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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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Gentleman-Agent mit dem Regenschirm? Irgendwann sickerte in Sofia durch, aus restlichen Aktenbeständen, die nicht der Vernichtung anheimgefallen waren, sei zu belegen, dass der mutmaßliche Attentäter damals als angeblicher Antiquitätenhändler nach London gereist war. Sein Deckname: »Picadilly«. Und auch ein Klarname fand sich: Francesco Giullino, ein dänischer Staatsbürger mit italienischen Wurzeln. Im Februar 1993 glaubte Scotland Yard genügend Material zusammen zu haben, um nach Kopenhagen reisen und Guillino dort vernehmen zu können. Das Verhör dauerte sechs Stunden, der Beschuldigte zeigte sich kooperativ und räumte seine Agententätigkeit für den DS ein. Er sei 1970 rekrutiert worden, nachdem man ihn an der Grenze mit Drogen erwischt habe. »Picadilly« bestritt auch nicht, zur fraglichenZeit als Geschäftsmann mehrfach in London gewesen zu sein. Und es sei auch richtig, dass er am Tag des Attentats dort gewesen und einen Tag später über Rom nach Kopenhagen zurückgekehrt sei. Gleichwohl habe er mit dem Giftmord nichts zu tun. Stichhaltige Beweise gab es keine. Und so musste die dänische Polizei ihn laufenlassen. Giullino brach noch im selben Jahr seine Zelte in Dänemark ab, verkaufte sein Haus in Kopenhagen und kehrte nach Italien zurück. Dort verlor sich seine Spur.
    Es dauerte erneut mehr als zehn Jahre, bis wieder Bewegung in den Fall kam. Als sich Bulgarien um eine Aufnahme in die Europäische Union bewarb, sah die EU Kommission im Jahre 2006 eine Chance, Sofia zu einer Aufarbeitung der Geheimdienst-Machenschaften während des kommunistischen Schiwkow-Regimes zu zwingen. Nach dem EU-Beitritt konnten dann fünf Beamte von Scotland Yard mehrfach nach Bulgarien reisen, um Zeugen zu vernehmen und Unterlagen zu sichten. Ein Durchbruch gelang den britischen Polizeibeamten aber offenbar nicht. Der Fall sei kompliziert und bedürfe weiterer Ermittlungen, hieß es wiederkehrend aus dem Polizei-Hauptquartier in London.
    Im März 2013 stöberten Journalisten den inzwischen 66-jährigen Antiquitätenhändler Francesco Giullino im österreichischen Wels auf. »Wahrscheinlich« sei er zur Zeit des Markow-Mordes in London gewesen, bestätigte er noch einmal, dennoch habe er mit der Tat nichts zu tun. 35 Jahre nach der Tat und fünf Jahre nach den Ermittlungen in Sofia reichen die Indizien noch immer nicht, »Picadilly« vor Gericht zu stellen.

Mielkes Mörderbande – der Fall Welsch
    »Alle politisch-operativen Maßnahmen sind schwerpunktmäßig auf die Bekämpfung des Menschenhändlers Welsch und dessen Ehefrau zu konzentrieren.«
    Teil III einer geheimen Anweisung der HA VI des MfS v. 22. Mai 1980
    »Der Angeklagte wird wegen tateinheitlich begangenen dreifachen Mordversuchs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.«
    Urteil des Landgerichts Berlin vom 28.11.1994 gegen Peter Haack wegen seines Giftanschlags auf die Familie Welsch
    Das Telefonat ist dokumentiert, es fand laut Akten des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) am 18. Mai 1980 statt. Auch wenn der Wortlaut dessen, was die beiden Teilnehmer zu bereden hatten, nicht schriftlich festgehalten wurde, wie der Betroffene später den Eindruck erweckte, so konnte es gleichwohl keine Zweifel am Inhalt des Ferngesprächs geben. Der Anrufer war der Leiter der Hauptabteilung VI im Ministerium für Staatssicherheit, Generalmajor Heinz Fiedler, am anderen Ende der Leitung sprach dessen Minister, Armeegeneral Erich Mielke; und der Betroffene, über dessen Schicksal die beiden befanden, war Wolfgang Welsch, ein ehemaliger DDR-Bürger, der inzwischen vom Westen aus Fluchthilfe aus der DDR organisierte.
    Fiedler, eigentlich für die Überwachung des Reiseverkehrs und die Passkontrollen in der DDR verantwortlich, erbat von seinem Boss grünes Licht für die Erledigung des Zentralen Operativen Vorgangs (ZOV) »Skorpion«. Dahinter verbarg sich die geplante Liquidierung von Wolfgang Welsch. Und Mielke war einverstanden. Der »Skorpion« konnte schon einmal seinen Stachel aufrichten, um bei der nächstbesten Gelegenheit zuzustechen.
    Mordanschläge gegen die Staatsfeinde der DDR galten als spezielle »tschekistische« Herausforderung, wie das imSprachgebrauch der Stasi hieß. Und bisweilen fanden sich nach dem Ende des Staates auch noch Belege dafür in den Unterlagen. Nicht nur im Fall Welsch.
    Vielleicht ein, zwei Jahre nach dem denkwürdigen Telefonat zwischen Mielke und Fiedler entschloss sich der

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