Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Eisenhower mit wachsender Sorge die politische Linksdrift in seinem südlichen Nachbarland Guatemala. Dort hatte Präsident Jacobo Árbenz Guzmán im November
1950 die Wahlen gewonnen, eine ehrgeizige Landreform in Gang gesetzt und dabei brachliegende Felder von United Fruit an Hunderttausende armer Bauern verteilt. Der amerikanische Bananen-Konzern bezichtigte Árbenz deshalb, eine rote Marionette des Kreml zu sein, und sorgte durch seinen großen politischen Einfluss, der bis zum neuen CIA-Direktor Allen W. Dulles persönlich reichte, dafür, das Gespenst eines sowjetischen Brückenkopfs in Zentralamerika auch in Washington an die Wand zu malen. Dabei verfügte die CIA mangels eigener Spione im Lande über keine harten Fakten, ob Präsident Árbenz oder die kommunistische Partei Guatemalas tatsächlich nach Moskaus Pfeife tanzte (was sie nicht taten).
Erste Pläne für einen von der CIA gesponserten Umsturz waren schon 1952 geschmiedet worden, sie hatten im Laufe des Jahres an Bedeutung gewonnen, dann aber unter einem unglücklichen Stern gestanden. Die Wahl war damals auf den im Exil lebenden Oberst der guatemaltekischen Armee, Oberst Carlos Castillo Armas, gefallen. Ihm versuchte die CIA eine als Landmaschinen getarnte Lieferung Waffen zukommen zu lassen (Operation PBFortune ). Zweimal musste der Transport in letzter Minute abgesagt oder abgebrochen werden, weil Informationen durchgesickert waren, ein dritter Versuch scheiterte, weil die Motoren des Schmuggelschiffes auf hoher See ausfielen. Im März 1953 versuchte Castillo Armas mit seinen rund zweihundert Desperados dennoch, eine abgelegene Garnison in Guatemala einzunehmen, wurde jedoch aufgerieben und konnte mit seinen Leuten gerade noch nach Honduras entkommen.
Da PBFortune offenbar die nötige »Fortune« fehlte, benannte die CIA ihre Operation in PBSuccess um, was ihr allein dadurch mehr »Erfolg« bescheren sollte. Oberst Castillo Armas (Deckname: »Calligeris«) begann damit, spezielle »K-Kommandos« aufzustellen, Todesschwadronen, die guatemaltekische Kommunisten und Árbenz-Anhänger sofort nach der Invasion ermorden sollten. Über den CIA-Agenten mit dem Decknamen »Seekford« ließ er dem Hauptquartier des Geheimdienstes zwei Listen mit 58 Namen (Kategorie 1) und 74 Namen (Kategorie 2) übermitteln. Die Zusammenstellung enthielt auch schon genaue Angaben über die Wohn- und Büroadressen der zu tötenden oder zu internierenden Personen. Die Hit-Teams aus Soldaten in ziviler Kleidung sollten aus Nicaragua, Honduras und El Salvador nach Guatemala eingeschleust werden, um den Job zu erledigen.
Der Plan schien der CIA machbar. Allerdings stellte das Projekt auch für den US-Geheimdienst ein gewisses Neuland dar. Über die akademische Frage, wie sich gezielte Tötungen effektiv und möglichst unbemerkt bewerkstelligen lassen, lagen intern offenbar keine Untersuchungen und Ausarbeitungen vor. Das war der Zeitpunkt, als der unbekannte Experte ins Spiel kam und den Auftrag erhielt, sich einmal grundsätzlich mit dem perfekten Mord zu befassen und einen Leitfaden für ein Trainingsprogramm der guatemaltekischen »K-Kommandos« auszuarbeiten: »Ein Mensch kann auf viele Arten getötet werden. Aber dabei wird von den Tätern oft übersehen, dass sie gar keine Gewissheit haben, (dass das Opfer wirklich tot ist), weil sie durch die Schwere ihrer Tat emotional unter Druck stehen. Die spezifische Technik, die zum Einsatz kommt, mag von einer großen Zahl von Variablen abhängen. Eines aber gilt in jedem Fall: Der Tod muss absolut sicher sein! Das Attentat auf Hitler schlug fehl, weil die Verschwörer dieser Sache nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt hatten« (CIA-Ratgeber für gezielte Tötungen, 1953).
Im Januar 1954 begann die Ausbildung von Castillos Killerkommandos in Honduras – entlang der Empfehlungen des unbekannten CIA-Fachmanns für gezielte Tötungen. Zurgleichen Zeit gab es jedoch einen Disput innerhalb des CIA-Hauptquartiers und mit dem State Department über »die Liste der 58«. Ein in den später freigegebenen Dokumenten zitierter Geheimdienst-Officer der CIA argumentierte, allein »die Eliminierung derjenigen in den hohen Positionen der Árbenz-Regierung ist ausreichend, um sie zum Kollaps zu bringen … und dafür sei eine kleinere Anzahl von vielleicht zwanzig ausreichend«. Dabei verwendeten die Geheimdienst-Offiziere den Ausdruck disposal list , was sich mit »Entsorgungsliste« übersetzen lässt, eine Liste zu entsorgender
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