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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Schutzheiligen und Gründer viel. Zukünftige Zeitalter werden sogar noch tiefer in seiner Schuld stehen. Dürfen Wir mehr über deine Reise hören, lieber Sohn?«
    Bruder Francis packte die Blaupause aus. »Der Wegelagerer war so freundlich, dies in meiner Obhut zu lassen, Heiliger Vater. Er hielt es irrtümlicherweise für eine Abschrift der illuminierten Handschrift, die ich Euch als Geschenk bringen wollte.«
    »Du hast ihn auf seinen Irrtum nicht aufmerksam gemacht?«
    Bruder Francis wurde rot: »Ich schäme mich, zugeben zu müssen, Heiliger Vater…«
    »Dann ist das hier die echte Reliquie, die du in der Gruft gefunden hast?«
    »Ja…«
    Der Papst setzte ein listiges Lächeln auf: »Dann dachte der Räuber also, daß deine Arbeit der eigentliche Schatz sei? Nun, selbst ein Räuber kann ein gutes Auge für Kunst haben, wie? Monsignore Aguerra berichtete Uns von der Schönheit deines Erinnerungsstücks. Wie schade, daß es gestohlen wurde.«
    »Es war nicht der Rede wert, Heiliger Vater. Ich bedaure nur, daß ich fünfzehn Jahre vergeudet habe.«
    »Vergeudet? Wie ›vergeudet‹? Wäre der Räuber nicht von der Schönheit deines Erinnerungsstücks irregeführt worden, so hätte er vielleicht das hier genommen, oder?«
    Bruder Francis meinte, dies hätte geschehen können.
    Der einundzwanzigste Leo nahm die alte Blaupause in seine welken Hände und rollte sie sorgsam auf. Schweigend betrachtete er den Plan eine Weile, dann: »Sag Uns, verstehst du die Zeichen, die Leibowitz verwendete? Die Bedeutung des, hm, hier Dargestellten?«
    »Nein, Heiliger Vater, meine Unwissenheit ist vollkommen.«
    Der Papst neigte sich ihm zu und flüsterte: »Genau wie die Unsere.« Er lachte vor sich hin, drückte die Lippen auf die Reliquie, als wollte er einen Altar küssen, rollte sie dann zusammen und übergab sie einem Begleiter. »Wir danken dir aus dem Grunde Unseres Herzens für jene fünfzehn Jahre, geliebter Sohn«, fügte er zu Francis gewandt hinzu. »Jene Jahre halfen, dieses Original zu bewahren. Sieh sie nicht für vergeudet an. Bringe sie Gott als Opfer dar. Eines Tages wird vielleicht die Bedeutung des Originals erkannt werden und sich als wichtig erweisen.« Der alte Mann blinzelte – oder hatte er gezwinkert? Francis war beinahe sicher, daß der Papst ihm zugezwinkert hatte. »Dir werden wir dafür zu danken haben.«
    Das Blinzeln oder auch Zwinkern schien dem Mönch das Zimmer deutlicher ins Bewußtsein zu bringen. Das Mottenloch in der Soutane des Papstes war ihm vorher nicht aufgefallen. Die Soutane war eigentlich fast schäbig. Der Teppich im Audienzzimmer war stellenweise durchgewetzt. An verschiedenen Stellen hatte sich Putz von der Decke gelöst. Doch die Ärmlichkeit war von Würde überstrahlt. Nur für den Augenblick, der dem Zwinkern folgte, bemerkte Francis überhaupt die Anzeichen der Armut. Die Verwirrung war rasch vorüber.
    »Wir möchten durch dich allen Mitgliedern deiner Gemeinschaft und deinem Abt Unsere innigsten Grüße übermitteln lassen«, sagte Leo. »Ihnen sowohl als dir wollen Wir Unseren Apostolischen Segen erteilen. Wir werden dir ein Schreiben mitgeben, das ihnen den Segen verkünden wird.« Er schwieg und blinzelte, oder zwinkerte wieder. »Ganz nebenbei bemerkt, der Brief wird sicheres Geleit erhalten. Wir werden ihn mit dem Noli molestare versehen, und jeglichen, der dem Überbringer auflauern sollte, exkommunizieren.«
    Bruder Francis murmelte seinen Dank für diesen Schutz vor Straßenräuberei. Er hielt es nicht für angebracht hinzuzusetzen, daß der Räuber nicht in der Lage sein würde, die Warnung zu lesen oder die angedrohte Strafe zu begreifen. »Ich werde mein Bestes versuchen, den Brief zu überbringen, Heiliger Vater.«
    Wieder neigte sich ihm Leo flüsternd zu: »Und dir wollen Wir ein besonderes Zeichen Unserer Zuneigung geben. Suche Monsignore Aguerra auf, bevor du abreist. Wir würden vorziehen, es dir mit Eigner Hand zu überreichen, aber jetzt ist nicht der geeignete Augenblick. Der Monsignore wird es für Uns übergeben. Verwende es, wie du es für richtig hältst.«
    »Meinen innigsten Dank, Heiliger Vater.«
    »Und nun auf Wiedersehen, geliebter Sohn.«
    Der Pontifex schritt weiter, sprach mit jedem Pilger in der Reihe, und als das vorüber war: die feierliche Segnung. Die Audienz war beendet.
     
     
    Als die Pilgergruppe durch die Tore nach draußen strömte, berührte Monsignore Aguerra den Arm von Bruder Francis. Herzlich umarmte er den Mönch. Der

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