Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
und dann erschossen. Die beiden von Kugeln durchsiebten Leichen fand man einen Tag später in einem abgestellten Lieferwagen.
Einen weiteren Mord mit CIA-Beteiligung, den die Untersuchungskommission unter die Lupe nahm, war der an dem chilenischen Oberbefehlshaber General René Schneider. Nach Salvador Allendes Wahlsieg am 4. September 1970 begann die Nixon-Administration umgehend damit, Pläne gegen ihn zu schmieden. Sicherheitsberater Henry Kissinger sah in Allende einen linken Diktator wie Fidel Castro in Havanna, befürchtete dementsprechend »kubanische Verhältnisse« und befürwortete deshalb drastische Maßnahmen: einen US-finanzierten Umsturz mit Hilfe des chilenischen Militärs, sogar gegen die Ratschläge des amerikanischen Botschafters in Santiago, der zur Mäßigung riet: »Nehmen Sie Verbindung zu den Militärs auf und lassen Sie sie wissen, dass die Regierung der USA eine militärische Lösung anstrebt und dass sie jetzt und in Zukunft unsere Unterstützung haben … Schaffen Sie zumindest eine für Putschabsichten günstige Atmosphäre!« (Kabel der CIA-Headquarters im Auftrag von Kissinger an die CIA-Station Santiago vom 6. Oktober 1970).
Für die geplante Verschwörung gab es jedoch ein großes Hindernis: General Schneider. Obwohl er keineswegs mit Allendes sozialistischem Kurs sympathisierte, sah er sichder Verfassung seines Landes verpflichtet – und damit dem gewählten Präsidenten. Nur zwei Wochen nach Allendes Wahlsieg entschied die CIA deshalb, wohl mit Kissingers Segen oder zumindest Duldung, den loyalen chilenischen Oberbefehlshaber aus dem Weg zu schaffen. Gedacht war an eine Entführung, die Auflösung des chilenischen Parlaments und Machtübernahme durch die Militärs.
Nach Erkenntnissen des Church-Komitees zahlte die CIA Schneiders Widersachern unter General Roberto Viaux mindestens 120000 Dollar Bargeld, stellte ihnen Tränengas-Granaten und Maschinengewehre, bei denen die Seriennummern herausgefräst worden waren, für die Entführung Schneiders zur Verfügung. Doch die Amerikaner sorgten sich, ob Viaux der richtige Mann für den Job ist: »Es wurde festgestellt, dass ein Putschversuch allein durch Viaux und mit den ihm derzeit zur Verfügung stehenden Kräften scheitern würde … Drängen Sie ihn, seine Planungen auszudehnen …« (Kabel der CIA-Headquarters im Auftrag von Kissinger an die CIA-Station Santiago vom 13. Oktober 1970).
Zwei Anschläge der Verschwörer schlugen fehl. Beim dritten Versuch am 22. Oktober 1970 stoppten Viauxs Männer den Wagen des Generals an einer Kreuzung in Santiago und umstellten ihn. Nach späteren Darstellungen der Soldaten habe der Militärchef sofort zu seiner neben ihm liegenden Waffe gegriffen und sei deshalb in Notwehr erschossen worden. Die größte Hürde für einen Militärcoup gegen Allende war damit beseitigt. Der Staatsstreich selbst fand jedoch erst drei Jahre später, am 11. September 1973, unter Führung des Armeegenerals Augusto Pinochet statt. Salvador Allende starb im Präsidentenpalast, erschossen entweder von Putschisten oder, in vermeintlich auswegloser Lage, von eigener Hand. Die Verwicklung der CIA in den Mord an General Schneider schien dem Church-Komitee ausreichend gesichert, auch wenn keine direkte Autorisierungder Verbrechen durch amerikanische Agenten nachweisbar war.
Bei einer internen Untersuchung in der CIA kam 1973 ans Licht, dass der Geheimdienst bei der Ermordung des Diktators der Dominikanischen Republik, Trujillo, und bei zahlreichen Komplotten gegen Fidel Castro seine Finger im Spiel hatte.
Zum Schluss ihrer Ermittlungstätigkeit schlug die Kommission noch ein düsteres Kapitel CIA-sanktionierter Morde und Gräueltaten auf: das Phoenix-Programm in Südostasien. Das Engagement des US-Geheimdienstes in Südvietnam begann schon im Jahre 1962, als Berater eng mit der Regierung in Saigon zusammen arbeiteten, um paramilitärische Organisationen gegen den kommunistischen Norden aufzubauen; 1965 wurde die Kooperation noch einmal intensiviert. 1967 dann, als sich die militärische Lage nicht wirklich verbessert hatte, initiierte die Agency ein spezielles Programm, das den Decknamen »Phoenix« erhielt und Anfang 1968, kurz nach der Tet-Offensive, realisiert wurde: die systematische »Neutralisierung« von verdeckt operierenden zivilen Helfern des Vietcong (»National Liberation Front«) und dessen regulärer Einheiten und Guerillatruppen. Dabei wollte die CIA den Begriff »Neutralisierung« zunächst durchaus offen
Weitere Kostenlose Bücher