Lob der Torheit
Liebe zu himmlischen Dingen nachzueifern trachten! Und doch wäre dieses der echteste, sich auch den Himmelsbewohnern anpreisende, Gottesdienst.
Ferner, warum sollte mir nach einem Tempel verlangen, da mir (wenn ich mich nicht irre) die ganze Welt zum Schönsten dient? So lange noch Menschen sind, wirds mir an Verehrern nicht fehlen. Eine solche Närrin bin ich nicht, daß ich nach steinernen und mit Farben überschmierten Bildern lüstern sein sollte; solche Dinge sind bloß Abhaltungen von einer echten Verehrung, indem Leute, die nichts als Fleisch und Blut sind, die Zeichen für die Heiligen selbst nehmen und anbeten; und dann geht es uns wie denen, die durch ihre eigenen Statthalter vertrieben werden. Ich halte dafür, mir seien eben so viele Bildsäulen errichtet, als es Sterbliche gibt, die, wenn sie es auch selbst nicht meinen, lebhafte Bilder von mir sind. Ich beneide die übrigen Götter nicht, wenn die Einen in diesem und die Andern in jenem Winkel der Welt und zwar an gesetzten Tagen angebetet werden: zum Exempel Phöbus in Rhodos, Venus in Zypern, Juno in Argos, Minerva in Athen, Jupiter auf dem Olymp, Neptun zu Tarent, Priapus in Lampsokus; die ganze Welt wird stets fortfahren, mir weit trefflichere Opfer darzubringen.
Es könnte das Ansehen haben, ich sei verwegen genug, die Wahrheit vorbei zu gehen. Lasset uns aber das Leben der Menschen etwas näher betrachten, um an den Tag zu bringen, wie vieles die Menschen, vom höchsten Range bis zum niedersten, mir zu verdanken haben und wie hoch sie mich auch wirklich schätzen. Wir wollen nicht das ganze Leben eines jeden durchgehen, welches viel zu weit führen würde, sondern nur das Leben der Vornehmsten berühren, wo es dann leicht sein wird, den Schluß auch auf die übrigen zu machen.
Was den gemeinen Pöbel betrifft, so steht er augenscheinlich auf meinen Seiten: er zeigt sich allerorten in so vielerlei Gestalten der Narrheit, täglich sinnt er diesorts so viele neue Moden aus, daß tausend Demokritusse nicht zureichend wären, sie gebührend zu belachen; und noch ein Demokritus wäre nötig, um über diese tausend zu lachen. Man würde keinen Glauben finden, wenn man es sagen sollte, wie lustig sich täglich die Götter über die Menschengeschöpfe machen. Die Götter bringen ihre nüchternen vormittägigen Stunden damit zu, daß sie zanksüchtigen Menschen, die sich bei ihnen Rat erholen, Verhör erteilen und auf die Gelübde horchen, die man an sie richtet; wenn einmal der Nektar ihnen in den Kopf gestiegen ist und sie zu nichts Ernsthaftem mehr aufgelegt sind, so setzen sie sich auf das äußerste Vorgebirg des Himmels und begaffen mit ausgestrecktem Halse das Tun und Lassen der Menschen. Von einem angenehmern Schauspiele wissen sie nichts. O welche eine Schaubühne, auf welcher sich so vielerlei Narren drängen! Auch ich setzte mich zuweilen in den Kreis der poetischen Götter.
Dieser ist sterblich in ein Mädchen verliebt; und wie weniger er geliebt wird, desto rasender liebt er. Jener vermählt sich mit der Morgengabe, nicht mit der Tochter. Dieser führt gefällig seine Gemahlin einem Anderen selbst zu. Jener bewacht sie aus Eifersucht wie ein zweiter Argus. O welche törichte Dinge sagt und tut nicht dieser in seiner Trauer! Leute, die besser nicht sind als Possenreißer, bezahlt er, um das Trauerspiel stattlich auszuführen. Jener weint beim Grabe seiner Stiefmutter. Dieser jagt alles, was er immer aufbringen kann, durch die Gurgel, um ja bald verhungern zu müssen. Jenem behagt nichts besser als schlafen und nichts tun. Es gibt Leute, die in Betreibung der Geschäfte Anderer schwitzen und keichen, indem sie die ihrigen vernachlässigen. Es gibt Andere, die Geld aufnehmen, um ihre Schulden abtragen zu können; beim fremden Gelde dünken sie sich so lange reich zu sein bis sie ihren ganzen übrigen Bettel den Gläubigern überlassen müssen. Es fehlt an solchen nicht, die alles vollauf haben und arm leben, um ihren Erben Reichtümer zu hinterlassen. Um eines kleinen und Ungewissen Gewinnes willen, durchfährt Einer alle Meere, sein mit keinem Gelde zu ersetzendes Leben den Wellen und Winden anvertrauend. Ein Anderer will lieber sein Glück im Kriege suchen, als zu Hause sicher, ruhig und gemächlich leben. Man glaubt, der leichteste Weg, reich zu werden, sei, sich bei kinderlosen Alten einzuschmeicheln; oder bei einem steinreichen Mütterchen Hahn im Korbe zu sein. Beide machen, daß die auf sie achthabenden Götter von Herzen lachen, wenn
Weitere Kostenlose Bücher