Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
Vom Netzwerk:
seine zähnefletschende Kopfbedeckung ab und ließ den Pumakopf über die Schultern hängen. Es wurde eine kurze Besprechung über die Aufstellung abgehalten, während Seine Höchstsalbungsvolle Wichtigkeit, der Erste Lakai, in Tönen, so sanft, daß sie einen Tadel zu enthalten schienen, seine Besucher wie Schachfiguren im Raum verteilte, in Übereinstimmung mit einem geheimen Protokoll, das nur die Sedarii zu begreifen schienen.
    Der Papst ließ nicht auf sich warten. Der kleine Mann in der weißen Soutane schritt, umgeben von seinem Gefolge, rasch in das Audienzzimmer. Bruder Francis spürte plötzliche Benommenheit in sich aufwallen. Er erinnerte sich, daß Dom Arkos gedroht hatte, ihm die Haut bei lebendigem Leibe abziehen zu lassen, sollte er während der Audienz in Ohnmacht fallen, und er suchte sich dagegen zu wappnen.
    Die Reihe der Pilger kniete nieder. Der alte Mann in Weiß bat sie höflich, sich zu erheben. Bruder Francis wagte es endlich, die Augen auf ihn zu richten. In der Basilika war der Papst nur ein strahlender weißer Fleck in einem Meer von Farben gewesen. Hier im Audienzzimmer aus der Nähe bemerkte Bruder Francis allmählich, daß der Papst nicht wie die sagenhaften Nomaden fast drei Meter groß war. Zur Überraschung des Mönches erschien der zerbrechlich wirkende alte Mann, Vater der Fürsten und Könige, Brückenbauer der Welt und Stellvertreter Christi auf Erden wesentlich weniger furchterregend als Dom Arkos, Abbas.
    Der Papst schritt langsam an der Reihe der Pilger entlang, grüßte jeden, umarmte einen der Bischöfe, unterhielt sich mit jedem in seinem eigenen Dialekt oder durch Dolmetscher, lachte über den Gesichtsausdruck des Monsignore, dem er die Aufgabe übertrug, den Vogel des Falkners zu tragen, und begrüßte den Häuptling der Waldleute mit einer eigenartigen Geste der Hand und einem gebrummten Wort des Walddialekts, was den pumabehängten Häuptling vor plötzlicher Freude strahlend grinsen machte. Der Papst bemerkte das herabhängende Pumahaupt und hielt inne, um es dem Häuptling wieder aufzusetzen. Die Brust des letzteren wölbte sich stolz empor. Er blickte im Raum umher, offenbar den Blick des Ersten Lakaien suchend, aber diese Amtsperson schien durch die Wandtäfelung verschwunden zu sein.
    Der Papst näherte sich langsam Bruder Francis.
    Ecce Petrus Pontifex… Siehe, Petrus, der Hohepriester. Leo XXI. selbst: »Der von Gott allein zum Fürsten über alle Länder und Königreiche eingesetzt wurde, um auszumerzen, niederzureißen, zu vernichten, zu zerstören, zu pflanzen und zu bauen, auf daß er das Volk im Glauben treu erhalte -.« Und doch sah der Mönch Sanftmut und Güte im Antlitz Leos, die spüren ließen, daß er seines Titels würdig war, eines Titels, der erhabener war als alle, die Fürsten und Königen verliehen waren, eines Titels, der ihn »Diener der Diener Gottes« nannte.
    Schnell niete Francis nieder, um den Ring des Fischers zu küssen. Als er sich erhob, merkte er, daß er die Reliquie des Heiligen hinter seinem Rücken umklammert hielt, als schäme er sich, sie vorzuzeigen. Die hellbraunen Augen des Papstes schlugen ihn sanft, aber unwiderstehlich in ihren Bann. Leo sprach nach Art der Kurie mit verhaltener Stimme, ein Getue, das ihm als mühselig nicht zu behagen schien, das er aber in der Unterhaltung mit Besuchern, die weniger wild als der Pumahäuptling waren, um der Tradition willen annahm. »Unser Herz wurde tief betrübt, als Wir von deinem Unglück hörten, lieber Sohn. Uns kam ein Bericht über deine Reise zu Ohren. Auf Unseren eigenen Wunsch bist du hergereist und auf deinem Weg bist du von Räubern überfallen worden. Ist dem nicht so?«
    »Ja, Heiliger Vater. Aber das ist wirklich nicht wichtig. Ich meine, es war wichtig, außer…« Francis kam ins Stottern.
    Der alte Mann in Weiß lächelte fein. »Wir wissen, daß du Uns ein Geschenk bringen wolltest und daß man es dir auf dem Weg gestohlen hat. Das soll dir keinen Kummer bereiten. Deine Anwesenheit ist Uns Geschenk genug. Lange haben Wir Hoffnung gehegt, persönlich den Entdecker der Überreste der Emily Leibowitz zu begrüßen. Wir wissen auch von deinen Bemühungen um die Abtei. Wir fühlten immer sehr innige Zuneigung zu den Brüdern des Leibowitz. Ohne eure Arbeit würde der Gedächtnisschwund der Welt wohl umfassend geworden sein. So wie die Kirche, Mysticum Christi Corpus, ein Leib ist, so hat euer Orden diesem Körper als das Organ der Erinnerung gedient. Wir verdanken eurem

Weitere Kostenlose Bücher