Lob der Torheit
denn sie martern sich selbst beständig; sie flicken hier zu, ändern, streichen weg, setzen wieder hin, wiederholen, wärmen auf, erholen sich Rats, haltens neun oder zehn Jahre zurück, sind nie mit sich selbst zufrieden; eine nichtswerte Belohnung, das Lob einiger weniger erkaufen sie teuer, viele Nächte hindurch sich des Schlafes beraubend, des angenehmsten Dinges von der Welt; bei vielem Schweiß und Grame ist ihr Verlust groß; ihre Gesundheit wird vergeudet; die Schönheit geht zu Grunde; sie werden triefäugig, wo nicht gar blind; ziehen sich Armut und Neid zu, finden nirgends einen Eingang zum Vergnügen, altern und sterben vor der Zeit und so weiter. Ein solcher Weiser meint, alles dieses Übel werde ihm reichlich dadurch ersetzt, daß hier oder da ein Blinzer ihn seines Beifalls gewährt.
Weit glücklicher ist ein Schriftsteller, der sich bei seinen Träumereien an mich hält; er darf sich den schalen Kopf nicht zerbrechen; wie es ihm einfällt, in die Feder schießt, träumt, setzt er es sogleich auf; es geht dabei nichts verloren, als ein wenig Papier; er ist des Erfolgs versichert: je possenhaftere Possen er schreibt, von desto mehrern, das ist allen Narren und Dummköpfen, erhält es Beifall. Es kostet ja keine Mühe, drei oder vier Gelehrten (gesetzt, daß sie es lesen) zu verachten. Der Ausspruch so wenig Weiser gilt, bei einem so unzählbaren Haufen der Widersprecher, so viel als nichts.
Auch die verstehen die Sache besser, die eine fremde Arbeit für die ihrige ausgeben; den Ruhm, um den Andern mit großer Mühe gearbeitet haben, ziehen sie leicht an sich; ja, eines gelehrten Diebstahls wird man sie anklagen; das aber, darauf sie sich verlassen, ist dieses: sie werden sich wenigstens bis dahin die Sache zu Nutze machen. Es ist der Mühe wert, Acht darauf zu haben, wie vieles diese sich darauf zu Gute tun, wenn man sie auf den Straßen lobt, im Gedränge mit Fingern auf sie weist und spricht: sehet, dort geht der grundgelehrte Mann! Auf den Läden der Buchhändler stehen ihre Werke feil; auf den Titelblättern liest man ihre auf verschiedene Weise verkünstelten Namen, die ein ganz fremdes und magisches Ansehen haben. Und diese Namen, o Himmel, was sind sie anders als Namen? Anbei sind sie in dieser großen weiten Welt nur sehr wenigen bekannt; und noch von weit wenigen werden sie gelobt: denn auch bei den Ungelehrten hat jeder seinen eigenen Geschmack. Nicht selten sind diese Namen erdichtet, oder aus den Schriften der Alten an Kindesstatt angenommen. Der eine nennt sich Telemachus, ein anderer Stelenus, ein dritte Laentes, ein vierter Polykratus, ein fünfter Thrasymachus, und so weiter. Mit eben so gutem Fuge könnten sie ihr Buch Cameleon betiteln, oder Krautkopf, oder A oder B oder C, und so weiter.
Das Artigste ist, wenn sie sich unter einander, die Narren und Dummköpfe, in ihren Briefen und Versen panegyrisieren. Dieser nennt jenen seine Alcäus, und bekommt zur Dankbarkeit den Titel Callimachus. Sie, mein Herr, spricht Einer, sind beredter als Cicero; und Sie, erwidert der Andere, sind gelehrter als Plato. Etwann fordert man einen Gegner zum Kampf heraus, um sich durch einen Klopffechterstreich einen noch größern Ruhm zu erwerben: dann wankt der gaffende Pöbel, unentschlossen, welcher Seite er Beifall zujauchzen wolle; bis daß es heißt, jeder der beiden Streiter habe den Sieg erfochten, und beiden wird die Ehre des Triumphes zuerkannt. Hier lachen die Weisen, als über eine Erznarrheit. So mag es sein; niemand leugnet es: inzwischen aber verdanken es die Streiter mir, daß sie ein vergnügtes Leben haben, und ihre Triumphe mit keinem der Scipionen vertauschen wollen. Auch die Gelehrten, die hierüber recht von Herzen lachen, und sich an dem Wahnsinne Anderer belustigen, sind mir vieles schuldig, und werden es nicht leugnen, wenn sie ja nicht die Undankbarkeit bis ins Unverschämte treiben wollen.
Die Rechtsgelehrten wollen allen Andern den Rang ablaufen. Das ist ein Völkchen, das vor allem austrefflich mit sich selbst zufrieden ist. Wenn man sich einen Begriff von ihrer Arbeit machen will, so mache man sich mit den Bemühungen des Sistyphus, und dem Erfolge derselben, bekannt. In einem Atemzuge stoppeln sie viele hundert Gesetze zusammen. Gehören sie auch zur Sache? Davon ist die Frage nicht. Wenn nur Kunstwörter auf Kunstwörter, Meinungen auf Meinungen gehäuft stehen; und die Leute wunder denken, welch eine riesenmäßige Arbeit diese Herren zu Stande gebracht haben: denn
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