Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
jedes Echo bleiben. Anfang März 1965 erschien in der deutschen Illustrierten »Quick« ein großer Bericht mit vielen Fotos über den Mord an Herbert Cukurs in Uruguay, aber auch der löste kein politisches Erdbeben aus.
Am 23. März 1965 beschloss der Bundestag das »Gesetz zur Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen«. Der Beginn der Frist wurde auf den 31. Dezember 1949 festgelegt, die Frist selbst, zwanzig Jahre für Mord, allerdings nicht verlängert. Damit war die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten erst einmal bis Ende des Jahres 1969 gesichert. Im Jahre 1969 entschieden die Bundestagsabgeordneten erneut, diesmal sprach sich die Mehrheit für eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf dreißig Jahre aus, was einen erneuten Aufschub um zehn Jahre bedeutete. 1979 dann hob das Parlament die Verjährungsfristen für Mord und Völkermord völlig auf.
Ob Jakob Meidad nach seiner Rückkehr im Mossad belobigt wurde, darf bezweifelt werden. »Die ›Operation Cukurs‹ war in mancher Hinsicht außergewöhnlich«, heißt es in Meidads Erinnerungen, »ich arbeitete in der Fremde, …selbst in heiklen Situationen musste ich improvisieren … Ich erinnere mich an keinen einzigen Fehler, keinen Moment des Zögerns oder der Unsicherheit … Obwohl ich … echte Risiken auf mich genommen habe, spürte ich kein einziges Mal Angst.« So trug Jakob Meidad alias Anton Künzle alias Jitzchak mit seinen Memoiren dazu bei, den »Mythos Mossad« um eine weitere Legende zu bereichern – und half nebenbei, seinen eigenen Ruhm für die Nachwelt zu sichern.
Nach einigen Tagen der Erholung wurde Meidad im März 1965 zu Yoske Yariv gerufen, dem Leiter der Mossad-Einheit für spezielle Operationen (Caesarea). Er sollte eine neue Identität für eine junge israelische Agentin in Kanada erfinden und sie bei ihren ersten Schritten im adoptierten, neuen Leben unterstützen: Sylvia Rafael hieß die angehende Mossad-Kämpferin. Sie würde Jahre später eine wichtige Rolle als Mitglied eines Mordkommandos spielen, das in Norwegen noch kläglicher scheiterte als er selbst im Strandhaus von Shangrilá (siehe S. 180).
Der Zorn Gottes – der Fall »Schwarzer September«
»Wir werden die Schuldigen jagen bis zum Schluss.«
Golda Meir nach dem Olympia-Massaker von München in der Knesset, 1972
»Aus der Sicht des Rechts war Golda Meirs Befehl offensichtlich illegal. Sie handelte als Ankläger und Richter in einer Person und die Agenten waren ihre Vollstrecker. Golda war nicht ermächtigt, sie auf eine solche Mission zu senden.«
Haim Cohn, Richter am israelischen Supreme Court, 1997
Am 26. August 1972 werden in München die 20. Olympischen Sommerspiele feierlich eröffnet. Deutschland begrüsst über 7100 Sportler aus 121 Nationen zu einem Fest des Friedens. Fünftausend Tauben steigen bei der Eröffnungsfeier im Olympiastadion auf. Mit besonders herzlichem Applaus empfängt das Publikum die Mannschaft Israels. München 1972 soll Berlin 1936 vergessen machen, jenes Großereignis unter dem Hakenkreuz, das später zu einem Symbol für den Aufstieg des Dritten Reiches wurde. In der bayerischen Landeshauptstadt will Deutschland der Welt sein neues Gesicht zeigen – offen, freundlich, warmherzig. Die Organisatoren haben deshalb auf abschreckende Sicherheitsmaßnahmen verzichtet. Statt martialisch anmutender Securitykräfte patroullieren unbewaffnete Polizisten in pastellblauen Anzügen über das Olympia-Gelände.
Am elften Tag der Spiele schlägt das Fest der Heiterkeit in eine Tragödie um. »München 72« wird für alle Zeiten zu einem Synonym für ein Massaker an wehrlosen Sportlern und eine absolut stümperhaft agierende deutsche Polizei.
Am Morgen des 5. September 1972, kurz nach vier Uhr, schleichen acht Männer in Trainingsanzügen den Zaun des olympischen Dorfes entlang. In ihren Sporttaschen haben sie Kalaschnikows und Handgranaten versteckt. Am Tor 25A treffen sie auf amerikanische Athleten, die von einer Zechtour heimkehren. Die von Sportsgeist und Alkohol beseelten US-Boys und ihre vermeintlichen Kameraden offenbar arabischer Herkunft helfen sich per Räuberleiter gegenseitig über das Gitter.
Die Araber begeben sich zielstrebig zur Connollystraße 31. Es fällt ihnen leicht, in das Haus einzudringen, in dem sich, verteilt auf fünf Apartments, das israelische Mannschaftsquartier befindet. Sie erschießen den 33-jährigen Ringertrainer Mosche Weinberg, Vater eines neugeborenen Sohnes,
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