Lloyd, Sienna
habe.“
„Hör auf, dich zu quälen, ich schwöre … Gehen wir miteinander etwas trinken? Ich glaube, es wird Zeit, dass du die Wahrheit erfährst.“
* * *
Nachts sieht das rote Viertel aus wie ein luxuriöser Jahrmarkt. Jedes Haus ist mit unzähligen bunten Girlanden geschmückt. Ich frage Sol, wie lange dieser weihnachtliche Lichterzauber dauert, doch sie antwortet, dass das rote Viertel das ganze Jahr über beleuchtet ist.
„Das ist so Tradition, wir mussten zu lange im Schatten leben, also haben wir eine große Liebe zu den Lichtern der Nacht entwickelt.“
Solveig und ich gehen zum Lac Tendre. Der kleine Hafen des roten Viertels wurde gebaut, um den Einwohnern das ganze Jahr über einen Anlegeplatz für ihre Jachten bieten zu können. Doch heute stehen hier keine Schiffe, denn der See ist eingefroren.
Wir unterhalten uns über Antoine, darüber, wie ungestüm er ist und wie heiß seine Küsse sind.
Wir befinden uns vor einem Hotel, dem Beau Rivage, und Sol schlägt vor, hier etwas zu trinken.
„Die meisten meiner Freunde hassen diesen Ort hier, er ist etwas altmodisch, aber …“
„Aber was?“
„Es ist der ideale Ort, um sich ungestört zu unterhalten.“
Wir betreten das leere Foyer, es ist warm, doch niemand empfängt uns. Ich habe mich in der letzten Zeit so sehr an einen Fünf-Sterne-Service gewöhnt, dass ich, obwohl wir uns in einem Luxushotel befinden, das Gefühl habe, in einer miesen Absteige zu stehen.
Sol biegt wortlos nach links ab und wir gehen an der verlassenen Rezeption vorbei. Als wir in die ebenfalls leere Hotelbar kommen, lächelt der Kellner an der Bar Sol freundlich an.
„Solveig, mein rosa Püppchen!“
„Martin, mein Barmann!“
„Einen Cosmo mit vielen Cranberrys und einer kandierten Kirsche … Und für Sie, Fräulein …?“
„Héloïse, verzeihen Sie, hier, ich habe einen Ausweis.“
„Solveigs Freunde sind auch meine Freunde, hier gibt es keine Ausweise, aber eine Bestellung!“
„Einen Martini bianco mit Limette.“
„Wollt ihr euch unterhalten oder bleibt ihr an der Bar?“
„Martin, du kennst mich doch!“
Ohne auf die Getränke zu warten, führt Sol mich in die Lounge. Unsere Schritte werden von einem dicken Teppich verschluckt und wir setzen uns auf eine etwas abgenutzte, aber sehr bequeme Velourscouch.
„Du musst mir verzeihen, Hello.“
„Was?“
„Dass ich beleidigt auf dich war wie ein kleines Mädchen. Ich wusste nicht, was zwischen Gabriel und dir vor sich geht. Ich stand unter Schock, ich hätte mir niemals vorstellen können … Ich hatte gedacht, du wärst total prüde … Ich meine, ich will damit nicht sagen, dass du eine …“
Ich muss lachen, als Solveig sich in ihren Entschuldigungen verstrickt und nicht die richtigen Worte findet, doch ich verstehe, was sie meint. Martin unterbricht uns und bringt unsere Drinks. Ich nippe an meinem, Sol stürzt ihren Cosmo in einem Zug hinunter. Dann spricht sie weiter.
„Auf jeden Fall habe ich mit Gabriel gesprochen und …“
„Du hast mit Gabriel über „uns“ gesprochen???“
„Ja. Er ist zu mir gekommen, ich dachte, er will mich überreden, Rebecca nichts zu erzählen, aber er hat nur über dich gesprochen. Über deinen Schmerz, deine Güte, eure … Gefühle füreinander.“
„Oh.“
„An diesem Tag hatte ich Antoine kennengelernt und mein Herz war offen genug, um Gabriel zuzuhören. Es ging ihm sehr schlecht. Er hat sich an allem die Schuld gegeben, er hat mir irrsinnig leidgetan und ich konnte ihm nicht sagen …“
Martin bringt Sol einen zweiten Drink, als könnte er ihre Gedanken lesen. Sie spielt mit der Kirsche, lässt sie in der rosa Flüssigkeit schwimmen und versucht dann, sie unterzutauchen. Ich könnte diesem Tanz ewig zusehen, doch ich bin ungeduldig und gespannt darauf, wie es weitergeht.
„Solveig …“
„Ja, Entschuldigung. Ich habe dann auf jeden Fall verstanden, dass ihr einander liebt und diese Situation alles andere als leicht für euch ist.“
„Und das konntest du ihm nicht sagen?“
Sie nimmt das Cocktailglas in ihre zarten Hände und leert es wieder in einem Zug. Dann sieht sie zum Himmel, als würde sie sich von dort Mut erflehen wollen.
„Okay, ich muss mit jemandem darüber reden, Hello, aber du musst mir schwören, dass du Gabriel nichts davon erzählst. Das ist unser Geheimnis. NIEMAND darf davon erfahren. Ich will nur, dass du weißt, dass du nicht schuld bist …“
„Solveig, du beunruhigst mich, was für eine schlimme Sache
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