Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
einen Einschuss hinter dem linken Ohr mit Austritt beim rechten Auge. Der Einschuss war sehr groß«, erinnert sich Illiyah. Das Ausmaß der Verletzung habe die Zeugenaussagen bestätigt, »dass der Schuss aus nächster Nähe abgegeben worden war.«
Unterdessen hat sich die Empörung am Tatort beim Restaurant al-Nassrah zu lautstarker Wut gesteigert. Wie durch ein Wunder gab es bei der wilden Schießerei in der belebten Innenstadt nur ein paar Leichtverletzte, die von Querschlägern getroffen worden waren. Passanten, die sich zufällig an der Kreuzung aufgehalten hatten, waren von den Magav-Soldaten mit vorgehaltener Waffe im al-Nassrah zusammengepfercht worden. Ein Friseur, der ein paar Häuser weiter seinen Laden betreibt und gerade ein paar Handtücher vor der Tür zum Trocknen aufhängte, hörte die ersten Schüsse und sah dann »einen der beiden jungen Männer vorbeilaufen«. Die Israelis hätten wild hinter ihm hergeschossen, er habe gerade noch in Deckung gehen können. Die Uniformierten seien dann auf der Suche nach dem geflohenen Mann in seinen Laden gestürmt, um ihn und seine Kunden zu kontrollieren. Ihr Blick fiel auf eine Luke in der Ladendecke, aber sie entdecken nirgendwo eine Leiter, mit deren Hilfe ihre Zielperson den Dachboden erklommen haben könnte. »Sie wollten zur Sicherheit eine Salve in die Decke jagen«, erzählte der Friseur, er habe ihnen das nur mühsam ausreden können; am Ende habe sich »ein etwas korpulenter Kunde« bereit erklärt, dass einer der Soldaten auf seine Schultern tritt, um einen Blick hinter die Luke werfen zu können.
Unter Beobachtung: Während palästinensische Sanitäter die Leiche von Omar Abd el-Halim abtransportieren, hält das israelische Exekutionskommando im gepanzerten Fahrzeug links das Geschehen im Blick.
»Es war eine Hinrichtung«, sagt Sam Bahour rückblickend, »ein Mord in staatlichem Auftrag – ohne Anklage, ohne Prozess und ohne Urteil«. Der Mann habe wehrlos am Boden gelegen, »sie hätten ihn ohne Probleme festnehmen können«. Anita Abdullah und Salwa Duaibes, die damals bei der Mattin -Besprechung oberhalb des Restaurants al-Nassrah dabei waren, pflichten ihm bei: »Er stellte keine Bedrohung mehr da, für niemanden!« Doch die Antiterroreinheit habe offenbar von Anfang an keine Gefangenen machenwollen. Das ist auch der Eindruck, der sich Samer Burnat aufdrängt. Und was sagt Magav, die israelische Grenzpolizei, zu den Beschuldigungen? Die Grenzpolizei weigert sich, eine Stellungnahme zu der Operation vom 29. Mai 2007 abzugeben.
Wenn Omar Abd el-Halim im Verdacht stand, eine Straftat begangen zu haben, hätte man ihn in Israel vor Gericht stellen müssen. Und selbst wenn man konstatiert, dass Israel einen Krieg führt gegen den palästinensischen Terrorismus, dann war die Hinrichtung von Ramallah, völkerrechtlich gesehen, ein klarer Bruch der vierten Genfer Konvention – und damit ein Kriegsverbrechen. »Auch uniformierte Soldaten genießen bei Kampfhandlungen den Schutz des internationalen Völkerrechts, wenn sie wehrlos am Boden liegen«, sagt der israelische Rechtsprofessor Eyal Benvenisti. Und das gelte natürlich ebenso für Zivilisten, die sich direkt an Feindseligkeiten beteiligen, wobei dieser Status bei Omar Abd el-Halim sogar in Zweifel gezogen werden könne. Und auch Asa Kasher, der als »Hausphilosoph« der israelischen Streitkräfte die ethische Richtschnur meist eher lose spannt, bezieht hier eine klare Position: »Wenn ein Kämpfer nicht mehr in der Lage ist, dich zu bedrohen, dann darfst du ihn nicht attackieren! Im Gegenteil: Nach Möglichkeit solltest du einen Krankenwagen rufen!«
Der Fall erinnerte fatal an einen Skandal des Shin Bet in der Nacht des 13. April 1984, als zwei palästinensische Hijacker, die einen Bus der Linie 300 im Gaza-Streifen in ihre Gewalt gebracht hatten, von Geheimdienstoffizieren erschossen wurden, obwohl sie längst entwaffnet worden waren. Der Fall erregte damals vor allem deshalb große Aufmerksamkeit, weil in den Monaten danach Unterlagen bereinigt, Lügen verbreitet und Zeugen unter Druck gesetzt wurden, um die Affäre zu vertuschen. Die Täter kamen damals ungeschoren davon.
Auch der Mord an dem wehrlosen Palästinenser Omar Abd el-Halim auf den Straßen von Ramallah blieb ungesühnt.
Staatsgeheimnisse – der Fall Maleisha
»Was nach der Entscheidung des Supreme Courts offensichtlich passierte, war in erster Linie … eine neue Wortwahl. Es ging also um eine Festnahme, wo eigentlich
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