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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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Flora, die Mutter aller Wollüste?
    Wie steht es um das Tun und Lassen der sauern Götter? Wenn man sich darüber bei dem Homer, und den übrigen Dichtern, Rats erholt, so zeigt sichs, daß es selbst ihnen an nichts weniger fehle, als an Narrheit. Was würd es helfen, die Taten der Andern weitläufig zu erzählen, da alle Welt von der Verliebtheit und den Narrenteidungen Jupiters, des Donnergottes, nur zu vieles zu sagen hat? Die strenge Diana, die auf ihren beständigen Jagdschwärmereien ihres Geschlechts vergißt, wie jämmerlich hat sie sich nicht in ihren Endymion verliebt? Doch mir wär es lieber, wenn die Götter sich ihre Geschichte von dem Momus wollten erzählen lassen, der sie ihnen ehedem oft vorgepredigt hat: aber neulich stürzten sie ihn im Zorne, samt der keifenden Ate, auf die Erde hinab, weil er, der Verdrießliche, neidisch auf das Glück der Götter, ihnen mit seiner Weisheit stets in den Ohren lag; kein Sterblicher würdigt ihn, ihn unter Dach zu nehmen; und noch weniger findet er einen Eingang an den Höfen der Fürsten, wo mein Folgemädchen, die schmeichelnde Kolakia, in der größten Achtung steht; und mit ihr stimmt Momus so wenig überein, als der Wolf mit dem Lamme.
    Also haben die Götter sich von dem Momus los gemacht; und jetzt können sie, von jedem Sittenrichter befreit, frei und lustig den Narren spielen. Priapus, ehedem ein Feigenklotz, was bringt er jetzt nicht für Scherze hervor! Merkur, mit seinen Diebereien und Taschenspielerstreichen, setzt alles ins Lachen. Selbst Vulkan spielt im Gelache der Götter den Stocknarren, und läßts am Herumhinken, an Spöttereien, an lächerlichen Sprüchen nicht fehlen, die Trinkgesellschaft bei guter Laune zu erhalten. Sogar Silen, der alte Verliebte, hüpft im ländlichen Tanze mit dem Polyphem, und den barfüßigen Nymphen, wacker umher. Satyren ertanzen sich mit ihren Bockspringen. Pan, mit einem ungesalzenen Liedchen, bringt alles ins Lautlachen: lieber hört man ihn, als die Musen; besonders wenn der Nektar anfängt in den Kopf hinaufzudünsten. O was könnte ich hier für herrliche Dinge von der Wirtschaft der sich sattgenektarisierten Götter sagen! Da, da gehts (beim Herkules schwör ich!) so närrisch her, daß ich, ich selbst, mich zuweilen des Lachens nicht erwehren kann. Doch besser ists, ich lege, gleich dem Harpokrates, den Finger auf den Mund; leicht könnte sonst ein corycäisch-auflauernder Gott zuhorchen, wenn ich Dinge erzählte, die selbst dem Momus nicht unbestraft entwischet sind.
    Es ist Zeit, daß ich, nach homerischer Weise, von den Himmelsbewohnern zu den Kindern der Erde herabschlendre. Ach da, werden wir sehen, daß sich nichts Freudiges und Glückliches befinde, das nicht mein Geschenk ist.
    Sie sehen meine Herren, wie vorsichtig die Natur, die Mutter und Schöpferin des Menschengeschlechts, alles mit Narrheit durchwürzt hat! Die Stoiker, die es in der Kunst des Beschreibens weit gebracht haben, sagen: sich durch die Vernunft führen lassen sei Weisheit; Narrheit sei es, wenn man sich nach der Willkür der Leidenschaften richte. Nun, damit das Leben der Menschen nicht etwas ganz trauriges und finsteres sein müsse, hat Jupiter in ein Pfund von Leidenschaften kaum eine Unze Vernunft gemengt; die Vernunft hat er in einen kleinen Winkel des Kopfes gebannt, und den ganzen Leib den regen Leidenschaften zum Taumelplatz angewiesen. Der Vernunft hat er zwei der heftigen Tyrannen entgegen gesetzt; den Zorn, der seine Herrschaft in der Burg und der Quelle des Lebens hat, in dem Herzen; und die Lüsternheit, die in der Gegend des Unterleibes alles zum Gehorsame nötigt. Was die Vernunft wider diese zwei Feinde vermöge, zeigt sich zureichend aus dem gemeinen Betragen der Menschen; sie schreit sich heischer, um ihnen ihre Tugendsprüchgen einzupredigen; aber um den Zügel ihrer Königin bekümmern sie sich wenig, und treiben die Widerspenstigkeit so weit, daß endlich die müde Fürstin sich zum Nachgeben gezwungen sieht, und sich alles gefallen läßt.
    Weil der Mann zur Betreibung der Geschäfte geboren ist, so mußte ihm von der Unze der Vernunft etwas mehrers eingepfropft werden. Damit auch dieses richtig angeordnet werde, ward ich, wie über alles andere, zu Rat gezogen; und ich tat einen Vorschlag, der meiner würdig war: man soll ihm ein Weib zugesellen; ein närrisches und schwindlichtes Tier, aber zugleich ein holdes und lächerliches; ein Hausmittel, welches das Düstere des männlichen Scharfsinns durch

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