Lloyd, Sienna
erwähnen.“
Gabriel ist offensichtlich sehr verärgert.
Beleidigt richtet die feurige Rothaarige ihren Schal, steht auf, nimmt ihr Notizbuch, ihren Stift und ihr Telefon und verlässt das Zimmer, da sie
„noch etwas zu tun“
hat.
Magda, Charles, Gabriel und ich lehnen an der Bar und lauschen Solveigs romantischer Erzählung über die Begegnung zwischen ihr und Antoine, dem Geschäftsführer von Mastha. Die aufgeregte Blondine lässt kein Detail aus: ein Lächeln, ein Augenzwinkern, ein helles Lachen, ein heißer Kuss in einer Umkleidekabine … Charles ist neugierig, wie es weiterging, isst die Pommes direkt aus der Schüssel und Magda klopft ihm immer wieder auf die Finger, weil er nicht so gierig essen soll.
Und da beichtet uns Solveig, mitten in dieser romantischen Komödie zweier Gebissener (oder Halbblüter, wie es „politisch korrekt“ zu heißen scheint), ein unglaubliches Detail …
„Wir … wir haben noch nicht mehr gemacht.“
Charles entgegnet ungläubig:
„Du hast mit deinem
Traummann
noch nicht geschlafen?“
„Nein.“
„Warum???“
„Weil ich erst mal sehen möchte, ob es ernst ist zwischen uns.“
„Aber es wird doch erst ernst, wenn ihr es getan habt! Man kann leicht den Romeo spielen, wenn man Julia noch nicht rumgekriegt hat. Die Liebe kommt später, wenn er dich wieder anruft, wenn er deine Hand nimmt. Dann ist es kein Kalkül mehr, um dich zu bekommen, denn dann hat er dich ja schon.“
Gabriel mischt sich ein.
„Der Meinung bin ich auch. Mit einer Frau zu schlafen, ist eine Herausforderung, sie jeden Tag zu wollen, neben ihr schlafen zu wollen, nicht wegen des Sex, sondern um nach dem Aufwachen am Morgen ihr hübsches Gesicht sehen zu können … Das ist Liebe.“
Ich sehe Gabriel an, während er spricht, und mein Herz schmilzt dahin. Ich glaube nicht, dass er so spricht, weil ich dabei bin, ich glaube auch nicht, dass er über Rebecca spricht, aber ich glaube, dass er es ehrlich meint. Sol sieht Gabriel an, legt ihre Hand auf seine und sagt:
„Man kann nichts dafür, wenn man liebt …“
Es wird still in der Küche und wir fünf erleben einen wunderbaren Moment voller Verständnis. Wir denken an unsere Beziehungen, an Trennungen, Träume und unsere Zukunft.
Plötzlich reißt Rebecca hysterisch die Tür auf.
„Ich habe meine Aufkleber für die Garderobe verloren, wir müssen sie unbedingt wiederfinden!“
Wir platzen fast vor Lachen. Rebecca hat uns wieder auf den Boden der Tatsachen geholt, und da wir gerade eben noch vor uns hin geträumt hatten, Schmetterlinge im Bauch flatterten und die Liebe über alles triumphierte, erscheint uns das Problem der hübschen Rothaarigen mehr als irreal.
Wütend stürmt Rebecca wieder hinaus. Unter meinem Hocker finde ich die besagten Aufkleber und ich laufe ihr nach, um sie ihr zu geben. Rebecca umarmt mich und dieser Anflug von Zuneigung überrascht mich; als ich sie aus Höflichkeit frage, ob alles in Ordnung ist, füllen sich ihre Augen mit Tränen.
„Allen ist dieser Ball scheißegal. Dabei feiern wir damit doch meine Rückkehr. Muss ich daraus schließen, dass sich keiner darüber freut, dass ich wieder hier bin?“
Ich bin wirklich nicht die richtige Person, um Rebecca zu trösten, ich bin hin- und hergerissen zwischen Verrat und Mitgefühl. Glücklicherweise tänzelt Sol gerade auf den Flur. Sie lächelt Rebecca an:
„Becca, hör auf zu weinen, das sind doch nur Aufkleber!“
Oh, oh, der Blick der großen Rothaarigen verändert sich. Ich erkenne den Blick wieder, mit dem sie mich an jenem Morgen, an dem sie so boshaft zu mir war, in der Küche angesehen hatte.
„Glaube nicht, dass du mit deinen Rehaugen über den Dingen stehst. Du bist verliebt, schön, aber wenn ich dich erinnern darf, schon zum tausendsten Mal. Außerdem …“, sie mustert sie von oben bis unten, „verzeih mir, wenn ich das sage, meine Liebe, aber du wirst Tausende Männer finden, die mit dir ins Bett steigen wollen, aber Männer, die dich heiraten wollen … Du hast doch keine Ahnung, was Liebe ist.“
Rebecca lacht triumphierend und lässt uns stehen, ich hätte Lust, ihr eine Ohrfeige zu geben. Solveig ist schockiert, sie schluckt, schließt die Augen und öffnet sie erst nach einigen Sekunden wieder.
„So eine Hexe.“
„Sie war traurig, Sol. Du darfst es ihr nicht übel nehmen.“
„Wie kannst du sie verteidigen, sie behandelt dich doch auch fast immer schlecht.“
„… Vielleicht, weil ich ein schlechtes Gewissen
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