« Dann schrieb ich an die unbekannte Nummer: »Was soll das?«
    Schwester Trish tippte mir auf die Schulter. »Schätzchen, es gibt Neuigkeiten.«
    Vor Schreck ließ ich mein Handy fallen. Es zersprang auf dem Boden. Der Akku rutschte weg, abgeplatzte Plastikteile flogen hinterher. Ich musste leichenblass geworden sein, denn die Schwester schob schnell hinterher: »Oh nein, das wollte ich nicht! Tut mir leid! Trinken Sie einen Schluck von dem Zeug, dann haben Sie ein bisschen Zucker im System! Es ist nichts Schlimmes, ganz im Gegenteil!« Sie kniete sich hin und sammelte die Einzelteile meines Handys zusammen.
    »Was ist passiert?«
    »Sie hat sich bewegt.« Schwester Trish strahlte, während sie mit dem Akku herumwerkelte. »Ich war gerade bei ihr drin, um nach ihr zu sehen. Und da hat ihre Hand gezittert. Natürlich hab ich mir das gleich näher angeschaut. Sie hat ganz leicht auf Druck reagiert. Ihr Herzschlag war leicht erhöht, aber nur für einen Moment, und wirklich nur ganz leicht. Die Atemfrequenz war ebenfalls eine Weile erhöht.«
    »Und das ist ein gutes Zeichen, ja?«
    »Das ist ein gutes Zeichen, ohne Frage. Sie scheint auf Sie reagiert zu haben. Manchmal sind die Reaktionen zeitverzögert, sodass die Angehörigen sie leider nicht mehr mitbekommen.«
    Ich ließ meine Cola stehen, vergaß mein Handy, ignorierte meine Krücken und humpelte los, so schnell ich konnte.

22.
    Eine Ärztin, die ich bereits kannte, saß an Deirdres Bett. Sie lächelte, als sie mich sah.
    »Die Schwester hat mir schon erzählt, wie fleißig Sie ihr Briefe von ihrem alten Liebhaber vorgelesen haben.«
    »Wie bitte?«
    »Oh, hat Schwester Trish da etwas falsch verstanden? Tut mir leid. Manchmal ist Trish ein bisschen forsch.«
    Ich ignorierte ihre Entschuldigung. »Wie geht es meiner Mutter?«
    »Wir machen ein EEG und werden es auswerten. Im Moment ist sie wieder ganz ruhig und reagiert nicht. Das muss Sie aber nicht beunruhigen. Freuen Sie sich einfach, dass sie definitiv noch da ist. Vielen Angehörigen hilft es, wenn sie sich vorstellen, dass der Körper manchmal einfach richtig tief schlafen muss, um sich von etwas zu erholen.« Während sie das sagte, hielt sie immer noch Deirdres Hand, und für einen Moment überkam mich wieder ein Gefühl der Eifersucht wie vor ein paar Wochen, als ich Eoin und Deirdre so vertraulich miteinander hatte umgehen sehen. Jetzt war mir natürlich klar, warum sie diese enge Freundschaft zu ihm gesucht hatte: Er erinnerte sie an seinen Vater. Er war alles, was sie noch von Naoise, von Martin O’Connor hatte.

    Wach auf, dachte ich. Ich muss mit dir reden, ich brauche dich!
    »Hilft es, wenn ich heute über Nacht hierbleibe?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass sie in den nächsten Stunden aufwacht. Vielleicht dauert es noch ein paar Tage.« Sie musste nicht weiterreden, ich wusste, was sie nicht sagte: Vielleicht wird sie nie mehr wach. »Halten Sie sich daran, dass die Reaktion ihrer Mutter gerade ein gutes Zeichen war.«
    »Es gibt Hoffnung«, sagte ich. »Das genügt mir.«
    Die Ärztin stand auf und überließ mir den Platz am Bett meiner Mutter. »Sie muss sich früher sehr rührend um Sie gekümmert haben.«
    Ich erstarrte. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil Sie ihr jetzt so viel zurückgeben.«
    Als ich nichts erwiderte, nickte sie mir zum Abschied freundlich zu und verließ das Zimmer.
     
    Ich las ihr die Briefe noch einmal vor. Dann erzählte ich, was ich mit Eoin und dem Schimmel erlebt hatte. Ich legte mein verletztes Bein aufs Bett und erklärte ihr detailreich, welche Untersuchungen die Ärzte vorgenommen hatten. Wie leicht es mir nun fiel, mit ihr zu reden! Wenn ich daran dachte, dass ich am ersten Tag kaum ein Wort über die Lippen gebracht hatte. Und heute erzählte ich ihr mehr, als ich in meinem ganzen Leben bereit gewesen war, mit ihr zu teilen. In meinem Leben nach meinem 12. Geburtstag. Davor hatte ich meiner Mutter fast alles erzählt … Es war nicht immer nur schlecht gewesen mit ihr, musste ich vor mir selbst zugeben. Ich hatte nur
die guten Momente ganz tief begraben, weil die Trennung von ihr sonst zu sehr geschmerzt hätte.
    Ich fragte sie, was ich mit dem Cottage machen

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