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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Dichterling.«
    Belustigt atmete der Gelehrte laut aus. Er griff sich den gläsernen Rundkörper und rollte ihn mit dem Daumen über den Tisch. Er lachte plötzlich. »Mir gefällt das eigentlich. Ich glaube, ich kenne wen, der es dringender braucht als der Dichter. Vielleicht sollte ich es doch behalten.« Er nahm es, warf es in die Luft, fing es auf und blickte unschlüssig auf den Abt.
    Paulo zog wieder bloß die Schultern hoch.
    Thon Taddeo ließ das Auge zurück in seine Tasche gleiten. »Er kann es wiederhaben, sollte er jemals kommen und es verlangen. Ach, übrigens, ich wollte Euch mitteilen, daß meine Tätigkeit hier fast abgeschlossen ist. In einigen wenigen Tagen werden wir reisen.«
    »Seid Ihr nicht besorgt wegen der Kämpfe in den Ebenen?«
    Thon Taddeo blickte stirnrunzelnd zur Wand hinüber. »Wir haben vor, auf einem steilen Berg, ungefähr sieben Tagesreisen von hier nach Osten, unser Lager aufzuschlagen. Eine Gruppe von – äh – unsere Begleitung wird dort auf uns treffen.«
    »Ich hoffe nur«,sagte der Abt und kostete das bißchen bissiger Höflichkeit aus, »daß Eure Begleittruppe ihre politische Treuepflicht nicht widerrufen hat, seit Ihr die Vereinbarung getroffen habt. Es wird heutzutage immer schwieriger, Feinde und Verbündete auseinanderzuhalten.«
    Der Thon wurde rot. »Besonders, wenn sie aus Texarkana kommen, wollt Ihr sagen.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Reden wir offen miteinander, Vater. Ich kann den Fürsten nicht bekämpfen, der mir meine Arbeit ermöglicht – ganz gleich, was ich von seinen politischen Maßnahmen oder Machenschaften halte. Oberflächlich betrachtet, scheine ich ihn zu unterstützen oder ihm zumindest keine Beachtung zu schenken – um des Kollegiums willen. Wenn er seinen Staat vergrößert, so kann das Kollegium so nebenbei daraus Nutzen ziehen. Wenn das Kollegium Erfolge erzielt, so zieht die Menschheit aus unserer Tätigkeit Nutzen.«
    »Vielleicht die, die überleben.«
    »Ganz recht – aber das ist immer so gewesen.«
    »Nein, nein – vor zwölf Jahrhunderten haben selbst die Überlebenden nicht den geringsten Nutzen gehabt. Müssen wir unbedingt wieder diesen Weg einschlagen?«
    Thon Taddeo zuckte mit den Achseln. »Was kann ich da machen?« fragte er gereizt. »Hannegan ist Herr, nicht ich.«
    »Aber Ihr verheißt, daß Ihr beginnen wollt, die Herrschaft des Menschen über die Natur zu erneuern. Aber wer wird den Gebrauch der Macht, über die Naturkräfte zu herrschen, in Zaum halten? Wer wird sie ausüben? Zu welchem Zweck? Wie wollt Ihr ihn in Schach halten? Jetzt können noch Entscheidungen getroffen werden. Aber wenn Ihr und Eure Mannschaft sie jetzt nicht treffen, dann werden bald andere für Euch entscheiden. Ihr sagt, die Menschheit wird daraus Nutzen ziehen. Mit wessen Zustimmung? Mit der Zustimmung eines Fürsten, der seine Briefe mit einem Kreuz unterzeichnet? Oder glaubt Ihr wirklich, daß sich Euer Kollegium aus seinen politischen Machenschaften heraushalten kann, wenn er einmal Euren Wert für ihn erkannt haben wird?«
    Dom Paulo hatte nicht erwartet, ihn zu überzeugen. Aber mit schwerem Herzen bemerkte er die ausdauernde Geduld, mit der der Thon ihn bis zum Ende anhörte. Es war die Geduld eines Mannes, der einer Behauptung zuhört, die er vor langer Zeit zu seiner eigenen Zufriedenheit widerlegt hat.
    »Was Ihr eigentlich vorschlagt«, sagte der Gelehrte, »ist, daß wir eine Zeitlang abwarten sollen. Daß wir das Kollegium auflösen oder es in die Wüste verlegen und irgendwie – ohne Gold und Silber zu besitzen – auf langsame, mühevolle Weise eine experimentelle und theoretische Wissenschaft ins Leben zurückrufen und niemand davon erzählen. Das wir das alles aufheben, bis der Tag kommen wird, da der Mensch gut, fehlerfrei, rein und weise sein wird.«
    »Es war nicht meine Absicht, davon…«
    »Es war nicht Eure Absicht, davon zu sprechen, aber das ist die Absicht, in der Ihr sprecht. Haltet die Wissenschaft hinter Klostermauern verschlossen, versucht nicht, sie anzuwenden, versucht nichts mit ihr anzufangen, bis der Mensch fehlerlos ist. Nun, so wird das nicht gehen. Ihr habt das in dieser Abtei hier durch Generationen hindurch praktiziert.«
    »Wir haben nichts zurückgehalten.«
    »Ihr habt nichts zurückgehalten. Ihr seid nur so friedlich darauf gesessen, daß niemand wußte, daß es hier lag, und ihr habt damit nichts angefangen.«
    In den Augen des alten Priesters flackerte kurz der Zorn auf. »Ich glaube, es ist

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