Lobgesang auf Leibowitz
Exemplar der neusten Zivilverteidigungs-Instruktionen geben. Jedesmal wenn er zum Wagen zurückkehrte, erwartete er halb, das Mädchen nicht mehr vorzufinden, doch sie saß einfach ruhig da, hielt ihr Kind auf dem Schoß und starrte in die Unendlichkeit.
»Wollen Sie mir nicht sagen, wohin Sie gehen wollten, mein Kind?« fragte er schließlich.
»Nirgendwohin. Ich habe mich anders entschlossen.«
Er lächelte. »Aber vorhin war es Ihnen doch noch so brandeilig, in die Stadt zu kommen.«
»Lassen wir das, Vater, bitte! Ich habe es mir anders überlegt.«
»Gut. Dann fahren wir jetzt zurück ins Kloster. Sollten Sie nicht die Kleine den Schwestern für ein paar Tage zur Pflege geben?«
»Ich werde es mir überlegen.«
Das Auto raste auf der Autobahn zurück zur Abtei. Als sie zum Grünstern-Lager kamen, sah Zerchi, daß etwas nicht in Ordnung war. Seine Protestmärschler marschierten nicht mehr auf und ab. Sie standen in einer Gruppe beisammen und sprachen mit den Polizisten – oder hörten sie ihnen zu? – und einem dritten Mann, den Zerchi nicht erkannte. Er ließ den Wagen hinüber auf die LANGSAMSPUR gleiten. Einer der Novizen sah den Wagen, erkannte ihn und begann sein Schild hin und her zu schwenken. Don Zerchi hatte nicht die Absicht anzuhalten, solange das Mädchen bei ihm im Wagen saß, aber einer der Polizisten trat direkt vor ihm auf die LANGSAMSPUR heraus und richtete seinen Knüppel gegen die Hindernis-Detektoren des Zerchischen Wagens; der Autopilot reagierte automatisch und stoppte den Wagen. Der Polizist winkte den Wagen von der Bahn herunter. Zerchi konnte sich nicht weigern zu gehorchen. Die zwei Polizeioffiziere kamen heran, notierten die Zulassungsnummer und verlangten die Wagenpapiere. Einer der beiden schaute neugierig in das Innere des Wagens nach der jungen Frau und dem Kind, bemerkte die roten Tickets. Der andere deutete auf die jetzt stillstehende Parade.
»Also Sie sind der feine Kerl, der hinter dem Ganzen da steckt, was?« Der Mann grunzte es dem Abt entgegen. »Na, der Herr in der braunen Jacke da drüben, der hat’n paar Neuigkeiten für Sie. Ich glaub, es is besser, wennse sich das anhörn!« Er zuckte mit dem Kopf in Richtung auf einen dicken Gerichtssaaltyp, der gewichtig auf sie zukam. Das Kind begann wieder zu weinen. Seine Mutter bewegte sich unruhig.
»Meine Herren Offiziere, diese junge Frau und das Kind sind krank. Ich bin mit einem Prozeß einverstanden, aber lassen Sie mich erst mal zurück zur Abtei fahren. Ich komme dann allein wieder zurück.«
Der Polizist schaute wieder das Mädchen an. »Na, meine Dame?«
Sie starrte auf das Lager, dann schaute sie die Statue an, die über dem Eingang thronte. »Ich steige hier aus«, erklärte sie tonlos.
»Das wird auch besser sein, meine Dame«, sagte der Polizist und schaute wieder auf die roten Tickets.
»Nein!« Dom Zerchi ergriff ihren Arm. »Kind, ich verbiete Ihnen…«
Die Hand des Polizisten schoß hervor und packte den Arm des Priesters. »Loslassen!« sagte er schneidend. Dann sanft: »Meine Dame, sind Sie sein Mündel oder sonst was?«
»Nein.«
»Was fällt Ihnen ein, der Dame zu verbieten, hier auszusteigen?« fragte der Polizist. »Allmählich fangen wir an, mit Ihnen ein bißchen ungeduldig zu werden, Mister! Ich glaube, es war für Sie besser…«
Zerchi ignorierte den Polizisten und redete hastig auf das Mädchen ein. Sie schüttelte den Kopf.
»Dann wenigstens das Kind. Lassen Sie mich das Kind mit zu den Schwestern nehmen. Ich bestehe…«
»Ist das Ihr Kind, meine Dame?« fragte der Polizist. Das Mädchen war schon ausgestiegen, doch Zerchi hielt noch das Kind auf dem Arm.
Das Mädchen nickte. »S’ist meins.«
»Hat er Sie vielleicht gefangengehalten oder so?«
»Nein.«
»Und was wollen Sie jetzt tun, meine Dame?«
Sie zögerte.
»Kommen Sie zurück in den Wagen«, befahl ihr Dom Zerchi.
»Sie, lassense den Ton, Mister!« bellte der Polizist. »Was ist mit dem Kind, meine Dame?«
»Wir steigen beide hier aus«, sagte sie.
Zerchi warf die Tür zu und versuchte den Wagen zu starten, aber die Hand des Polizisten schoß durch das Fenster, drückte den STOP-Knopf und zog den Schlüssel ab.
»Versuchtes Kidnapping«, grunzte der eine Polizist dem andern zu.
»Vielleicht«, sagte der andere und öffnete die Wagentür. »Und jetzt lassense das Kind von der Dame los!«
»Damit es hier umgebracht wird?« fragte der Abt. »Dann müssen Sie schon Gewalt anwenden!«
»Geh rüber auf die
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