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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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der kubanischen Schweinebucht mit einem Desaster, das Dulles den Kopf kostete. Der neue Boss des Geheimdienstes, John McCone, setzte mit Kennedys Segen dort wieder an, wo die CIA Ende 1960 aufgehört hatte: bei der Planung von Anschlägen – mit Gift und anderen Waffen (»Operation Mongoose«). Auch Sid Gottlieb war wieder dabei.
    Plan Nr. 5: Die CIA nahm über einen Mittelsmann Kontakt auf mit dem in Chicago residierenden Mobster John Roselli (»Handsome Johnny«). Dessen Casinos in Havanna waren mit der Revolution geschlossen worden, sodass Roselli Rache geschworen hatte. Der Vorschlag, Castro zu vergiften, kam ihm sehr gelegen. Mit Hilfe von Rosellis mächtigen exilkubanischen Mafia-Freunden in Florida, darunter Santo Trafficante, wurden entsprechende Vorbereitungen getroffen. Einer von der Cosa Nostra besaß beste Kontakte zu einem hochrangigen Offiziellen in Castros persönlichem Umfeld, und der steckte tief in seiner Schuld. Er sollte demDiktator heimlich eine Gelatinekapsel mit dem tödlichen Botulinumtoxin in einen Cocktail oder unter sein Dinner mischen, so wie es John Mulholland in seinem CIA-Ratgeber detailliert beschrieben hatte (siehe S. 52). Der Abgesandte der CIA traf sich mit den Mafiosi in Miami, händigte ihnen in einer Cremedose sechs tödliche Kapseln aus – und einen Leih-LKW voller Waffen. Angeblich gaben Mittelsmänner der Gangster die Giftration an Castros damalige deutsche Freundin Marita Lorenz weiter, die sich jedoch in letzter Minute weigerte, den Geliebten zu ermorden und das Toxin in der Toilette hinunterspülte.
    Plan Nr. 6: Castro sollte über einen Mittelsmann ein mit Pilzen verseuchter Taucheranzug zugespielt werden, der zu einer schrecklichen Hauterkrankung geführt hätte (Eumycetoma), bekannt als »Madura foot«. Der Plan musste Anfang 1963 verworfen werden, weil der Máximo Lider gerade schon einen Anzug von einem amerikanischen Anwalt erhalten hatte. Doch zum Glück gab es schon eine Alternative in der Schublade der CIA-Tüftler:
    Plan Nr. 7: Dem kubanischen Diktator sollte über einen Mittelsmann ein wertvoller Kugelschreiber geschenkt werden. Das speziell entwickelte Schreibgerät konnte über eine feine Nadel Nikotinsulfat, ein hochwirksames Gift, bekannt unter dem Namen »Black Leaf 40«, unbemerkt in die Hand des Benutzers absondern. Alles war vorbereitet, ein kubanischer Dissident für die Übergabe angeheuert worden. Doch dann machten aktuelle Ereignisse auch diesen Plan zunichte: Am 22. November 1963 fand in Paris die Übergabe des präparierten Geschenks für Fidel Castro statt. Es sei »wahrscheinlich«, so stellte das Church-Komitee nach seinen umfangreichen Ermittlungen fest, »dass genau in jener Minute, in der sich der CIA-Officer und der kubanische Agent trafen … in Dallas Präsident John F. Kennedy erschossen wurde«.
    Sidney Gottlieb zeigte während der eineinhalbstündigen Anhörung vor den Senatoren keine emotionale Regung. Höflich, fast unterwürfig, beantwortete er die Fragen, ohne allerdings viel preiszugeben. Sein Erinnerungsvermögen an viele Vorgänge, so der 57-Jährige, sei sehr getrübt. »Eine letzte Frage noch«, meldete sich der Rechtsberater des Komitees Frederick A. O. Schwarz Jr. zu Wort. Als der Auftrag gekommen sei, Lumumba zu eliminieren, »haben Sie daran gedacht, das abzulehnen?«
    Gottlieb stutzte einen Moment, richtete seinen Blick weg vom Fragesteller auf den Boden und murmelte dann etwas von »lautlosem Krieg« und »Verantwortung«. »Ich glaubte, dass man eine Entscheidung auf höchster Ebene diskutiert und getroffen hatte, und dass es jetzt an mir war, die Sache, so unerfreulich sie auch sein mochte, durchzuführen.«
    Nach seiner Befragung durch die Senatoren zog sich Gottlieb mit seiner Frau Margaret nach Kalifornien zurück, um ein neues Leben zu beginnen. Der ehemalige Stotterer schrieb sich an der San José State University ein, für ein Studium der Logopädie, das er einige Jahre später mit einem Diplom abschloss. Danach kehrte er an die Ostküste zurück, eröffnete eine Sprachschule und widmete sich vornehmlich der Behandlung kleiner Kinder, die, wie er selbst in frühen Jahren, gegen das Stottern kämpften. Sidney Gottlieb starb im März 1999, ohne sich jemals wieder über seine Tätigkeit als Giftmischer der CIA ausgelassen zu haben.
    Das Church-Komitee recherchierte drei weitere Fälle politischer Morde, die der US-Geheimdienst angeregt, unterstützt oder wenigstens geduldet hatte: Trujillo, Diem und Schneider. Über

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