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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Offiziere fuhr mit wütendem Grunzen von seinem Schemel hoch, seine Hand griff wie von selbst nach dem Säbel. Er löste den Griff von der Scheide, und dem Dichter glänzten zehn Zentimeter Stahl als Warnung entgegen. Der Thon faßte den Offizier beim Arm und versuchte, die Klinge in die Scheide zurückzustoßen, es war wie das Zerren am Arm eines Marmorbildes.
    »Ah, ein Künstler des Degens wie auch der Zeichenfeder!« höhnte der Dichter, der offensichtlich das Sterben nicht fürchtete. »Eure Skizzen der Verteidigungsanlagen der Abtei verheißen eine so großartige…«
    Der Offizier bellte einen Fluch und riß die Klinge ganz aus der Scheide. Doch seine Kameraden hielten ihn fest, bevor er noch losstürzen konnte. Aus der Klostergemeinschaft stiegen Laute der Überraschung empor, und die Mönche standen erschrocken auf. Der Dichter lächelte freundlich weiter.
    »… Entwicklung zum Künstlerischen hin«, fuhr er fort, »daß ich zu sagen wage, eines Tages wird Eure Zeichnung der unterirdischen Gänge in einem kunsthistorischen Museum aufge…«
    Unter dem Tisch klang ein dumpfes Bumm! hervor. Mitten im Beißen hielt der Dichter inne, nahm einen Knochen aus dem Mund und erbleichte langsam. Er kaute, schluckte und verlor weiter an Farbe. Er starrte geistesabwesend in die Höhe.
    »Ihr zerdrückt sie mir noch ganz«, murmelte er, kaum die Mundwinkel verziehend.
    »Fertig mit dem Reden?« fragte der Abt und ließ den Absatz weiter mahlen.
    »Ich glaube, mir ist ein Knochen im Schlund steckengeblieben«, gestand der Dichter.
    »Ihr möchtet entschuldigt werden?«
    »Ich fürchte, ich kann nicht anders.«
    »Zu schade. Wir werden Euch missen.« Paulo versetzte der großen Zehe noch einen wohlgezielten letzten Tritt. »Ihr könnt gehen, wenn Ihr wollt.«
    Der Dichter atmete heftig aus, wischte sich den Mund und erhob sich. Er trank seinen Pokal aus und stellte ihn umgekehrt in die Mitte des Tisches. Etwas an seinem Gebaren zwang alle, ihm zuzusehen. Mit einem Daumen zog er sein Augenlid herunter, beugte seinen Kopf über seine geöffnete Handfläche und drückte. Das Auge hüpfte auf seine Hand heraus, was die Texarkaner, die offensichtlich nichts vom künstlichen Augapfel des Dichters wußten, veranlaßte, würgende Laute auszustoßen. »Behalt ihn gut im Auge«, sagte der Dichter zum Glasauge, und legte es dann auf den nach oben gedrehten Fuß des Pokals, von wo aus es Thon Taddeo unheilvoll anstarrte. »Meine Herren, einen guten Abend«, rief er der Gruppe aufmunternd zu und schritt von dannen.
    Der erboste Offizier murmelte einen Fluch und wand sich, um aus dem Griff seiner Kameraden freizukommen.
    »Führt ihn aufs Quartier zurück und bleibt bei ihm, bis er sich abgekühlt hat«, ersuchte sie der Thon. »Und paßt auf, daß er den Narren da nicht in die Finger kriegt.«
    »Ich bin tief beschämt«, sagte er zum Abt, als man den Wachoffizier blaß vor Wut wegschleppte. »Sie gehören nicht zu meiner Dienerschaft, und ich kann ihnen keine Befehle erteilen. Aber ich verspreche Euch, er wird deswegen noch vor mir kriechen. Und sollte er sich weigern, sich zu entschuldigen und abzureisen, dann wird noch vor morgen mittag sein voreiliges Schwert sich mit meinem messen müssen.«
    »Kein Blutvergießen!« bat der Priester. »Eine Belanglosigkeit. Wir sollten nicht mehr daran denken.« Seine Hände zitterten, sein Gesicht war aschfahl.
    Der Thon bestand darauf, daß er sich entschuldigen und abreisen müsse. »Oder ich werde mich erbieten, ihn zu töten. Keine Angst, er würde es nicht wagen, gegen mich zu kämpfen, denn sollte er siegen, Hannegan würde ihn öffentlich auf dem Schafott pfählen lassen, wobei man seine Frau zwingen würde – nun, lassen wir das. Er wird im Staub kriechen und abreisen. Auf jeden Fall bin ich zutiefst beschämt, daß so etwas überhaupt geschehen konnte.«
    »Ich hätte den Dichter sofort, als er hier auftauchte, hinauswerfen lassen sollen. Er hat die ganze Geschichte herbeigezwungen, und mir ist es nicht geglückt, sie abzuwenden. Es ist klar, er wollte provozieren.«
    »Provozieren? Die fantastische Lüge eines fahrenden Narren eine Provokation? Josard verhielt sich, als wären die Anschuldigungen des Dichters wahr.«
    »Dann wißt Ihr also nicht, daß sie wirklich einen umfassenden Bericht über die militärische Bedeutung unserer Abtei als Festung anfertigen?«
    Dem Gelehrten fiel das Kinn herab. Offenbar ungläubig starrte er die beiden Priester abwechselnd an.
    »Ist das wirklich

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