Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Halteverbot!«
»Oh, das wusste ich nicht, ich warte auf einen dänischen Freund, der sein Auto bei der Mietwagenfirma abgeben wollte.«
»Würden Sie bitte mitkommen!«
Ein kurzer Rundruf bei den Leihwagenfirmen am Flughafen bringt innerhalb von ein, zwei Minuten Gewissheit. Ein Däne namens Dan Ert hat gerade sein Fahrzeug zum Verleih zurückgebracht. Dyrdal muss nur noch warten, bis er am weißen Peugeot auftaucht, in dem er seine wartende Kollegin vermutet. Er kommt mit zwei schweren Tüten in der Hand.
»Was haben Sie denn da in den Tüten?«
»Sachen zum Essen!«
»Aber das können Sie doch unmöglich allein aufessen!
»Natürlich nicht. Ein Haufen von Freunden erwartet mich schon!«
»Na fein, dann wollen wir mal zu Ihren Freunden fahren.«
Doch es geht noch weiter: Marianne Gladnikoff verrät der norwegischen Polizei die Adresse, unter der Sylvia Rafael abgestiegen ist, sie wird kurze Zeit später zusammen mit dem Mossad-Chefplaner in Paris Abraham Gehmer festgenommen. Und Dan Ert alias Dan Aerbel reicht eine Nacht in einer engen Gefängniszelle, um für bessere Haftbedingungen geheime Informationen preiszugeben; er leidet unter Klaustrophobie, was er bei seiner Rekrutierung durch den israelischen Geheimdienst offenbar verschwiegen hat. Er schlägt seinen Vernehmern sogar vor, am besten gleich in Tel Aviv im Hadar Dafna Building anzurufen, um sich seine Angaben von Mossad-Offiziellen bestätigen zu lassen.
»Sie räumten tatsächlich ein, für die israelische Regierung zu arbeiten«, erzählt Lasse Qvigstad, damals Chefermittler in Olso, und sie machten deshalb diplomatischen Status und Immunität geltend. In einem der Pässe finden Qvigstads Leute eine handschriftliche Telefonnummer notiert, die zu der Privatwohnung des Sicherheitsoffiziers Yigal Eyal von der israelischen Botschaft in Oslo gehört. »Als die bewaffneten und mit Schutzwesten ausgerüsteten Polizeikräfte dort eindrangen, gingen sie davon aus, auf weitere Verdächtige zu stoßen«, erinnert sich Qvigstad, es habe »einen ziemlichen Aufruhr« gegeben, denn »der Diplomat wollte die Beamten aus dem Haus werfen«. Sie seien dann auch wieder gegangen, hätten »aber zwei weitere Personen mitgenommen, denen der Botschaftsangehörige offensichtlich bei der Flucht helfen sollte«. »Die Operation war zu dem Zeitpunkt schon völlig aus dem Ruder gelaufen«, blickt Eyal heute zurück, »sie wollten Ali Hassan Salameh um jeden Preis erwischen, sodass man alles andere ausblendete … und die Informationslage vergewaltigte!«
Im Mossad-Hauptquartier herrscht unterdessen Chaos. Was bislang nur bruchstückhaft aus Europa nach Tel Aviv gedrungen ist, wird sich nach der Rückkehr des MemunenZamir erst zu einer bösen Vorahnung, dann zur schrecklichen Gewissheit verdichten. »Eines Tages werden unsere Leute erwischt«, hatte Golda Meir prophezeit, »und was machen wir dann, könnt ihr mir das verraten?« Nach und nach findet sie jetzt ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Erst hat Hararis Kidon-Einheit den Falschen liquidiert, dann sind sechs israelische Caesarea-Agenten verhaftet worden, und inzwischen packen zwei von ihnen auch noch aus. Zu allem Überfluss kommt hinzu, dass bei den Israelis in Oslo Hinweise und Schlüssel von sicheren Wohnungen des Mossad in Paris gefunden wurden, die jetzt alle schnellstens geräumt und gesäubert werden müssen. Zamir und Harari bieten ihren Rücktritt an, doch Golda Meir lehnt das ab. Die beiden sollen die Suppe, die sie dem Land eingebrockt haben, auch wieder auslöffeln.
Trotz vielfältiger Bemühungen ist Golda Meir klar, dass sich das norwegische Problem nicht diplomatisch-diskret lösen lässt. Die Presse in ganz Europa berichtet inzwischen über den Fall, da wird sich die Regierung in Oslo aus der strafrechtlichen Verfolgung des Falles durch die norwegische Justiz vollständig heraushalten.
Am 7. Januar 1974 begann der Prozess in Oslo unter größten Sicherheitsvorkehrungen. Marianne Gladnikoff wirkte verängstigt und schüchtern, versuchte, ihr Gesicht hinter einem Schleier zu verbergen; ihr Kollege Abraham Gehmer gab sich wortkarg und unbeugsam, nur seine Augen flitzten hin und her; Dan Aerbel hinterließ einen nervösen und fahrigen Eindruck, was durch die Verachtung, mit der Gehmer ihn musterte, noch verstärkt wurde; zwei weitere Agenten, Zvi Steinberg und Michael Dorf, schwiegen sich aus. Dann kam es zum Auftritt von Sylvia Rafael. »Sie zeigte Haltung, wirkte geistreich und etwas kokett in
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