Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
Vom Netzwerk:
in der Hand, einer hat eine Kalaschnikow dabei. Die Waffe liegt vor ihm auf dem Boden.
    Omar Abd el-Halim, 23 Jahre alt, hatte sich zum verspäteten Lunch im al-Nassrah verabredet, mit einem Freund.Als sie fertig waren, nahmen sie einen Kaffee mit auf den Weg, um vor der Tür, in der Nachmittagssonne, noch etwas zu plaudern. Abd el-Halim ist Mitglied des militärischen Flügels der Fatah, der Al-Aqsa-Brigaden, die von Jassir Arafat gegründet wurden und die in Israel als Terrororganisation gelten. Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, Arafats Nachfolger, rekrutiert viele seiner persönlichen Sicherheitsleute aus al-Aqsa, weil sie gut trainiert sind, vor allem aber, um ihnen einen regelmäßigen Lohn und einen gewissen institutionellen Schutz vor den Israelis zu bieten. Deshalb die Kalaschnikow, die »Klashin«, wie die Palästinenser sagen. Doch seine Waffe sollte sich für den jungen Palästinenser ebenso wenig als Lebensversicherung erweisen wie der Dienst in der Präsidentengarde.
    Von ihrem Logenplatz im dritten Stock können die Teilnehmer der Mattin -Besprechung zwar nicht das Geschehen vor dem al-Nassrah sehen, aber sie haben einen ausgezeichneten Überblick über die Kreuzung. Unter den Undercover-Leuten in ziviler Kleidung erkennt Sam Bahour einen maskierten Mann. »Ein palästinensischer Kollaborateur, der das Zielobjekt identifizieren soll, ein Pointer«, schießt es ihm durch den Kopf. Im selben Moment ahnt Bahour, dass es sich nicht um eine der üblichen Verhaftungen handelt. »Zurück vom Fenster«, schreit er, versucht die beiden jungen Italienerinnen in die Mitte des Raumes zu drängen. Dann hört man die ersten Einschläge in der Hauswand.
    »Mehrere israelische Agenten, die im Lieferwagen gesessen hatten, stürzten auf die beiden Palästinenser vor dem al-Nassrah zu und eröffneten sofort das Feuer aus ihren automatischen Waffen«, erinnert sich Taxifahrer Burnat. Der eine der beiden Männer habe noch flüchten können, »der andere kam nur ein paar Schritte weit bis um die Ecke, er wurde von mehreren Kugeln in die Beine getroffen, stürzte, versuchte vergeblich, sich aufzurappeln, schrie vor Schmerzen.« Alles sei so schnell gegangen, dass »er nicht einmal mehr nach seiner ›Klashin‹ greifen konnte«.
    Zielperson für eine Exekution: Der 23-jährige Omar Abd el-Halim geriet als Mitglied der militanten Al-Aqsa-Brigaden ins Visier der israelischen Grenzpolizei.
    Burnat hat beste Sicht auf das Geschehen, seine Fahrgäste ducken sich vorsichtshalber weg. Keine zehn Meter entfernt liegt der junge Palästinenser auf dem Fußweg, er blutet aus mehreren Schusswunden in beiden Beinen und krümmt sich vor Schmerzen. Dann tritt einer der uniformierten Grenzpolizisten, von denen die Kreuzung abgesperrt wurde, an den Mann heran. Burnat glaubt noch, er wolle ihm helfen, denn »an eine Flucht war ja nicht mehr zu denken«. Doch stattdessen nimmt der israelische Polizist seine Waffe und schießt dem Palästinenser kaltblütig, »aus nächster Nähe, vielleicht dreißig bis vierzig Zentimetern, in den Oberkörper und in den Kopf«. Omar Abd el-Halim sackt zusammen und ist sofort tot.
    Die Jamam-Agenten in Zivilkleidung springen in ihre gepanzerten Jeeps und Mannschaftswagen; der weiße Transporter, mit dem einige von ihnen gekommen sind, steht verlassen mit offener Tür am Straßenrand. Die Uniformierten durchforsten derweil die Nachbarschaft, sie suchen den zweiten Mann, der auf ihrer Liste stand, der aber fliehen konnte. Nach wenigen Minuten trauen sich einige Jugendliche auf die Straße zurück, die ersten Steine fliegen, doch die Israelis scheint das nicht zu beeindrucken. Sie treiben einzynisches Spiel, warten darauf, dass die palästinensische Ambulanz eintrifft, um den Leichnam abzutransportieren; sie wollen offenbar ganz sicher sein, dass ihre Zielperson tot ist, damit sie den Vollzug der Exekution melden können. Erst als die Sanitäter die Bahre mit dem leblosen Omar Abd el-Halim in den Krankenwagen geschoben haben, wird die Suche nach dem zweiten Mann abgeblasen. Der israelische Konvoi setzt sich langsam in Bewegung. Die Operation ist beendet.
    Die Leiche wird ins Sheikh Zayed Hospital in Ramallah gebracht, wo der diensthabende Notarzt, Dr. Iyad Illiyah, ein paar Untersuchungen vornimmt; eine Obduktion oder forensische Untersuchungen sind in solchen Fällen nicht vorgesehen. Es fehlt an Personal und Geld, und die Sache ist ohnehin eindeutig. »Als wir ihn untersuchten, fanden wir unter anderem

Weitere Kostenlose Bücher