Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
im pakistanischen Abbottabad gestartet. Ein kleines Team von Amerikanern hat die Operation mit außerordentlichem Mut und ebensolchem Geschick ausgeführt. Kein Amerikaner wurde verletzt. Siehaben Sorge getragen, zivile Opfer zu vermeiden. Nach einem Feuergefecht haben sie Osama bin Laden getötet und seinen Leichnam in Gewahrsam genommen.«
So versuchte der amerikanische Präsident Barack Obama die Geschichte des Gemetzels von Abbottabad zu klitten.
Ein Ratgeber
»Gezielte Tötungen können selten mit reinem Gewissen ausgeführt werden. Menschen, die moralisch empfindsam sind, sollten deshalb nicht damit beauftragt werden.«
CIA-Ratgeber für gezielte Tötungen, 1953
Der Autor des internen Ratgebers lässt keinen Zweifel daran, dass er weiß, wovon er schreibt: Bei einem Attentat (»assassination«) handele es sich um »die geplante Tötung einer Person, die nicht unter der Gerichtsgewalt des Killers« stehe, die aber »ausgewählt« worden sei, weil »ihr Tod der Organisation Vorteile bringt«.
Dem Verfasser ist auch klar, dass er gerade niederschreibt, was eigentlich nicht zu Papier gebracht werden darf: »Instruktionen für die Durchführung von Exekutionen sollten niemals aufgezeichnet werden«, schreibt er, gezielte Tötungen würden auch niemals von irgendeiner offiziellen Stelle »angeordnet oder autorisiert«, die Entscheidungsgewalt müsse »auf ein absolutes Minimum an Personen beschränkt« sein, vor allem aber: »Es darf keinen Bericht geben!«
Irgendwann im Herbst 1953 erhielt der ungenannte Experte der CIA den Auftrag, eine Art Leitfaden für das mörderische Geschäft seines Geheimdienstes zu erstellen. Vielleicht holte er externe Empfehlungen von Profikillern der Mafia ein, vermutlich konsultierte er Waffenexperten, Psychologen und Ärzte, sicherlich extrahierte er die wesentlichen Faktoren aus historischen Attentaten wie jenen an Caesar, Lincoln und Trotzki, um seine eigenen Ratschläge zu erarbeiten und zu formulieren. Der Hintergrund seiner Analyse war dabei durchaus sehr konkreter Natur: Die Pläne für eine CIA-Operation, Deckname PBSuccess, bei der seine Empfehlungen erstmals in die Tat umgesetzt werden sollten, lagen fertig in der Schublade, sogar eine Liste mit 58 Namen potentieller Opfer, bei denen die Verhaltensregeln zur Anwendung kommen sollten. Als die Unterlagen über PBSuccess mehr als vierzig Jahre später zur Veröffentlichung freigegeben wurden, steckte die damalige Ausarbeitung in einem Ordner, der mit »Trainingsprogramm« beschriftet war.
Eine »Studie zur Durchführung von Hinrichtungen« nannte der unbekannte CIA-Autor seinen Agentenratgeber im Jahre 1953
»Die Techniken, die zur Anwendung kommen, werden davon abhängen, ob das Opfer die Gefahr nicht ahnt, die Gefahr ahnt und nicht beschützt wird oder ob es beschützt wird. (Erstere) werden als ›einfach‹ bezeichnet, die (zweiten) als ›bedrohlich‹, (letztere) als ›beschützt‹.
Wenn der Mörder mit dem Opfer sterben soll, wird die Tat ›verlustreich‹ genannt, wenn er fliehen soll, ›sicher‹ bezeichnet. Es muss festgehalten werden, dass es hier keine Kompromisse geben kann. Der Täter darf nicht lebend in die Hände des Feindes fallen.
Eine weitere Unterscheidung ist durch die Notwendigkeit begründet, den Umstand zu vertuschen, dass das Subjekt tatsächlich Opfer einer gezielten Tötung wurde und nicht Opfer eines Unfalls oder natürlicher Ursachen. Wenn eine Vertuschung wünschenswert ist, nennt man die Operation ›geheim‹, wenn Verheimlichung unnötig ist, wird sie als ›offen‹ bezeichnet, und wenn der Mord Öffentlichkeit erfordert, um effektiv zu sein, trägt er die Bezeichnung ›terroristisch‹.
Gemäß dieser Definition war die Ermordung von Julius Caesar ›sicher‹, ›einfach‹ und ›terroristisch‹, die von Huey Pierce Long ›verlustreich‹, ›geschützt‹ und ›offen‹«, heißt es im Ratgeber für gezielte Tötungen von 1953. Caesar starb am 15. März 44 v. Chr. durch 23 Dolchstiche einer Gruppe von Senatoren im römischen Theater des Pompeius; der amerikanische Senator Huey Pierce Long fiel am 8. September 1935 zwei Kugeln aus der Pistole des Attentäters Carl Weiss zum Opfer, der daraufhin von Leibwächtern und Polizisten erschossen wurde.
Zeichnung aus dem CIA-Ratgeber zur Erläuterung, wie nur zwei Agenten mehrere Teilnehmer während einer Sitzung mit automatischen Waffen ermorden können.
Anfang 1953 sah die neue Administration des US-Präsidenten Dwight D.
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