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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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Gesuch in gregorianischem Gesang an.
    »Sande pater, ab Sapientia summa petimus ut ille Beatus Leibowitz cujus miracula mirati sunt multi…«
    Das Ansuchen erbat von Leo, sein Volk mit einer formellen Erklärung über den frommen Glauben zu erleuchten, der selige Leibowitz sei wahrhaftig ein Heiliger, würdig sowohl der dulia der Kirche als auch der Verehrung durch die Gläubigen.
    »Cratissima Nobis causa, fili«, sang die Stimme des alten, weißgekleideten Mannes als Antwort und erklärte, es sei sein eigner Herzenswunsch, in feierlicher Anrufung anzukündigen, daß der selige Märtyrer unter den Heiligen weile, aber auch, daß es allein göttlicher Führung zuzuschreiben sei, sub ducatu sancti Spiritus, daß er dem Ansuchen Aguerras stattgebe. Er bat alle, um diese Führung zu beten.
    Der Donner des Chores füllte wieder die Basilika mit der Heiligenlitanei: »Vater im Himmel, Gott, erbarme Dich unser. Sohn, Du Erlöser der Welt, Gott, erbarme Dich unser. Hochheiligster Geist, Gott, erbarme Dich unser. O Heilige Dreifaltigkeit, Einiger und Einziger Gott, miserere nobis! Heilige Maria, bitte für uns. Sancta Dei Genetrix ora pro nobis . Sancta Virgo virginum, ora pro nobis…« Die Litanei donnerte fort. Francis blickte zu einem erst kürzlich enthüllten Bild des seligen Leibowitz empor. Das Fresko war von riesigen Ausmaßen. Es stellte seine Prüfung vor dem Volkshaufen dar, aber sein Gesicht trug nicht das ironische Lächeln wie auf Fingos Werk. Francis dachte, daß es immerhin großartig sei und mit der übrigen Basilika im Stil übereinstimme.
    »Omnes sancti Matyres, orate pro nobis…«
    Nach der Litanei richtete Monsignore Malfreddo Aguerra sein Gesuch wieder an den Papst und bat ihn, den Namen Isaak Edward Leibowitz formell in den Heiligenkalender aufzunehmen. Wieder wurde die Hilfe des Heiligen Geistes herabgefleht, als der Papst das Veni, Creator Spiritus, anstimmte.
    Und noch ein drittesmal bat Malfreddo Aguerra um die Ausrufung.
    »Surgat ergo Petrus ipse…«
    Schließlich war es soweit. Der einundzwanzigste Leo sang die Entscheidung der Kirche, herbeigeführt mit Hilfe des Heiligen Geistes, und verkündete es als bestehende Tatsache, daß ein in alter Zeit geborener, ziemlich unbekannter Technologe mit Namen Leibowitz wahrhaftig als Heiliger im Himmel weile, dessen kräftige Fürbitte ehrfürchtig erfleht werden könne und rechtens auch erfleht werden solle. Ein Festtag wurde festgesetzt, an dem ihm zu Ehren eine Messe gelesen werden sollte.
    »Heiliger Leibowitz, bitte für uns«, hauchte Bruder Francis mit den anderen.
    Nach kurzem Gebet brach der Chor in das Tedeum aus. Nach einer Messe zu Ehren des neuen Heiligen war alles beendet.
     
     
    Begleitet von zwei Sedarii des äußeren Palastes in scharlachroter Livree ging die kleine Gruppe von Pilgern durch scheinbar endlose Folgen von Gängen und Vorzimmern, hielt sie gelegentlich vor einem schwer verzierten Tisch einer weiteren Amtsperson an, die Beglaubigungsschreiben ansah und mit dem Gänsekiel ihre Unterschrift auf das licet adire setzte, das ein Sedarius der nächsten Amtsperson übergeben sollte. Die Anreden wurden ständig länger und unaussprechlicher, je weiter die Gruppe vorschritt. Ein Beben erfaßte Bruder Francis. Zu seinen Pilgergenossen gehörten zwei Bischöfe, ein Mann, der Gold und Hermelin trug, ein Stammeshäuptling der Waldleute, der, zwar bekehrt, immer noch den Pumafellumhang und die Pumakopfbedeckung seines Stammestotems trug, dann ein lederbekleideter Simpel, der einen verhüllten Falken auf der Faust trug – offenbar ein Geschenk für den Heiligen Vater –, dann gehörten noch einige Frauen zur Gruppe, die alle Gattinnen oder Konkubinen – soweit Francis das ihrem Benehmen entnehmen konnte – des »bekehrten« Stammeshäuptlings der Pumaleute waren. Vielleicht waren es auch ehemalige Konkubinen, die zwar vom Kirchenrecht, nicht aber vom Stammesbrauchtum abgeschafft worden waren.
    Nach dem Erklimmen der Scala caelestis wurden die Pilger von einem dunkelgekleideten Cameraiis gestor begrüßt und in den kleinen Vorraum des großen Audienzsaales geleitet.
    »Der Heilige Vater wird sie hier empfangen«, teilte der in hohem Rang stehende Lakai leise dem Sedarius mit, der die Beglaubigungsschreiben hielt. Sein Blick streifte die Pilger eher mißbilligend, wie es Francis vorkam. Er flüsterte kurz mit dem Sedarius. Der Sedarius errötete und flüsterte mit dem Stammeshäuptling. Der Häuptling blickte finster drein, nahm

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