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Lizenz zur Zufriedenheit

Lizenz zur Zufriedenheit

Titel: Lizenz zur Zufriedenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nico Rose
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knackigen und etwas provokanten Hypothese. Sie lautet: 88,4 % aller Erfolgs- und Selbsthilfe-Literatur sind weitgehend untauglich! So, Herrschaften! Ich hab’s gesagt. Wenn Thilo Sarrazin derart zwei Trillionen Bücher verkauft, dann kann ich das (vielleicht ...) auch. Doch jetzt mal wieder ein, zwei Schritte zurück. Ich glaube selbstverständlich nicht, dass in den genannten Büchern nur Quatsch steht und alle praktischen Tipps und Tricks untauglich wären. 175 Das Problem ist auch nicht, dass nur die wenigsten Autoren in diesem Segment sich bemühen, valide wissenschaftliche Erkenntnisse in ihren Werken zu verarbeiten. Vielmehr bin ich der Überzeugung, dass die Majorität meiner Kollegen von einer falschen Grundannahme ausgeht in Bezug auf die menschliche Natur. Diese Fehlannahme lautet: Alle Menschen wollen erfolgreich und glücklich sein. 176
    Höre ich Sie nun innerlich aufschreien, oder zeigen Sie mir gerade den Vogel? Also gut, ich rudere vorsorglich noch ein wenig weiter zurück. Natürlich wollen alle Menschen glücklich sein. 99,9 % zumindest würden das wohl bestätigen, wenn man sie danach fragte. Und im Prinzip stimmt das auch. Allerdings gibt es etwas anderes, das Menschen noch mehr wollen. Dazu später mehr. Ich möchte zunächst einige hinführende Bögen schlagen.
    Kommen wir zunächst zurück auf die Geschichte vom Anfang des Kapitels. Was in dieser humorigen, wenn auch etwas makabren Fabel abgehandelt wird, ist das Prinzip der „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“. Dieser Begriff bezeichnet eine Vorhersage, die sich gerade deshalb erfüllt, weil diejenigen, die an die Prophezeiung glauben, sich (unbewusst oder bewusst) aufgrund der Prophezeiung so verhalten, dass sie sich gerade deswegen erfüllt. 177 So mag der Hirsch in der Geschichte aufgrund der Angst vor der ominösen Todesliste des Bären in Panik verfallen sein und ist in der Folge an einem Herzinfarkt gestorben. 178 Vielleicht hat er aber auch auf seiner Flucht versucht, die A2 bei Feierabendverkehr zu überqueren. Wir wissen es nicht und werden es auch niemals erfahren. Aber verlassen wir die Fabelwelt und wenden uns einer wahren Begebenheit zu, die das Prinzip der SFP (abgekürzt aus dem Englischen: Self-Fulfilling Prophecy) aus meiner Sicht ebenfalls anschaulich erläutert.
    Kein Mensch auf dieser Welt kann eine englische Meile (1609 Meter) unter vier Minuten laufen. So lautete ein ungeschriebenes Gesetz der Leichtathletik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Tatsächlich hatten sich unzählige Spitzensportler an der „Traummeile“ immer wieder die Zähne ausgebissen; man kam nah dran, aber nicht darunter. Und zwar so häufig, dass es irgendwann schlicht als körperlich unmöglich galt, jene Marke zu unterbieten. Die Unmöglichkeit hatte allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Roger Bannister, ein junger Brite, ließ sich von dem mittlerweile allgemein verbreiteten Glaubenssatz nicht anstecken und pirschte sich in einer Reihe von Vorbereitungswettkämpfen immer näher an die vermeintliche Leistungsgrenze heran. Unter eher schlechten Wettkampfbedingungen lief er schließlich am 06. Mai 1954 auf der Iffley-Road-Kampfbahn der Universität Oxford die Meile in 3:59,4 Minuten. Neuer Weltrekord. Das ist an sich schon sehr beeindruckend 179 , aber noch nicht der springende Punkt. Schon wenige Wochen später unterbot der Australier John Landy den neuen Rekord, indem er die Meile in 3:57,9 Minuten bewältigte. Noch wesentlicher spannender finde ich allerdings, dass bis zum Ende des Jahres 1954 zusätzlich zu Landy weltweit 36 andere Läufer unter der ominösen Marke geblieben sein sollen. Die Frage ist nun: Was war da passiert? Gab es innerhalb weniger Wochen einen phantastiliösen Fortschritt bei den Trainingsmethoden? 180 Ich glaube nicht. Ich glaube stattdessen, dass Roger Bannister durch sein beherztes Auftreten eine kollektive SFP zum Platzen gebracht hat. Er hat den Bann durchbrochen, hat stellvertretend für eine ganze Generation von Leichtathleten eine mentale Blockade eingerissen. 181
    Warum der erste Eindruck fast immer „richtig“ ist
    Doch lassen Sie uns die Welt der Anekdoten verlassen und uns wieder gesichertem Wissen zuwenden. Wie sich SFPs im Alltag auswirken, ist einer breiteren Öffentlichkeit durch die Experimente der Psychologen Robert Rosenthal und Leonore Jacobson bekannt geworden. In einer Reihe von Experimenten in den 1960er-Jahren täuschten sie Lehrer an amerikanischen Grundschulen über die

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