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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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nach Texarkana kommen soll.«
    »Dann ist sicher, daß sie noch nichts gehört haben.«
    »Ja. Wo ist er jetzt?«
    »Im Gästehaus, Herr. Der Arzt ist bei ihm. Er fiebert und fantasiert.«
    »Wie viele Brüder wissen, daß er hier ist?«
    »Ungefähr vier. Wir sangen gerade die None, als er durch das Tor kam.«
    »Sag diesen vier, daß sie niemanden von ihm erzählen dürfen. Dann geh zu unseren Gästen im Keller. Sei nur liebenswürdig und laß dir vor ihnen nichts anmerken.«
    »Aber sollte man es ihnen nicht mitteilen, bevor sie abreisen, Herr?«
    »Natürlich. Aber sie sollen sich erst fertig machen. Du weißt, daß es sie nicht davon abhalten wird, zurückzukehren. Damit so wenig Verlegenheit wie möglich entsteht, sollten wir die letzte Minute abwarten, um es ihnen zu sagen. Nun, hast du es bei dir?«
    »Nein, ich ließ es bei seinen Papieren im Gästehaus.«
    »Ich werde ihn mir jetzt anschauen. Also, verständige die Brüder und geh zu unseren Gästen.«
    »Ja, Herr.«
    Der Abt ging langsam zum Gästehaus hinüber. Als er eintrat, verließ der Bruder Apotheker gerade das Zimmer des Flüchtlings. »Wird er durchkommen, Bruder?«
    »Das kann ich nicht sagen, Herr. Mißhandlungen, Hunger, Erschöpfung, Fieber – so Gott will…« Er zog die Schultern hoch.
    »Kann ich mit ihm sprechen?«
    »Das wird ihm sicher nicht schaden. Aber er redet nur sinnloses Zeug.«
    Der Abt betrat das Zimmer und zog leise die Tür hinter sich zu.
    »Bruder Claret?«
    »Nicht schon wieder«, keuchte der Mann im Bett. »Um Gottes Barmherzigkeit willen, nicht schon wieder – ich habe euch alles gesagt, was ich weiß. Ich habe ihn verraten. Laßt mich jetzt in - in Ruhe.« Dom Paulo blickte voll Mitleid auf den Sekretär des toten Marcus Apollo nieder. Er schaute die Hände des Schreibers an. Wo die Fingernägel gewesen waren, zeigten sich jetzt nur eiternde Wunden.
    Den Abt überlief es kalt, und er wandte sich dem kleinen Tisch neben dem Bett zu. In dem kleinen Haufen von Papieren und Habseligkeiten fand er rasch das grob gedruckte Schriftstück, das der Flüchtling mit sich aus dem Osten gebracht hatte:
     
     
     HANNEGAN DER BÜRGERMEISTER, von Gottes Gnaden Beherrscher Texarkanas, Kaiser von Laredo, Verteidiger des Glaubens, Herr über das Gesetz, Stammeshäuptling der Nomaden und Höchster Vaquero der Ebenen, an ALLE BICHÖFE, PRIESTER UND PRÄLATEN der Kirche im Bereich Unseres rechtmäßigen Reiches, seid gegrüßt und NEHMT EUCH IN ACHT, denn das hier ist GESETZ, Euch kund und zu wissen:
     
    1. Da nun ein bestimmter ausländischer Fürst, ein gewisser Benedikt XXII., Bischof von New Rome, der sich anmaßt, Befehlsgewalt, die ihm rechtlich nicht zusteht, über die Geistlichkeit dieser Nation geltend zu machen, es gewagt hat zu versuchen, erstlich die texarkanische Kirche mit Kirchenbann zu belegen und weiterhin diesen Bann dann auszusetzen und dadurch große Verwirrung und geistliche Verwahrlosung unter all den Gläubigen stiftete, so geben wir Unserm treuen Volk bekannt, Wir, der einzig rechtmäßige Herr über die Kirche dieses Reiches, in Übereinstimmung mit einem Konzil von Bischöfen und Geistlichen, daß der oben genannte Fürst und Bischof, Benedikt XXII., ein Ketzer, geistliche Ämter verschachernd, ein Mörder, Sodomit und Atheist ist, der auch nicht die geringste Anerkennung von Seiten der Heiligen Kirche in den Ländern Unseres Königreiches, Kaiserreiches oder Protektorats verdient. Wer ihm dient, dient Uns schlecht.
     
    2. Deshalb sei hier bekannt gemacht, daß sowohl der Erlaß des Kirchenbanns wie auch der Erlaß der Aussetzung dieses Banns hierdurch AUFGEHOBEN, AUSSER KRAFT GESETZT, FÜR UNGÜLTIG UND UNVERBINDLICH erklärt werden, denn sie waren von vornherein bar jeder Rechtswirksamkeit…
     
    Den Rest streifte Dom Paulo nur mit einem flüchtigen Blick. Es war nicht nötig, noch weiter zu lesen. Das bürgermeisterliche nehmt euch in acht unterwarf die texarkanische Geistlichkeit der Erteilung einer Erlaubnis, erklärte die Gewährung der Sakramente durch Personen ohne diese Erlaubnis zum Verstoß gegen das Gesetz und machte den Schwur äußerster Treue zum Bürgermeisteramt zur Bedingung der Erlaubnis und Bestätigung im Amt. Es war nicht nur mit dem Kreuz des Bürgermeisters unterzeichnet, sondern trug auch die Namen einiger »Bischöfe«, die dem Abt nicht geläufig waren.
    Er warf das Schriftstück zurück auf den Tisch und setzte sich neben dem Bett nieder. Die Augen des Flüchtlings waren geöffnet,

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