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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Tatsache informiert gewesen wäre, daß ein gewisser Luftmarschall und ein gewisser Kardinal Freunde waren, die angebliche Pilgerfahrt von siebenundzwanzig Buchschmugglern mit Wanderbündeln und Wanderstab nach New Rome hätte sehr leicht auf Schusters Rappen stattfinden können, weil es einer Starterlaubnis für eine superschnelle Transport-Jet ermangelte. Am frühen Nachmittag jedoch wurde die Starterlaubnis erteilt. Abt Zerchi bestieg für ein paar Minuten die Maschine, um vor dem Start allerletzte Abschiedsworte zu sprechen.
    »Ihr seid die Fortsetzung des Ordens«, erklärte er den Pilgern. »Die Memorabilien gehen mit euch. Mit euch geht auch die apostolische Nachfolge und – möglicherweise – der Stuhl Petri.«
    »Nein, nein«, murmelte er als Antwort auf das erstaunte Gemurmel der Mönche. »Nicht Seine Heiligkeit. Ich habe es euch nicht früher gesagt, aber wenn es hier auf der Erde zum Alleräußersten kommt, dann wird das Kardinalskollegium zusammentreten – oder das, was dann noch von ihm übrig ist. Es ist möglich, daß man dann die Centaurus-Kolonie zu einem eigenen Patriarchat erklärt und daß der Kardinal, der euch begleitet, volle patriarchalische Gewalt erhält. Und wenn über uns hier die Geißel kommt, dann wird das Patrimonium Petri auf ihn übergehen. Denn wenn auch das Leben auf der Erde zerstört sein mag – was Gott verhüten möge –, so darf doch nicht, solange der Mensch noch irgendwo lebt, das Amt Petri zerstört werden. Es gibt viele, die glauben, daß das Amt des Papstes auf diesen Patriarchen übergehen müsse, nach dem Prinzip der Epikeia, wenn der Fluch auf die Erde fällt und es keine Überlebenden mehr hier gibt. Aber das betrifft euch nicht direkt, Brüder und Söhne, obwohl ihr an euren Patriarchen durch besondere Gelübde gebunden sein werdet, ähnlich denen, die die Jesuiten an den Papst binden.
    Ihr werdet jahrelang im Weltraum sein. Das Schiff wird euer Kloster sein. Nachdem der Patriarchensitz auf der Centaurus-Kolonie errichtet ist, werdet ihr dort ein Mutterhaus der Visitationsbrüder des Ordens des heiligen Leibowitz von Tycho gründen.
    Aber das Schiff wird in eurer Hand bleiben – und die Memorabilia. Wenn sich die Zivilisation – oder doch Spuren von Zivilisation – auf Centaurus erhalten lassen, dann werdet ihr Missionen zu anderen Kolonistenwelten senden und vielleicht auch zu den Kolonien ihrer Kolonien. Wohin immer der Mensch gehen mag, da werdet ihr und eure Nachfolger auch gehen. Und mit euch die Aufzeichnungen und Erinnerungsstücke aus viertausend und mehr Jahren. Einige von euch oder von denen nach euch werden Bettelmönche und Wanderer sein und werden die Geschichte der Erde und die Hymnen vom Gekreuzigten jenen Völkern und Kulturen verkünden, die aus den Kolonistengruppen erwachsen werden. Denn manche werden vergessen. Manche mögen dem Glauben für eine Zeit verloren sein. Lehrt sie und nehmt in den Orden auf die unter ihnen, die berufen sind. Gebt ihnen den Auftrag der Fortsetzung weiter. Seid für die Menschheit das Gedächtnis des Ursprungs, das Gedächtnis der Erde. Gedenkt dieser Erde. Vergeßt sie nie, aber – kommt niemals zurück!« Zerchis Stimme war leise und rauh geworden. »Wenn ihr zurückkehrt, könnte es sein, daß ihr dem Erzengel begegnet am östlichen Ende der Erde, der ihren Lauf mit einem Flammenschwert bewacht. Ich fühle es. Von nun an ist der Weltraum eure Heimat. Er ist eine einsamere Wüste als die unsere hier. Gott segne euch. Und – betet für uns.«
    Er ging langsam den Gang hinab und blieb an jedem Sitzplatz stehen, um die Mönche zu segnen und zu umarmen; dann verließ er das Flugzeug. Die Maschine rollte auf die Startbahn, dann zog sie dröhnend in den Himmel. Abt Zerchi stand und sah ihr nach, bis sie seinen Blicken im abendlichen Himmel entschwand. Dann fuhr er zur Abtei und zum Rest seiner Herde zurück. – Während er bei den Brüdern im Flugzeug gestanden hatte, hatte er gesprochen, als sei das Schicksal der Gruppe Bruder Joshuas so selbstverständlich wie die Gebete, die für den morgigen Gottesdienst vorgeschrieben waren; doch er wußte – und die Pilger wußten es auch –, daß er nur sozusagen die Handlinien eines Plans gelesen, daß er eine Hoffnung beschrieben hatte, nicht eine Gewißheit. Denn Bruder Joshuas Gruppe hatte gerade nur eben den ersten kleinen Schritt einer langen und unsicheren Reise getan, einen neuen Exodus aus Ägypten unter dem Schutz eines Gottes, der mit Sicherheit der Rasse des

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