Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
vorbereitet. Sie hinterlegten eine Kaution von 100000 Euro, zwei Tage danach konnte Uri Brodsky nach Israel ausfliegen, ohne dass ihn irgendjemand überhaupt zu Gesicht bekommen hätte; Wochen später wurde das Verfahren gegen eine Geldbuße von 60000 Euro eingestellt.
Bei der Exekution al-Mabhouhs in Dubai wurden neben dem deutschen Pass von Michael Bodenheimer zwölf britische, sechs irische, vier französische und vier australische Pässe benutzt, was naturgemäß zu erheblichen diplomatischen Verstimmungen vor allem in London führte. Denn dort hatte man von den Israelis bereits nach der Ermordung von Ali Hassan Salameh mehr als dreißig Jahre zuvor die Zusicherung erhalten, dass britische Papiere nie mehr bei solchen Operationen missbraucht würden (siehe S. 235). Alles Lüge, alles Schein. Die öffentliche Empörung gehöre zu den Ritualen der Diplomatie, sagt Ex-Caesarea-Agent Gad Shimron, »nach außen sagen sie ›na, na, na, das ist aber nicht nett, was ihr mit unseren Pässen gemacht habt!‹, aber hinter verschlossenen Türen erklären die Vertreter derselben Länder dann ›bravo, gut gemacht, macht so weiter, das ist der Weg, wie man Terrorismus bekämpft.‹«
Auch Generalleutnant Tamim in Dubai hatte erwogen, ein Auslieferungsersuchen nach Warschau zu schicken, den Plan dann aber verworfen. Unklar blieb, ob seine Entscheidung in einem Zusammenhang stand mit zwei Morddrohungen, die er erhalten haben will. Der Absender sei »ziemlich sicher der Mossad« gewesen, erzählte er Ende September 2010 der emiratischen Tageszeitung al-Ittihad . Erst sei eine E-Mail eingegangen (»Wenn Sie weiterhin plaudern, sollten Sie darauf achten, was hinter Ihrem Rücken passiert!«), dann ein Anruf bei einem Verwandten (»Sagen Sie Tamim, es sei besser für ihn, seine Klappe zu halten«). Bei dem Anrufer, so hätten seine Leute herausgefunden, habe es sich um einen »pensionierten Mossad-Agenten« gehandelt. Details nannte er nicht. Danach wuchs Gras über die Sache, gemessen an den diplomatischen Verwicklungen unmittelbar nach der Affäre erstaunlich schnell. Für Israel blieb der Staatsmord folgenlos. Wieder einmal.
Seit sechzig Jahren schon richtete Israel seine Staatsfeindehin. Dubai war nur die bislang letzte einer ganzen Reihe von Exekutionen des Mossad im Ausland, vielleicht die spektakulärste, weil sie durch die Überwachungsvideos gewissermaßen unter den Augen der Weltöffentlichkeit stattfand. Immer wieder kam die Regierung in Jerusalem damit durch. Sie schwieg und ließ die Zeit verstreichen.
Bombe im Brockhaus – der Fall Adenauer
»Das wird ein Krieg auf Leben und Tod. Es gibt keinen Deutschen, der nicht unsere Väter ermordet hat. Adenauer ist ein Mörder! Jeder Deutsche ist ein Mörder!«
Der spätere israelische Premierminister und Friedensnobelpreisträger Menachem Begin bei einer Rede am 7. Januar 1952 vor seinen Anhängern
»Ich war Bombenkonstrukteur … seit ich 14 Jahre alt war und hatte als Sprengstoffexperte im Bergbaubetrieb … in Beit Nebala in Israel gearbeitet. Ich hatte kein Problem, an Sprengstoffe und Sprengkapseln heranzukommen.«
Bekenntnis des Adenauer-Attentäters Elieser Sudit
Vorsichtig löst Karl Reichert den Knoten des merkwürdigen Pakets, das vor ihm liegt. Dann zieht er die Schnur ab, lässt sie auf den Boden fallen. Anschließend entfernt der Sprengmeister behutsam das Packpapier mit dem von Hand, aber in holprigem Deutsch geschriebenen Adressaufkleber (»An dem Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer«), Stück für Stück, bis ein kobaltblauer Pappschuber mit einem Buch zum Vorschein kommt. Auf dessen Rücken erkennt er den Titel des Werkes: Der kleine Brockhaus, zweiter Band, L–Z. Wer würde dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ein Lexikon schicken? Reichert ist jetzt fast sicher, an dem Geschenk muss etwas faul sein. Es ist der 27. März 1952, kurz nach 18 Uhr.
Neugierig treten mehrere Polizisten und zwei Lokalreporter, die sich mit Reichert in den Kellerraum des Münchner Polizeipräsidiums gewagt haben, um die Überprüfung der mysteriösen Sendung zu beobachten, dichter an das Buch heran. Sie assistieren mit Taschenlampen, doch der Sprengmeister in der dunkelblauen Uniform eines Münchner Feuerwehrmannes kann nichts Verdächtiges erkennen. Er trennt deshalb mit ruhiger Hand die Rückseite des Schubers auf. Aber auch dahinter sind keine Drähte verborgen. Also doch blinder Alarm?
Der Journalist Henning Sietz hat für sein bemerkenswertes Buch
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