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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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Dummen munter, erleichtert die Kranken, besänftigt die Wütenden, stellt die Liebe wieder her, macht die Versöhnlichkeit dauerhaft, locket die Jugend zum Lernen an, belustigt die Alten, ermahnt und unterrichtet die Fürsten auf eine glimpfliche Weise, indem sie dieselben bloß zu loben scheint; kurz, sie bringts zu Stande, daß jeder sich seiner mehr freut und sich selbst mehr liebt; und dieses macht bei der Glückseligkeit gewiß die Hauptsache aus.
    Was kann dienstfertiger sein als wenn zwei Esel wechselweise einander krätzen? Ich habe nicht nötig, erst zu sagen, daß ein solches Betragen einen großen Teil der gelobten Beredsamkeit ausmacht, einen größern der Arzeneikunst, und den größten der Dichtkunst; daß in derselben auch alles bestehe, was das gesellschaftliche Leben aufs lieblichste durchwürzen kann. Aber betrogen werden (sagen die Weisen) ist ja ein großes Elend. Nicht betrogen werden (sag ich) ist das allergrößte. Man kann nicht ärger ausschweifen als wenn man sich in Kopf setzt, die Glückseligkeit des Menschen besteh in den Dingen selbst. Vom Wahne hängt sie ab; denn in dem menschlichen Wesen ist alles so dunkel, einander so entgegen gesetzt, daß nichts sich deutlich wissen läßt; wie meine Akademiker es sehr richtig bemerkt haben; und hierin erwiesen sie sich gewiß nicht als stolze Philosophen. Wenn sich auch je etwas wissen läßt, so benimmt es nicht selten dem Leben seine Freude. Der Mensch ist einmal so: Schminke ist ihm reizender als Wahrheit.
    Wenn sich jemand hievon durch eine deutliche und handgreifliche Erfahrung überzeugen will, so stell er sich nur unter einen Predigtstuhl und sehe, wie alles (sobald darauf etwas Ernsthaftes verhandelt wird) schläft, gähnt, hustet, sich schneuzt, vor Ekel erblaßt; wenn hingegen der Kanzelschreier (ich irre mich, Redner wollte ich sagen) nach Gewohnheit ein altes Weibermärlein anfängt, erwacht alles, richtet sich auf, spitzt gierig die Ohren. Und wenn die Rede auf einen Heiligen kommt, von dem mehr Dichterisches und Heldenmäßiges zu erwarten steht, zum Exempel, einen Georg, einen Christoph, eine Barbara, o dann ist man mit einer größeren Andacht bereit, als wenn man nur mit einem Petrus und Paulus oder auch Christus unterhalten wird! Aber hier ist davon die Rede nicht.
    Vermittelst des Wahnes läßt sichs, ohne so großen Aufwand zur Glückseligkeit kommen. Was die Dinge selbst betrifft, so hat man oft große Mühe, sich auch nur die geringsten derselben anzuschaffen: man denke nur, was für Schweiß schon die Grammatik ausgetrieben hat. Zum Wahne, die zur Glückseligkeit noch weit mehr beiträgt, gelangt man sehr leicht. Dort ist einer, dem seine faulen Fische, von welchen ein Anderer die Nase zuhält, recht königlich schmecken; gewiß ist er dabei glücklich; und dieses wäre da nicht, wenn man ihm den köstlich bereiteten und frischen Störfisch, vor dem ihm aber ekelt, aufgetischt hätte. Jemand hat eine von Herzen häßliche Frau, findet sie aber schön wie Venus; ists ihm nicht einerlei, ob sie ist, wie sie ist, oder ein Muster der Schönheit wäre. Jener hat eine Tafel, darauf ein elendes Geschmiere ist, hält sie aber für die Arbeit eines Apelles oder Zeuxis, und kann sie nicht genug bewundern; ist er nicht glücklicher als ein Anderer, der wirklich ein Stück von der Hand dieser Künstler mit schwerem Geld erkauft hat, aber dabei kein so großes Vergnügen in sich fühlt.
    Ich kenne einen Menschen, der die Ehre hat, mein Namensverwandter zu sein; er verehrte seiner Braut etliche falsche Demante und beredete sie (das Bereden verstand er meisterhaft) sie seien nicht nur echt, sondern auch von einem unschätzbaren Werte. Man sage mir einmal, was ging dem Mädchen ab? Sie weidete an den Gläschen Augen und Herz, als ob sie einen großen Schatz in ihrem Besitze hätte. Inzwischen hatte der Mann sich einen großen Aufwand erspart und machte sich des Irrtums seines Weibchens zu Nutze; sie war ihm um kein Haar weniger verbunden, als ob er ihr das allerkostbarste geschenkt hätte.
    Plato dichtet: in einer Höhle sitzen Leute, welche nur die Schattenbilder verschiedener Dinge sehen und bewundern; sie verlangen weiter nichts und sind trefflich mit ihrem Zustande zufrieden. Nun, was hat der Weise, der sich aus der Höhle herausschleicht und das Wesentliche jener Bilder angafft, vor jenen voraus? Wenn der Schuhflicker Mycillus, von dem uns Lucian eine Erzählung macht und der sich im Traume ein reicher Mann zu sein einbildete, stets

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