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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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während er in den Schatten wartete.
    Die Nachricht war mit einem Boten überbracht worden, nicht von einem Vogel, sondern von einem jungen Leutnant, von dem Lysias wusste, dass er Verwandte unter Esarovs Sezessionisten hatte. Noch eine Familie, die der Bürgerkrieg auseinandergerissen hatte – etwas, das Lysias nur zu gut verstand.
    Letztendlich hatte auch ihn die Familie an diesen Ort gebracht.
    Er beobachtete den Raum um sich herum, und ihm war nur zu bewusst, dass der Raum auch ihn beobachtete. Oder zumindest irgendjemand darin. Esarov war gerissen und würde kein Treffen vereinbaren, wenn er die Umstände des Treffens nicht kontrollieren konnte. Lysias hatte die Anweisungen in dem Brief genau befolgt und war allein erschienen. Es widersprach jeglichem Instinkt, den er als General besaß, in eine seltsame Stadt zu reiten, um sich klammheimlich mit dem Anführer einer Revolte zu treffen, die die Gesellschaft, die zu schützen er gelobt hatte, in ihren Grundfesten bedrohte; sich ohne Uniform in einer düsteren
Hafenspelunke zu einer geheimen Unterredung zu treffen, umzingelt von jenen, die mit einer Sache liebäugelten, die seiner innersten Überzeugung nach ihrer aller Untergang sein würde.
    Ja, einem General, der in der besten Akademie der Benannten Lande ausgebildet worden war, ging das alles gehörig gegen den Strich.
    Aber Lysias wusste, dass die Instinkte eines Vaters binnen Sekunden eine ganze Karriere auslöschen konnten. Er war gezwungen gewesen zu kommen.
    Lysias hatte sich große Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen, denn er war sicher, dass Ignatios Männer schon jetzt dort draußen waren und versuchten, die Beute aufzuspüren, auf die sie angesetzt worden waren. Erlunds Geheimdienstleiter vertraute niemandem – das war sein grundlegendes Arbeitsprinzip – , und die Heirat von Lysias’ Tochter mit einem von Esarovs inzwischen verstorbenen Mitstreitern rückte den General besonders ins Interesse.
    Ich bin ein wandelndes Risiko , dachte er mit einem gezwungenen Lächeln.
    Dennoch war er trotz aller Risiken hier und wartete auf Esarov.
    Ich möchte eine Einstellung der Kampfhandlungen vorschlagen , hatte es in der verschlüsselten Nachricht geheißen, aber ich brauche einen Unterhändler, der mit Erlund verhandelt. Die Nachricht hatte Anweisungen enthalten, wie nachfolgend Kontakt aufzunehmen war, und hatte rätselhaft geendet: Ich habe Informationen bezüglich des Aufenthaltsorts und Wohlergehens Eurer Tochter.
    Sosehr er sich wünschte, dass es seine Pflicht gegenüber dem Staat war, die ihn antrieb, es war dieser abschließende Satz, der ihn an diesen Ort geführt hatte.
    Kinder , dachte er, sind die Schlinge, mit der der Jäger das Herz eines Menschen fängt.
    Als die Frau mit ihren langen Beinen und ihrem selbstsicheren
Lächeln auf ihn zukam, hob er die Hände, um sie fortzuschicken. Sie war jung – jünger als seine Tochter –, und obwohl er sich gelegentlich durchaus gerne mit einer Frau auf einer Matratze wälzte, hatte sich Lysias niemals ganz wohl dabei gefühlt, wenn eine finanzielle Gegenleistung im Spiel war. Es gab genügend einsame Ehefrauen oder willige Dienerinnen, wenn ihm danach war, obwohl er feststellte, dass er immer weniger Neigung dazu verspürte, je älter er wurde. Trotzdem war das Mädchen vor ihm durchaus hübsch und hatte nicht den müden, leeren Blick einer Frau, die schon seit längerem in diesem Geschäft tätig war.
    Aber noch während er die Hand hob, sah er, wie sie die Lippen schürzte und kaum merklich den Kopf schüttelte. Er wartete, bis sie näher herangekommen war. »Sucht Ihr Gesellschaft?«, fragte sie mit leiser Stimme.
    Lysias sah sich in dem Raum um. Ein paar Matrosen starrten herüber, aber er konnte sich nicht sicher sein, ob nicht das enge Kleid und die Kurven, die es herausstellte, diese Blicke auf sich zogen. Er nickte. »In der Tat, das tue ich.«
    Sie setzte sich, und währenddessen bewegten sich ihre Finger. Wir plaudern ein bisschen; und dann fragt Ihr die Schankmaid nach einem Schlüssel.
    Er sah ihr in die Augen und bemerkte, wie hart sie waren. Einverstanden , bedeutete er ihr.
    Sie sprachen leise über das Wetter und den Krieg, bis Lysias ihren Antworten entnahm, dass es so weit war. Er hob einen Finger und nickte, als er die Aufmerksamkeit der Schankmaid hatte. Sie musterte ihn und die Frau mit einem wissenden Lächeln und kam dann mit einem eisernen Schlüssel in der Hand zu ihnen herübergeschlurft. Abwartend blickte sie Lysias an,

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