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Lob der Torheit

Lob der Torheit

Titel: Lob der Torheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erasmus von Rotterdam
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die Hand, das Ohr, irgend eines der für ehrhaft gehaltenen Kleider, die zur Zeugung der Götter und Menschen erfordert werden? Mich deucht es nicht; es ist etwas so Närrisches und Lächerliches, daß Sie, meine Herren und Damen, wenn ich es nennen sollte, sich des Lachens nicht enthalten würden, dem man diese Ehre zuerkennen muß. Dieses ist weit richtiger, als jener pythagorische Quaternio, die heilige Quelle, aus welcher alles das Leben schöpft.
    Wo ist der Mann, der dem ehelichen Kapzaume sein Maul darreichen würde, wenn er vorher (wie jene weisen Leute zu tun gewohnt sind) allen Jammer des Ehestandes erwogen hätte? Welche Frau würde zur vertrauten Unterhaltung mit dem Manne sich entschließen, wenn ihr ein Gedanke an die gefährliche Geburtsarbeit und das verdrießliche Ammengeschäft käme? Da Sie also, meine Herren, ihr Leben dem Ehestande, und diesen der Anoia, meinem hirnlosen Aufwartsmädchen, zu verdanken haben, so ist es Ihnen leicht auszurechnen, in welcher tiefen Schuld Sie bei mir stehen. Die, welche einmal in dieser Not gewesen ist, würde sich nicht wieder darin wagen, wenn sie sich nicht an meine Gefährtin, die vergeßliche Lethe, gehalten hätte. Venus selbst (Lucrez mag sagen, was er will!) wirds nicht leugnen, daß es ohne meine Hinzukunst um ihre ganze Kraft etwas Ohnmächtiges und Unnützes sein würde. Mein Spielwerke mag auch noch so taumelnd und lächerlich sein, so entstanden doch aus ihm jene steifen Philosophen, an deren Stelle sich jetzt die befinden, die man Mönche zu nennen pflegt; in Purpur gekleidete Könige, fromme Priester, und dreimal allerheiligste Päpste; ja die ganze Zunft der poetischen Götter, so zahlreich, daß der Olymp (dessen Raum eben so klein nicht ist) sie kaum fassen kann. Ich würde mit mir selbst nicht zufrieden sein, wenn man nur bloß die Quelle und Pflanzschule des Lebens mir zu verdanken hätte; ich will zeigen, daß auch alle Bequemlichkeiten des Lebens von mir herkommen.
    Was ist dieses Leben, verdient es auch nur den Namen des Lebens, wenn man das Vergnügen davon wegnimmt? O ja! Sie, meine Herren, klatschen mir Ihren Beifall zu! ich wußte es wohl, daß niemand unter Ihnen so weise ist, oder so närrisch, nein, so weise, daß er solche Gedanken hegen sollte. Selbst die Stoiker verachten die Wollust nicht, ob sie sich gleich aufs Geflissenste verstellen, und sie öffentlich mit tausenderlei Schimpfnamen belegen; die Duckmäusler, nur um andere davon wegzuscheuchen, und sich eines desto größern Teils derselben zu versichern. Aber beim Jupiter fordere ich sie auf, diese Heuchler, mir zu sagen, welcher Teil des Lebens nicht traurig, unlustig, ekelhaft, abgeschmackt, lästig wäre, wenn ich nicht dabei für Salz und Gewürze sorgte? Den Sophokles (Und wer ist im Stande diesen Mann genug zu loben?) kann ich hierüber zum unverwerflichen Zeugen aufführen, indem er, um mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ausrief: Weg mit Weisheit, wenn man sich des Lebens recht erfreuen will!
    Wir wollen eines nach dem andern beherzigen. Wer weiß nicht, daß die erste Szene der Kindheit die freudigste und angenehmste ist? Was befindet sich in den Kindern, das uns auffordert, sie zu küssen, zu umarmen, ihnen zu schmeicheln? das die Hand des rohsten Feindes nötigt, sie aus jeder Not zu retten? Anders ists nichts als dieses. Die vorsichtige Natur hat sich Mühe gegeben, die Säuglinge mit der Gabe närrischer Schmeicheleien zu versehen, damit sie mit einer angenehmen Art von Ersatze die Arbeit der sie Besorgenden erwidern und zugleich ihnen fernere Mühwaltungen scherzhaft abbetteln.
    Wenn sie die kindlichen Jahre mit den jugendlichen vertauscht haben, so versichern sie sich der Huld jedermanns; man liebt sie; ereifert sich, ihnen nützlich zu sein; springt ihnen bei allen Anlässen dienstfertig bei. Und wer hat sie mit einem solchen herzengewinnenden Wesen versehen? Niemand als ich. Weil ich ihnen meine Huld schenke, so sind sie noch fern von aller Weisheit, und folglich von allem Grame. Sobald sie zu mehrern Jahren gelangen, und beim Unterricht und dem Umgange mit der Welt, den verwünschten Weg der männlichen Weisheit betreten (ich will eine Erzlügnerin sein, wenn ich nicht die Wahrheit rede!), so ist es um die Blüte ihres aufgehellten Wesens geschehen; ihre Munterkeit fällt ins Träge; ihr artiges Betragen sinkt ins Frostige; die Lebhaftigkeit erstirbt.
    Je weiter der Mensch sich von mir entfernt, desto minder entfernt er sich des Lebens; und endlich wird

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