Lloyd, Sienna
musst du mir erzählen?“
„Rebecca war niemals verschwunden.“
Mir bleibt das Herz stehen. Mir wird übel. Ich verstehe kein Wort und unzählige Fragen drängen sich in meinem Kopf auf. Solveig scheint erleichtert zu sein, doch nun brauche ich noch einen Drink.
Normalerweise bin ich unfähig, auch nur ein Wort zu sagen, wenn ich unter Schock stehe, ich flüchte mich in Schweigen. Trotzdem will ich unbedingt verstehen und sprechen.
Sol gibt Martin ein Zeichen und er bringt uns eine Flasche an den Tisch. Wir bleiben noch zwei Stunden sitzen und Solveig erzählt mir alles, sie erzählt mir von Gabriel und Rebecca ab der Zeit zwei Jahre vor ihrem Verschwinden bis heute. Ich hänge an ihren Lippen, diese Neuigkeiten bringen mich vollkommen durcheinander.
Erst spät in der Nacht kommen wir nach Hause, ich hatte vergessen, das Fenster zu schließen, und zum ersten Mal seit meiner Ankunft hier ist mir eiskalt. Auf meinem Kissen liegt eine Nachricht von Gabriel, bei der mir warm ums Herz wird:
„Lara Croft steht dir gut. Ich freue mich schon darauf, dich morgen kostümiert zu sehen. Ich küsse jeden Quadratzentimeter deiner zarten Haut. G.“
* * *
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Von: Rebecca
An: Solveig, Gabriel, Charles, Magda, Hello
Heute ist der GROSSE TAG, juhuuuuuuuuu!
Der Ball beginnt um 19:00. Ich verlasse mich darauf, dass ihr pünktlich seid, um meine Gäste zu empfangen. Ich selbst werde um 20:00 kommen, ein bisschen werden also alle auf mich warten müssen! Der Saal ist bereits dekoriert. Ich werde lange schlafen, aber geht nur und seht euch den Saal an, es sieht echt gut aus.
Ich kann es kaum mehr erwarten!
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Jetzt ist Rebecca wirklich hysterisch. Ich werde versuchen zu vergessen, was ich erfahren habe. Magda klopft an meine Tür, ich habe keine Ahnung, wofür ich es verdient habe, aber sie bringt mir mein Frühstück auf einem Rollwagen.
„Meine Kleine, das schickt Ihnen Sol, sie hat mir gesagt, dass Sie wohl einen anstrengenden Morgen haben werden. Habt ihr beiden letzte Nacht zu viel auf die Liebe getrunken?“
„Magda, erinnern Sie sich nicht? Ich habe in einer Bar gearbeitet, drei, vier Martinis sind nicht … Okay, ich habe Kopfschmerzen.“
„Das kommt aus der Küche des Grand Palais. Sie werden verwöhnt. Den Kaffee habe aber ich gemacht, und er ist genau so, wie Sie ihn lieben: stark und süß!“
„Sie sind wirklich ein Engel! Wie werden Sie sich heute Abend verkleiden?“
„Sie haben es schon erraten – als Engel!“
„Das passt perfekt!“
„Aber inzwischen muss ich mich noch verstecken, um nicht auf den bösen Drachen zu treffen …“
„Haha! Wo wir schon dabei sind – wo ist der Ballsaal?“
„Der ist auf dieser Etage. Steigen Sie in den Aufzug und drücken Sie auf PH.“
Magda geht wieder und ich sehe neugierig nach, welche Köstlichkeiten sich unter den schweren Glocken aus Silber befinden. Auf der einen Seite finde ich französisches Blätterteiggebäck, Karamellcreme und Crêpes. Auf der anderen Seite finde ich Rührei, gebratenen Speck und gegrillte Tomaten.
Um 17:00 schleiche ich im Jogginganzug durch den Flur in Richtung Penthouse, um den Ballsaal zu sehen. Eine weitere Aufzugstür öffnet sich zu einem Foyer, ein Tisch im Stil von Ludwig XV. steht vor einer leeren Garderobe, die für die Gäste bestimmt ist. Ich drücke die schweren Türen aus geschnitztem Holz auf und mir stockt der Atem, als ich den Saal sehe. Etwa zwei Dutzend Personen arbeiten auf Hochtouren, der Kronleuchter ist noch nicht hochgezogen, doch man kann bereits erahnen, wie er heute Abend erstrahlen wird.
Der Parkettboden ist frisch gebohnert und ich rutsche mehrere Male fast aus. An den Seiten des Saals stehen zwei enorm große Tische mit dicken Tischtüchern bereit, mit Köstlichkeiten beladen zu werden, und in der Mitte steht stolz eine Pyramide aus Champagnergläsern. Der DJ wird auf einem Podest stehen, hinter ihm befinden sich riesige Fenster, durch die man einen unvergleichlich schönen Blick über die Stadt hat. Ich sehe mir die Umgebung an und überlege, wo in etwa mein Haus stehen muss. Mein früheres Haus …
Als ich wieder in mein Zimmer gehe, träume ich schon von diesem Märchenabend, und ich schaffe es, mich darauf vorzubereiten, ohne an Solveigs düstere Offenbarung zu denken.
19:00. Ich bin zu spät dran. Ich zögere, meine Lippen zu schminken. Sol ist zu mir gekommen und hat mir „Smokey eyes“ gemacht. Sie ist die Einzige, die mich schon als Schwan gesehen hat. Ich konnte in ihren
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