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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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besondere Wunderwerk Renards werfen können, aber er machte sich gute Hoffnungen, da der Mann inzwischen ihm gegenüber offener war. »Heute Abend gibt es Fleisch«, sagte Renard. »Du sammelst inzwischen Holz. Ich bin bald mit unserem Abendessen zurück.«
    Neb sah, wie Renard gemächlichen Schrittes in der zerklüfteten Glaslandschaft verschwand, dann breitete er seine eigene Decke aus und ging los, um etwas von dem spärlichen grauen Buschwerk für das Feuer zu sammeln. Dreißig Minuten später hatte er einen annehmbaren Haufen beisammen.
    Als Renard zurückkehrte, zog er einen blutigen Kadaver an seinem langen, dünnen Schwanz hinter sich her. Die Ödlandratte war beinahe so groß wie ein Hund, und er hatte sie außerhalb des Lagers gehäutet und ausgenommen. »Etwa eine Meile westlich von hier gibt es frisches Wasser«, sagte Renard, während er das Fleisch auf einen flachen Stein legte und seine Zunderbüchse herauszog. »Du könntest morgen Früh ein Bad nehmen und deine Kleider auswaschen.« Renard betrachtete Nebs zerrissene und verdreckte Uniform und rümpfte die Nase. »Vielleicht solltest du das Zeug auch einfach vergraben. Ich habe noch eine Hose und ein Hemd, die ich dir geben kann. Das sollte für ein paar Tage reichen.«
    Über ihnen erwachten die Sterne in einem tiefvioletten Himmel pulsierend zum Leben. Eine blaugrüne Sichel über dem Horizont verhieß den Aufgang des Mondes, und während Renard die Ratte zum Braten über das zischende Feuer legte, zog Neb seine Stiefel aus und streckte sich auf dem harten Boden aus. Er richtete sich auf einem Ellbogen auf und beobachtete, wie Renard
sorgfältig eine Bestandsaufnahme ihres gemeinsamen Gepäcks machte. Der Mann bemerkte es und grinste. »Wir werden uns in Rufellos Höhle ausstatten«, sagte er. »Vielleicht morgen, wahrscheinlich aber erst übermorgen Vormittag. Der Glaswald wird uns ein wenig aufhalten.«
    Neb hatte natürlich schon von Rufello gehört, jenem alten Wissenschaftler, der so viele Geheimnisse der Jüngeren Götter in seinem Buch der Baupläne ergründet hatte. Es waren Rufellos schematische Darstellungen gewesen, zusammengesetzt aus tausenden von Pergamenten, mit deren Hilfe die Mechoservitoren rekonstruiert worden waren. »Rufellos Höhle?«
    Renard blickte auf. »Dort gibt es ein geheimes Vorratslager der Androfranziner. Sie haben es gut versteckt.«
    Das erschien Neb logisch. Die Mahlenden Ödlande verziehen keine Fehler, und die großen Entfernungen, die die Expeditionen des Ordens zurücklegen mussten, und auch die Zeit, die die meisten Ausgrabungen benötigten, machten die Versorgung äußerst schwierig. Er stellte sich ein Netz aus verborgenen Vorratslagern vor, die gut geschützt und versiegelt waren, um gegen die Elemente und die Einwohner dieses grimmigen Landes bestehen zu können.
    Inzwischen zog Renard einen Baumwollfetzen aus seiner Tasche und tränkte ihn mit Wasser aus dem Wasserschlauch. Er knüllte ihn zusammen und schob ihn in ein kleines Loch am Boden des Kolbens seiner Büchse. »Ich werde sie morgen lackieren müssen«, sagte er.
    Der Geruch des garenden Fleisches ließ Nebs Magen knurren. Er hatte in den letzten vier Tagen nichts als Dörrfleisch, Nüsse und saure, getrocknete Apfelscheiben gegessen, und selbst das nur spärlich. Und bis Renards Zunge sich endlich gelockert hatte, waren Nebs anfängliche Einwände – und die Fragen, die damit einhergegangen waren – auf scheinbar taube Ohren gestoßen. Jetzt, da er sich gerade mit der wortkargen Stille abgefunden
hatte, hatte sein Begleiter angefangen, ihm ganz von sich aus Informationen zu geben.
    Weshalb? Sein Blick verengte sich, und er wandte sich an Renard. »Du bist inzwischen sehr viel gesprächiger.«
    Renard lachte. »Richtig. Das bin ich.«
    Neb rollte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf die Hand. »Warum gerade jetzt?«
    Renard betrachtete ihn, und einen Augenblick lang sah Neb etwas in seinen Augen, das ihm zu denken gab. »Weil wir jetzt«, sagte er langsam, »zu weit draußen sind, als dass deine Freunde dich finden könnten … oder du sie finden könntest.« Er hielt inne und stocherte mit dem Messer nach der Ratte. »Ich und der Pfad, den ich beschreite, sind die einzige vernünftige Möglichkeit, die dir noch bleibt, und unser gemeinsames Werk kann endlich beginnen.«
    Wie Steine in einem Teich sanken diese Worte in Nebs Bewusstsein, und ihre Bedeutung zog Kreise bis in die letzten Winkel seines Herzens. Sein Mund wurde plötzlich

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