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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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und sich umbringen!«
    Der Doktor zögerte mit einer Antwort. »Ich glaube, es wäre angemessen, ein solches Versprechen nur für Patienten abzugeben, die Ihrem Glauben angehören.«
    Abt Zerchi ließ die Augen zu Boden sinken. Schließlich sagte er: »Es tut mir leid, aber das genügt nicht.«
    »Wieso? Andere Menschen sind doch durch Ihre Grundsätze nicht gebunden. Wenn jemand nicht Ihrer Konfession angehört, warum sollten Sie sich weigern zu erlauben – « Er würgte den Rest des Satzes wütend hinunter.
    »Sie wollen wirklich eine Erklärung?«
    »Ja.«
    »Also: wenn ein Mann in Unkenntnis der Unrichtigkeit einer Sache handelt, so lädt er keine Schuld auf sich, vorausgesetzt, der gesunde Menschenverstand genügte nicht, ihm die Unrichtigkeit klarzumachen. Doch wenn auch die Unkenntnis den Mann entschuldigt, so entschuldigt sie doch noch nicht die Handlung, die in sich selber falsch ist. Wenn ich die Handlung gestattete, nur weil der Handelnde in Unkenntnis darüber ist, daß die Handlung schlecht ist, dann würde ich Schuld auf mich laden, denn ich weiß ja, daß die Handlung schlecht ist. Es ist wirklich so schmerzhaft einfach.«
    »Hören Sie, Herr Abt. Da sitzen sie und schauen Sie an. Manche schreien. Andere weinen. Manche sitzen einfach nur so da. Alle fragen: ›Doktor, was kann ich machen?‹ Und was soll ich antworten? Nichts sagen? Oder sagen: ›Sie können sterben, das ist alles, was Sie tun können?‹ Was würden Sie ihnen sagen, Herr Abt?«
    »Bete!«
    »Ja, natürlich, genau das würden Sie ihnen sagen. Hören Sie, Schmerz ist das einzige Böse, das ich kenne. Es ist das einzige, das ich bekämpfen kann.«
    »Dann helfe Ihnen Gott!«
    »Antibiotika helfen mir besser.«
    Abt Zerchi suchte nach einer scharfen Erwiderung, fand eine, verschluckte sie aber rasch. Er suchte nach einem sauberen Blatt Papier und einer Feder und schob sie über den Tisch. »Schreiben Sie einfach: Ich werde keinem Patienten die Euthanasie empfehlen, solange ich in dieser Abtei bin. Unterschreiben Sie es, dann können Sie den Hof benützen.«
    »Und wenn ich es nicht tue?«
    »Dann, nehme ich an, werden die Kranken sich zwei Meilen weit die Straße hinunterschleppen müssen.«
    »Von allen erbarmungslosen…«
    »Im Gegenteil: ich habe Ihnen eine Gelegenheit geboten, Ihre Arbeit so zu tun, wie das Gesetz, das Sie anerkennen, es vorschreibt, ohne daß Sie das Gesetz, das ich anerkenne, übertreten. Ob die Leute die zwei Meilen gehen müssen oder nicht, das liegt in Ihrer Entscheidung.«
    Der Doktor starrte auf das weiße Blatt Papier. »Was ist so besonders magisch daran, wenn Sie es schriftlich haben?«
    »Ich ziehe es so vor.«
    Der Arzt beugte sich leicht über den Tisch und schrieb. Er überlas das Geschriebene noch einmal, denn hieb er seine Unterschrift darunter und richtete sich auf. »Also gut, hier haben Sie mein Versprechen. Glauben Sie, daß es mehr wert ist als mein mündliches Versprechen?«
    »Nein. Ganz gewiß nicht.« Der Abt faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in seinen Mantel. »Aber es steckt hier in meiner Tasche, und Sie wissen, daß es hier in meiner Tasche ist, und ich kann es gelegentlich anschauen, mehr ist es nicht. Übrigens, halten Sie normalerweise Ihr Wort, Doktor Cors?«
    Der Arzt starrte ihn einen Augenblick an. »Ich werde es halten.« Er drehte sich auf dem Absatz um und schoß hinaus.
    »Bruder Pat!« rief Abt Zerchi mit dünner Stimme. »Bruder Pat, bist du da draußen?«
    Sein Sekretär kam herein, blieb aber in der Tür stehen.
    »Ja, Ehrwürdiger Vater?«
    »Hast du’s gehört?«
    »Ich hab einen Teil davon gehört. Die Tür stand offen, und ich konnte nicht umhin. Ihr hattet den Schalldämpfer nicht…«
    »Du hast gehört, was er gesagt hat? Schmerz ist das einzige Böse, das ich kenne. Du hast es gehört?« Der Mönch nickte ernst.
    »Und die Gesellschaft ist die einzige Instanz, die entscheidet, ob eine Handlung falsch oder richtig ist? Hast du das auch gehört?«
    »Ja.«
    »Liebster Gott und Herr, wie sind bloß diese zwei Häresien nach so langer Zeit wieder in der Welt aufgetaucht. Die da unten in der Hölle leiden an beschränkter Fantasie. – ›Die Schlange versuchte mich, so daß ich aß.‹ Bruder Pat, du gehst besser jetzt, oder ich fange an zu rasen.«
    »Domne, ich…«
    »Was gibt’s denn noch? Was ist das? Ein Brief? Gut, gib her!«
    Der Mönch übergab ihm den Brief und verließ den Raum. Zerchi ließ das Kuvert ungeöffnet. Er betrachtete wieder das

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