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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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gar keine Absicht an einer Festnahme, sondern an einer Exekution bestand.«
    David Kretchmer, Professor für internationales Recht
    Nur drei Wochen nach der Exekution Omar Abd el-Halmis in Ramallah, am 20. Juni 2007, gaben die israelischen Streitkräfte (IDF) eine der üblichen lakonischen Routine-Meldungen heraus: »Zwei bewaffnete Terroristen, die zur Terrororganisation ›Islamischer Dschihad‹ gehörten, wurden gestern Nacht in Kafr Dan, nordwestlich von Jenin, getötet.« Es habe sich um eine gemeinsame Operation einer Spezialeinheit der Grenzpolizei Magav und der Armee gehandelt. Ziad Maleisha und Ibrahim al-Latif Abed hätten sofort »das Feuer eröffnet« und seien daraufhin von den Einsatzkräften erschossen worden. Eine Festnahme sei nicht möglich gewesen. Die Operation habe dazu gedient, in Israel geplante Selbstmordattentate zu verhindern; Maleisha und Abed seien gewissermaßen »tickende Zeitbomben« gewesen.
    Eineinhalb Jahre später widersprach der junge israelische Reporter Uri Blau dieser Darstellung in der liberalen Tageszeitung Haaretz vehement: Die beiden Palästinenser seien keineswegs »tickende Zeitbomben« gewesen, eine Festnahme sei auch nie geplant gewesen; vielmehr hätten die beiden Terroristen auf einer Todesliste der IDF gestanden. Ihr Schicksal sei schon Monate zuvor in geheimen Treffen besiegelt worden. Mehr noch: Die Hinrichtung von Maleisha und Abed müsse als ein eklatanter Verstoß gegen dieEntscheidung des Supreme Court gewertet werden, das »gezielte Tötungen« Ende 2006 nur unter bestimmten Voraussetzungen gebilligt habe. Das waren, ohne Frage, starke Vorwürfe aus Blaus Feder.
    Der Artikel »License to kill« versetzte die israelische Armee augenblicklich in Panik, Telefonleitungen glühten, hohe Militärs trafen sich zu Krisensitzungen, selbst das Kabinett beriet über den Fall. Denn das Urteil des Journalisten stützte sich auf streng geheime Originaldokumente aus IDF-Computern. Die Armee war nicht so sehr über die Bloßstellung ihrer Hinrichtungspolitik alarmiert, als vielmehr über die Erkenntnis, dass es ein Leck im Sicherheitsapparat gab.
    Blaus Dokumente ermöglichten es der Öffentlichkeit erstmals, den Entscheidungsprozess über eine geplante Exekution detailliert nachvollziehen zu können. Ende März 2007, drei Monate vor der Hinrichtung, hatten Vertreter des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet und verschiedener Antiterroreinheiten zusammen gesessen, um die Operation »Two Towers« gegen Maleisha zu beschließen. Geplant war offenbar zunächst ein Sprengstoffanschlag auf das Auto, mit dem der Dschihadist unterwegs war. Es sei jedoch zu beachten, heißt es in einem der IDF-Papiere, den Kollateralschaden klein zu halten: »Wenn Frauen oder Kinder im Fahrzeug sitzen, ist die Methode Festnahme!«
    Zwei Wochen später fand ein weiteres Treffen über die geplante Exekution statt, den Vorsitz führte der Chef des Operationsdirektorats der Streitkräfte, Brigadegeneral Sami Turjeman. Er gab noch einmal zu Protokoll, dass Ziad Maleisha »eine tickende Infrastruktur anführt und deshalb die geforderten Kriterien für einen vorsorglichen Schlag erfüllt«. »Vorsorglicher Schlag« (»peula mona’at«) ist einer der militärischen Euphemismen für »gezielte Tötung«, also für Mord. Überdies ersetzte Turjeman die Maßgabe, Frauen und Kinder dürften nicht in Mitleidenschaft gezogen werden,durch eine rein numerische Beschränkung: »höchstens fünf« Unbeteiligte inklusive des Fahrers. Allerdings befahl der Brigadegeneral, »im Lichte der bevorstehenden diplomatischen Ereignisse … den Vollzug der Maßnahme zu verschieben«. Einen Tag später wurde der Plan für »Two Towers« zur Genehmigung an den Chief of Staff, General Gabi Ashkenazi, weitergeleitet. In dessen Besprechungszimmer trafen sich am 13. April 2007 mehrere hochrangige Militärs und ein Vertreter des Geheimdienstes Shin Bet. Das Komitee tagte. Alle Teilnehmer stimmten in der Beurteilung überein, dass Maleisha die notwendigen Voraussetzungen für eine Hinrichtung erfülle. Sie gaben »grünes Licht« für einen Zeitraum nach den »anstehenden diplomatischen Treffen«.
    In diesen Tagen stand nicht nur eine Begegnung zwischen dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert und dem Palästinenser-Präsidenten Mahmoud Abbas (»Abu Mazen«) an, es wurden auch, kurz nacheinander, UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Außenministerin Condoleezza Rice in Israel erwartet. Das Komitee wollte

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