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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Menschen ziemlich müde sein mußte.
    Die Zurückbleibenden hatten die leichtere Rolle. Sie brauchten nur auf das Ende zu warten und zu beten, es möge nicht kommen.
     

27
     
    »Das Gebiet, das von lokal begrenztem Fallout betroffen ist, bleibt relativ stationär«, sagte der Nachrichtensprecher, »die Gefahr einer weiteren Verbreitung durch Winde ist nahezu vorüber…«
    »Na, immerhin ist noch nichts Schlimmeres passiert«, bemerkte der Gast des Abtes. »Bisher waren wir hier davor sicher, und es sieht so aus, als wären wir auch weiterhin sicher, bis die Konferenz auseinanderbricht.«
    »Werden wir wirklich?« knurrte Zerchi. »Aber hören Sie mal einen Augenblick, ja?«
    »Die neuste geschätzte Todesstatistik«, fuhr der Sprecher im Radio fort, »ergibt an diesem neunten Tag nach der Vernichtung der Hauptstadt zwei Millionen und achthunderttausend Tote. Über die Hälfte dieser Ziffer betrifft die Bevölkerung der Stadt direkt. Der Rest ist ein Approximationswert, der auf dem Prozentsatz der Bevölkerung in den Randzonen der Stadt und in Fallout-Gebieten beruht, von denen man weiß, daß sie kritischen Mengen von Strahlung ausgesetzt waren. Fachleute nehmen an, daß diese geschätzte Ziffer sich noch erhöhen wird, wenn weitere Fälle von Strahlungsschäden gemeldet werden. Unser Sender ist durch Gesetz dazu verpflichtet, täglich zweimal die folgende Meldung durchzugeben, solange der Notstand andauert:
     
     
     Die Maßnahmen nach dem Völkerrecht § 10-WR-3E ermächtigen in keiner Weise Privatpersonen, den Opfern von Strahlungsvergiftungen Euthanasie zu spenden. Strahlungsopfer, die einer Strahlungsmenge, die weit über der kritischen Menge liegt, ausgesetzt waren oder die glauben, einer solchen Menge ausgesetzt gewesen zu sein, müssen sich bei der nächsten Grünstern-Erlösungs-Station melden, wo eine Amtsperson jedem, der als ein hoffnungsloser Fall nachweislich festgestellt ist, ein Mori-Vult- Schreiben auszustellen berechtigt ist, wenn der Leidende die Euthanasie wünscht. Jedes Strahlungsopfer, das sich selbst das Leben nimmt in irgendeiner anderen Weise als der vom Gesetz vorgesehenen, wird als Selbstmörder betrachtet und gefährdet automatisch die Rechte seiner Erben und der von ihm Abhängigen auf Anspruch aus Versicherungen und anderen Strahlungs-Erlösungs-Zuwendungen, wie das Gesetz sie vorsieht. Überdies kann jeder Bürger, der zu einem solchen Selbstmord behilflich ist, wegen Mordes angeklagt werden. Das Strahlungs-Katastrophen-Gesetz gestattet Euthanasie ausschließlich in dem gesetzmäßig bestimmten Rahmen. Ernste Fälle von Strahlungsschäden müssen sich bei einer Grünstern-Erlösungs-Station…«
     
    Abrupt und mit solcher Kraft, daß der Programmknopf abbrach, schaltete Zerchi seinen Empfänger ab. Er schwang sich aus seinem Stuhl hoch und trat ans Fenster, um in den Hof hinunterzuschauen, wo eine Menge von Flüchtlingen um mehrere hastig zusammengehämmerte Holztische herumwuselte. Beide Teile der Abtei, der alte und der neue, wimmelten von Leuten jeden Alters und Standes, deren Häuser in den betroffenen Gebieten gelegen hatten. Der Abt hatte auf Dauer die Klausur aufgehoben und den Flüchtlingen Zugang zu beinahe allen Örtlichkeiten gestattet mit Ausnahme der Schlafzellen der Mönche. Das Schild am alten Klostertor war entfernt worden, denn es galt, Frauen und Kinder zu nähren, zu kleiden und ihnen ein Obdach zu geben.
    Der Abt sah zu, wie zwei Novizen einen dampfenden Kessel aus der Notküche trugen. Sie hievten den Kessel auf einen Tisch und begannen Suppe zu verteilen.
    Der Besucher des Abts räusperte sich. Er bewegte sich unruhig in seinem Sessel. Der Abt wendete sich um.
    »Gesetzmäßig nennen sie das«, knurrte er. »Gesetzmäßig festgelegter Massenselbstmord mit staatlicher Förderung. Und dem vollkommenen Segen der Gesellschaft.«
    »Nun, es ist doch sicherlich besser, als sie allmählich auf entsetzliche Weise dahinsterben zu lassen«, sagte der Besucher.
    »Ist es das? Besser für wen? Für die Straßenreinigung? Es ist besser, daß unsere lebenden Leichname zu einer zentralen Beseitigungsstelle laufen, solange sie noch laufen können, was? Weniger öffentliches Aufsehen? Weniger Abscheuliches, das herumliegt, ha? Weniger Unordnung? Ein paar Millionen Leichen, die herumliegen, das könnte eine Rebellion gegen die Verantwortlichen bewirken, das meinen Sie doch mit ›besser‹, Sie und die Regierung, oder etwa nicht?«
    »Ich habe keine Ahnung, was die Regierung

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