Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Einsatzkommandos«. Sie fallen sofort über Cukurs her. Doch der Lette ist »für sein Alter noch gut in Form«, er kämpft »wie ein verwundetes Tier«, versucht, an seine Waffe zu kommen, die er immer bei sich trägt.
»Einer hielt plötzlich einen Vorschlaghammer in der Hand und schlug damit auf den Kopf des Nazi-Verbrechers ein. Blut spritzte in alle Richtungen«, heißt es bei Meidad. Die Attentäter hatten das offenbar befürchtet und sich deshalb bis auf die Unterhosen ausgezogen, um ihre Kleidung »nicht mit Blut zu besudeln«. Aber warum wurde der Kriegsverbrecher nicht sofort mit ein paar Kugeln niedergestreckt? Später wird man lediglich einige Einschüsse in den Wänden des Hauses finden, sie stammen entweder aus Cukurs’ Waffe oder der des Mossad-Agenten.
»Nach dem ursprünglichen Plan« hätte Cukurs zunächst »überwältigt … werden sollen«, schreibt Meidad in seinem Buch »Der Tod des Henkers von Riga«. »Wir wollten ihm das Urteil verkünden« und »ihm eine Anklageschrift verlesen« – in dieser Reihenfolge. Es sollte ihm »klar werden, dass die Geschichte mit Anton Künzle … nur dazu gedient hatte, die Rache im Namen seiner unschuldigen Opfer zu vollziehen«. Danach sollte ihm »eine Kugel in den Kopf gejagt werden«. War also tatsächlich von Anfang an eine Exekution beabsichtigt, weil ein schriftliches »Todesurteil« ja vorher zu Papier gebracht worden sein musste?
Mehr Dichtung als Wahrheit: Nach seinem Tod 2012 wurde die Identität des Mossad-Attentäters und Buchautors Anton Künzle bekannt. Sein richtiger Name: Jakob Meidad.
Doch dem Schlägertrupp des Mossad gelingt es nicht, den kräftigen Cukurs zu überwältigen. Die Operation gerät völlig außer Kontrolle. »Da beschloss einer von uns, … den Vorgang« zu verkürzen, »hielt ihm den Revolver an den Kopf und drückte zweimal ab«. Cukurs sackt zu Boden. Er ist tot. Die Killer des Mossad bugsieren ihr Opfer in einen großen Schiffskoffer, den sie vorher besorgt hatten. Meidad: »Wir waren gezwungen, die Beine des ›Gerichteten‹ etwas abzuknicken, damit die Leiche hineinpasste.« Dann türmt das israelische Kommando.
Am 6. März 1965, elf Tage nach der Exekution, landet die Nachricht eines lokalen Reuters -Journalisten auf dem Schreibtisch von Polizeioffizier Alejandro Otero von der Mordkommission Montevideo: Im Bonner Büro seiner Agentur, so heißt es da, sei ein anonymes Bekennerschreiben für einen Mord im Badeort Shangrilá, etwa zwanzig Kilometer außerhalb der Hauptstadt, eingegangen. Die Kollegen in Deutschland hätten ihm den Brief übermittelt, Kopie anbei.
Otero überfliegt das Schreiben, der letzte Satz klingt beunruhigend: »Der Angeklagte wurde am 23. Februar 1965hingerichtet, sein Körper liegt in der Casa Cubertini, Avenida Colombia …« Zwei Stunden später steht Otero in Begleitung von zwei Uniformierten vor einer leerstehenden Strandvilla, fast in Sichtweite des Atlantiks. »Die Türen und Fenster des Hauses waren verrammelt, wir mussten eine Jalousie mit einer Brechstange anheben, sodass ich durch einen Spalt sehen konnte. Was ich sah, war erschreckend, das ganze Zimmer voller Blut«, erzählte Otero der deutschen Südamerika-Korrespondentin Gaby Weber Jahre später. Und es habe bestialisch gestunken. Der Verwesungsgeruch führt die Beamten direkt zu dem verschlossenen Schiffskoffer. Als sie den Deckel anheben, wird ihnen übel: Da liegt tatsächlich eine blutverkrustete, zusammengestauchte und völlig entstellte männliche Leiche.
Bei seinen Ermittlungen stößt Kommissar Otero sehr bald auf unzählige Ungereimtheiten. Mindestens fünf junge Männer, so ist von Nachbarn beobachtet worden, hätten sich in dem Haus aufgehalten. Alles deutet auf eine Entführung hin, für eine Hinrichtung hätte es keines Schiffskoffers bedurft. Die Truhe »hatte vorne und an der Seite Luftlöcher und robuste Metallschlösser«, daneben lagen »dicke Gurte«, mit denen »vermutlich verhindert werden sollte, dass die Kiste von innen zu öffnen war«, erinnert sich Otero in einem Hörfunk-Interview mit Gaby Weber. Außerdem habe am Tattag ein Schiff vor der Küste geankert, das nirgendwo registriert gewesen sei, es sollte vermutlich den Entführten aufnehmen und außer Landes schmuggeln. Oteros Fazit: Die Täter seien keine professionellen Killer gewesen, eher Stümper, die einen Mann kidnappen sollten, ihn aber nicht überwältigen konnten.
Zwei Wochen nach dem Mord in Uruguay berichtet die New York Times , bei der
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