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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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– wie Henning Sietz recherchierte – »durch einen innerhalb des Kuverts festgeklebten Faden ausgelöst werden sollte«. Hätte der Botschaftsmitarbeiter in Den Haag oder die Sekretärinim Wittebrug den Inhalt herausgezogen, wäre der Sprengsatz explodiert. Dreißig Gramm TNT hätten unweigerlich die Verstümmelung von Händen und Armen sowie eine irreversible Zerstörung des Gehörs zur Folge gehabt. Mindestens. Briefbomben dieser und anderer Bauart sollten in den folgenden Jahrzehnten zu einem Markenzeichen des Mossad werden. Dahinter steckte nicht immer die Absicht, den Empfänger zu töten, wohl aber, ihn schwer zu verletzen und ihm gewissermaßen eine letzte Warnung zukommen zu lassen (siehe S. 150).
    In der Briefbombe an »die deutsche Delegation für Wiedergutmachung« steckte eine Erklärung, die im Wortlaut übereinstimmte mit einem Schreiben, das einen Tag später den Pariser Büros amerikanischer Nachrichtenagenturen zugespielt wurde. Darin bekannte sich eine »Organisation jüdischer Partisanen«, hinter der die von Menachem Begin initiierte Gruppe stand, zu den Anschlägen in München und Wassenaar: »Am 27. 3. 1952 haben unsere Kameraden ihre erste Aktion auf deutschem Boden ausgeführt. Ein mit Sprengstoff gefülltes Buch ist an den Kanzler des Volkes der Meuchelmörder, Dr. K. Adenauer, geschickt worden.« Und weiter hieß es: »Wir befinden uns im Krieg mit dem Volk der Meuchelmörder. Ein Krieg bis zum Ende der Generationen, ein Krieg, den die deutschen Väter und Söhne an ihrem eigenen Fleisch spüren werden. Reparationen? Ja, wir werden sie ihnen zahlen … Die erste Rate haben wir ihnen gerade geschickt, und viele andere werden folgen.«
    Es landete sogar noch ein weiterer Sprengsatz im Wittebrug . Er wurde von einem israelischen Geheimdienstmann entschärft, der einen Tag nach dem ersten Anschlag zusammen mit niederländischen Polizeibeamten überraschend im Hotel auftauchte und darauf bestand, die eingegangene Post für die deutsche Delegation zu inspizieren. Dabei stieß er tatsächlich auf einen zweiten Umschlag der »jüdischen Partisanen«. Die israelische Regierung hatte offenbar zwischenzeitlich erheblichen Druck auf die Cherut ausgeübt, von der zweiten Briefbombe erfahren und sofort ihre Sicherheitsleute an der israelischen Botschaft in Den Haag alarmiert. David Ben-Gurion wollte unbedingt verhindern, dass die Verhandlungen in Wassenaar an einem Terroranschlag seiner eigenen Landsleute scheiterten.
    Überhaupt scheint es in den Wochen nach München und Wassenaar zu verstärkten Geheimdienstaktivitäten in aller Welt gekommen zu sein, um die Hintergründe des versuchten Adenauer-Attentats zu beleuchten. Erst gingen beim BKA Informationen aus nachrichtendienstlichen Quellen ein, dass ein gewisser Dov Lutan alias Dov Liothan alias Jakov Hewel die Brockhaus -Bombe nach München gebracht und bei einem Textilhändler jüdischer Abstammung in Frankfurt Station gemacht habe; dann trafen Meldungen aus Paris ein, dort seien fünf israelische Staatsangehörige festgenommen worden, darunter vier Mitglieder der Cherut-Partei. Sie stünden möglicherweise mit dem Anschlag in Verbindung. Dabei habe man fünf Pistolen, eine Maschinenpistole und Munition sichergestellt. Die Männer wurden einen Tag später wieder auf freien Fuß gesetzt und umgehend des Landes verwiesen; der fünfte, in dessen Apartment die Waffen gefunden worden waren, blieb in Haft und wurde später zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Es handelte sich um den »Bettler«: Elieser Sudit. Als der Chef der Münchner Sonderkommission allerdings nach Paris reiste, um Sudit zu verhören und genaue Informationen über die anderen Israelis zu erhalten, stieß er bei den Kollegen auf verschlossene Ohren und Türen. Die Franzosen befürchteten offenbar diplomatische Verwicklungen und lehnten jede Kooperation ab. Paris sollte in den nächsten Jahrzehnten der wichtigste Mossad-Stützpunkt in Europa und Ausgangspunkt für zahllose Exekutionen werden.
    Goldene Armbanduhren als Belohnung: Konrad Adenauer empfängt Werner Breitschopp (links) und Bruno Beyersdorf im Bundeskanzleramt, um sich bei ihnen zu bedanken.
    Die Ermittlungen in München liefen zunächst weiter. Beamte des neugegründeten bayerischen Landeskriminalamtes identifizierten einen Josef Kronstein als den Mann mit dem verstümmelten Finger, der als Helfer des Bombenboten Dov Lutan fungiert und den beiden Jungen am Münchner Hauptbahnhof das brisante Päckchen

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