Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
er den US-Interessen in Afrika im Wege. Das reichte für das Todesurteil des scheidenden Präsidenten Eisenhower. Es dauerte mehr als fünfzig Jahre, bis die belgische Justiz im Dezember 2012 den Tod Lumumbas strafrechtlich aufzurollen begann.
Als Sidney Gottlieb aus Léopoldville zurückgekehrt war, wartete schon ein neuer Auftrag auf ihn. Zwischen 1960 und 1965, so fand das Church-Komitee heraus, hatte der US-Geheimdienst im Rahmen der »Operation Mongoose« mindestens acht Projekte organisiert, die alle das Ziel verfolgten, den kubanischen Führer Fidel Castro zu ermorden; an den meisten Vorhaben war Gottlieb unmittelbar beteiligt.
Am 1. Januar 1959, nach einem harten dreijährigen Guerillakrieg, waren Castros Truppen triumphal in Havanna einmarschiert und hatten das autoritäre, aber amerikafreundliche Regime von Fulgencio Batista gestürzt. Eine neue Regierung wurde gebildet, Castro machte sich am 16. Februar zum Premierminister des Inselstaates und begann wenig später mit der Verstaatlichung amerikanischer Unternehmen. Das löste erst Wirtschaftssanktionen aus, später ein komplettes Embargo. Noch größeren Zorn zog er sich zu, als er sich ein sozialistisches Modell für die Entwicklung seines Drittweltlandes zu eigen machte und enge Beziehungen mit der Sowjetunion anstrebte. Ein Stützpunkt Moskaus im amerikanischen Hinterhof – das konnte und wollte die Eisenhower-Administration unter keinen Umständen akzeptieren. CIA-Direktor Allen W. Dulles ließ ab Dezember 1959 konkrete Mordpläne schmieden. Ein von der CIA trainierter Scharfschütze sollte Castro aus der Distanz erledigen, doch das erwies sich als undurchführbar. Im August 1960 arbeitete der Geheimdienst an einer Verschwörung mitHilfe von Exilkubanern: »Können wir einen richtig gefährlichen Kubaner rekrutieren?«, erkundigte sich der Operationsleiter der Einsatzkräfte für die Zuckerinsel. Die Antwort war negativ. Zwar wimmelte es in Miami von Leuten, die sich aus Havanna abgesetzt hatten, und nur zu gern bereit gewesen wären, dem neuen Machthaber das Licht auszublasen, aber inzwischen hatten sich auch Castros Agenten unter die Leute gemischt und auf diese Weise viel über die verdeckten Operationen der CIA erfahren.
Viele Vorbereitungen für den Schlag gegen das Regime liefen parallel. Könnte der kommunistische Diktator, wenn schon nicht umgebracht, dann vielleicht öffentlich lächerlich gemacht werden? Irgendjemand brachte dann die dirty tricks von Sidney Gottlieb und John Mulholland ins Spiel. Allein aus ihrer Werkstatt sind sieben Attentatspläne überliefert:
Plan Nr. 1: Das Rundfunkstudio in Havanna, aus dem Castro regelmäßig feurige Ansprachen an sein Volk richtete, sollte heimlich mit LSD oder einem anderen halluzinogenen Aerosol eingenebelt werden, in der Hoffnung, dass der Máximo Lider seine Sprache nicht mehr unter Kontrolle hätte und einen erheblichen Imageverlust bei seinen Anhängern erleiden würde. Nicht realisierbar – die Idee wanderte in den Orkus.
Plan Nr. 2: Während einer Auslandsreise sollten Castros Schuhe in aller Heimlichkeit von einem CIA-Agenten mit Thallium präpariert werden, einem langsam wirkenden Gift, das Haarausfall nach sich zieht. Ein barhäuptiger, bartloser Führer verlöre seine Ausstrahlung, prophezeiten die Psychologen, die Kubaner würden ihn binnen kürzester Zeit aus dem Amt und von der Insel jagen. Undurchführbar – Castro sagte die Reise ab.
Plan Nr. 3: An dem Riff, an dem Castro am liebsten tauchen ging, sollte eine kleine Mine platziert und von einem Mini-U-Boot aus zur Explosion gebracht werden.
Als sich die militärischen Spannungen mit der Entdeckung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf Kuba erheblich verschärften, wurde die alberne Psychostrategie durch klare Zielvorgaben ersetzt: Kill Castro , egal wie!
Plan Nr. 4: Die CIA beschaffte eine Kiste mit Castros Lieblingszigarren und impfte sie mit Botulinumtoxin, und zwar in einer so hohen Dosierung, dass jeder, der eine der Havannas auch nur mit seinen Lippen berühren würde, innerhalb kürzester Zeit elendig zu Tode käme. Die Zigarren wurden nach Kuba geschleust, fanden ihren Weg aber offenbar nicht bis ins Zentrum der Macht.
Anfang 1961 übernahm John F. Kennedy das Amt als 35. Präsident der Vereinigten Staaten. Eine der ersten Aufgaben, die er CIA-Chef Dulles auftrug: Exilkubaner bei der Vorbereitung einer Invasion zu unterstützen, um die Kommunisten von der Insel zu vertreiben. Die Mission endete im April 1961 in
Weitere Kostenlose Bücher