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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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S.154)
    »Sudits Schwiegervater war mit Begin befreundet«, fand Henning Sietz bei seinen Recherchen heraus, »sie trafen sich dann unter konspirativen Bedingungen« und verabredeten, »irgendetwas zu machen«. Es wurde ein Organisationskomitee aus Cherut-Mitgliedern, ehemaligen Irgun-Kämpfern und Agenten des neugegründeten Auslandsgeheimdienstes Mossad gegründet, das ein Attentat auf Adenauer und die deutsche Delegation in Wassenaar vorbereiten sollte, um damit die Verhandlungen zu torpedieren. Sietz: »Sudit hat sich dann als Aktivist angeboten, Begin hat dem zugestimmt«. Viele der Erkenntnisse über die von Begin sanktionierten Bombenanschläge gehen auf die 1994, zwei Jahre nach Begins Tod, im Selbstverlag und nur auf Hebräisch erschienenen Memoiren »Kabtzans« zurück, in denen dieser in einem heroischen Tonfall über seine heldenhaften Taten Rechenschaft ablegt. Er sei es gewesen, der den Sprengsatz in den Brockhaus für Konrad Adenauer eingebaut habe.
    Die Ermittlungen der Münchner Polizei, die noch in der Nacht des tödlichen Anschlags begonnen hatten, konzentrierten sich zunächst auf die Aussagen von zwei Burschen, dem dreizehnjährigen Bruno Beyersdorf und dessen zwölfjährigem Freund Werner Breitschopp, denen es zu verdanken war, dass das Buchgeschenk nicht nach Bonn an das Kanzleramt geschickt wurde. An jenem Nachmittag hatte ein Unbekannter die beiden vor dem Hauptbahnhof angesprochen, sie könnten sich drei Mark verdienen, wenn sie dieses Päckchen für ihn zur Post brächten; es sei bereits ausreichend frankiert. Er selbst müsse dringend seinen Zug erwischen. Doch dann stellten die willigen Botenjungen fest, dass sie der Fremde, der es angeblich so eilig hatte, den ganzen Weg verfolgte und sich dabei hinter Fußgängern zu verstecken versuchte. »Da hab ich mir ’denkt, da stimmt doch was nicht«, erzählte Bruno später einem Reporter der Abendzeitung . Die beiden sprachen einen Stationsbeamten der Straßenbahn an, der das Päckchen einem zufällig vorbeikommenden Schutzpolizisten in die Hand drückte. Auch der fand den Adressaten reichlich ungewöhnlich und rief eine Funkstreife herbei, die Bruno und Werner samt ihres mysteriösen Postgutes zum Polizeipräsidium brachte.
    Noch am Abend der Explosion konnte die Polizei eine erste Täterbeschreibung veröffentlichen, wobei Bruno und Werner vor allem ein Detail in Erinnerung geblieben war, das später zu einer Identifizierung eines der Attentäter führen sollte: Der Mann besaß eine auffallende Fingerverstümmelung. Die Münchner Polizei löste die größte Fahndung seit Kriegsende aus, rief eine Sonderkommission ins Leben und setzte eine Belohnung von fünftausend Mark aus, die später auf 15000 Mark erhöht wurde; das Bundeskriminalamt schickte seine Sprengstoffspezialisten und andere Ermittlungsexperten in die bayerische Landeshauptstadt.
    Präzise beschreibt Sudit in seinen Memoiren, wie er damals das Lexikon im Pariser Hotelzimmer aushöhlte, um Platz für den Sprengsatz zu schaffen. Die Sprengkapseln hatten sie in Zigarren versteckt, die Zünder in den dazugehörigen Zigarrenhülsen. Der Sprengstoff selbst war von einer Schwägerin, einer Laborantin, in zwei braune Flaschen eines Asthma-Medikaments abgefüllt worden. Dennoch musste Sudit improvisieren, für zwei Selbstauslöser verwendete er Sprungfedern aus der Matratze des Hotelbetts. Am Ende zog er vorsichtig zwei Sicherungsdrähte heraus und machte die Buchbombe damit scharf. Danach ging er daran, zwei wesentlich kleinere Briefbomben zu basteln, für die auch schon eine Verwendung vorgesehen war.
    Am 31. März 1952, vier Tage nach dem Münchner Anschlag, trifft in der Deutschen Botschaft in Den Haag eine Postsendung ein, die an die deutsche Delegation für Wiedergutmachung adressiert ist. Ein Angestellter der Poststelle schlitzt den Umschlag halb auf, bemerkt dann seinen Irrtum, denn die Delegation ist im Hotel Wittebrug abgestiegen; deshalb schickt er sofort einen Boten mit dem dicken Kuvert los. Im Wittebrug nimmt sich eine Sekretärin des bereits halb geöffneten Briefes an, äugt zufällig vorher durch den Schlitz, wobei ihr ein Stück Draht auffällt. Sie legt den Umschlag ungeöffnet zur Seite und alarmiert ihren Vorgesetzten, schließlich hatte die niederländische Polizei erst morgens vor einem Anschlag gewarnt.
    Der Umschlag enthält rund dreißig Gramm Sprengstoff TNT (Trinitrotoluol), eine flache Batterie, eine Zündpille britischer Herkunft und einen Mechanismus, der

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