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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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sie in eben den Stricken, die sie Andern legen, selbst gefangen werden.
    Es gibt eine recht närrische und schändliche Art von Kaufleuten, die sich mit schändlichen Dingen und auf eine schändliche Weise abgeben: lügen, schwören, stehlen, betrügen, übersetzen sind bei ihnen etwas Gewöhnliches; und doch sträuben sie sich so, als ob ihnen durchgehends der Vorrang gebühre, weil sich ihre Geldkisten wohl bespickt befinden. Auch im geistlichen Stande fehlt es ihnen an Schmeichlern nicht, von denen sie bewundert und als hochachtungswürdige Leute gepriesen werden, nur damit sie ihnen etwas weniges von dem mit Unrecht erworbenen Vermögen zufließen lassen.
    Einigen von der Sorte des Pythagoras scheint alles so sehr teil und gemein zu sein, daß sie alles, was von Andern nicht auf das Sorgfältigste verwahrt wird, als ob es ihr rechtmäßiges Erbgut wäre, an sich ziehen. Es gibt deren, die nur in ihren Wünschen und Hoffnungen reich sind; sie lassen sich recht angenehme Dinge träumen und stehen in dem Wahne, zur Glückseligkeit werde weiter nichts erfordert. Einige haben das Vergnügen, daß man sie für reiche Leute hält; und zu Hause können sie sich kümmerlich des Hungers erwehren. Dieser läßt es an nichts fehlen, das Seinige recht geschwind durchzubringen; jener vermehrt es mit Recht und Unrecht. Der Eine durchläuft alle Straßen, um sich Stimmen zu einem Amte zu erbetteln; der Andere lebt zufrieden, indem er in seinem Ofenwinkel verrostet. Viele verwickeln sich in Rechtshändel, die kein Ende nehmen und bemühen sich beiderseits wie um die Wette, einen zögernden Richter und schelmischen Fürsprecher reich zu machen. Dieser sinnt immer auf Neuerungen; jener geht stets mit großen Entwürfen schwanger. Dort ist einer, der nach Jerusalem, Rom, Compostell, wo er keine Geschäfte hat, als Pilger zieht und inzwischen Weib und Kinder zu Hause darben läßt.
    Wenn Sie, meine Herren, (gleich dem Menippus beim Lucian) das unzählbare Gewirre der Sterblichen vom Monde herab sehen könnten, so würd es Sie dünken, Sie sehen Heere von Mücken oder Schnaken, die sich unter einander erzanken, bekriegen, belauern, berauben, spielen, Mutwillen treiben, geboren werden, fallen, sterben. Es ist nicht zu ersagen noch zu erglauben, wie viel verwirrtes Gezeug und Unheil ein so kleines und hinfälliges Tierchen stifte. Etwann reißt ein kleiner Kriegs- oder Peststurm auf einmal bei vielen tausenden hin. Ich würde aber eine Erznärrin sein und würdig, daß Demokritus sein ganzes Lachen über mich ausschütte, wenn ich fortfahren würde, allen Pöbelswahnsinn in seinen so vielen Gestalten daher zu zählen. Ich werde mich an die halten, von denen man glaubt, daß sie alle Weisheit verschlungen haben:
    An der Spitze treten die Grammatiker auf, ein pedantisches Völkchen; elender könnt es um sie nicht stehen und die Götter selbst würden sie anfeinden, wenn nicht ich ihren Jammer mit einer angenehmen Art von Wahnsinne gemildert hätte. Griechen haben ein Sprüchwort von fünf Plagen, hier aber findet man bei tausenden: Hunger und Durst martert sie; beschmutzt, bestaubt, sitzen sie in ihren Schulen, Jammerlöchern, rechten Zuchthäusern; bei den Folterbänken, unter einer Herde von Buben, werden sie bei der Arbeit eselsgrau, durch Geschrei betäubt, durch Hitze und Gestank ausgedörrt; und doch (Dank haben sie mir) dünken sie sich die Ersten unter den Menschen zu sein. Sie genießen einer rechten Herzenslust, wenn sie mit ihrem Tyrannengesichte, ihrer Donnerstimme, dem bebenden Häuflein einen Schrecken einjagen können; mit Stöcken und Ruten dreschen sie auf die armen Jungen zu; und indem sie nach Willkür auf vielerlei Weise wüten, geht es ihnen wie dem Esel in der Löwenhaut.
    Ihr schmutziger Unrat deucht sie Reinlichkeit zu sein; ihre Nase haben sie zum Wohlgeruche des Gestanks gewöhnt; in ihrer jämmerlichen Sklaverei dünken sie sich Könige zu sein; und ihre Tyrannenmonarchie würden sie nicht mit der Herrschaft eines Phalaris oder Dionisius vertauschen. Noch beglückter macht sie ihre seltsame Überzeugung, daß sie grundgelehrte Männer seien. Alldieweil sie den Schuljungen lauter Wahnsinn einbläuen, denken sie Wunder wie weit sie sich über einem Palämon, einen Donat, hinaufgeschwungen haben. Und ich weiß nicht, durch welche Zauberkünste sie es zu Stande gebracht haben, daß sie närrischen Müttern und dummen Vätern, gerade so vorkommen, wie sie sich selbst zu sein glauben. Wollust ists für einen solchen,

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