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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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bis er eine schwere Münze aus der Tasche zog. Während sie die Bezahlung im Beutel ihres Kittels verschwinden ließ, reichte sie ihm den Schlüssel. »Eine Stunde«, sagte sie und blickte dabei die Frau an. »Und macht nicht zu viel Lärm.«

    Das Mädchen rümpfte die Nase, lächelte aber. »Ich glaube nicht, dass uns der hier solche Probleme macht.«
    Lachend kehrte die Schankmaid an ihre Arbeit zurück, und das Mädchen stand auf und streckte Lysias die Hand hin.
    Er war überrascht, wie linkisch er sich plötzlich vorkam, und fragte sich, ob das daran lag, dass es eine Weile her war, dass eine schöne Frau ihm ihre Hand angeboten hatte. Seine letzte Frauengeschichte war eine weinselige Hetzerei während einer Kampfpause im letzten Krieg gewesen. Und es war eher darum gegangen, seinen Offizieren das Gefühl zu geben, auch er habe menschliche Bedürfnisse, als dass es seiner eigenen Befriedigung gedient hätte. Er nahm ihre Hand, die klein und weich in der seinen lag.
    Aber ihr Griff war fest.
    Lysias erhob sich und ließ sich von ihr die Stufen hinaufführen.
    Sie ließ ihn das Zimmer zuerst betreten und versperrte hinter sich die Tür.
    Eine einzelne Kerze brannte auf einem kleinen Tisch neben dem schmalen Gitterbett des Zimmers. Ein Mann im Talar saß auf einem Holzschemel gegenüber dem Bett. »General Lysias?«, fragte der Mann und blickte auf.
    Das Haar war länger, aber Lysias erkannte den Mann, obwohl er seit seinen Tagen auf der Bühne ein wenig gealtert war. »Esarov«, sagte er. »Ihr nehmt ein großes Wagnis auf Euch, persönlich hier zu erscheinen.«
    Esarov zuckte die Achseln. »Dieses Viertel gehört uns. Allein in diesem wunderschönen Haus haben wir zwanzig unserer besten Leute, um das Risiko so klein wie möglich zu halten.« Er nickte zu dem Mädchen hin. »Sasha eingeschlossen.«
    Sie benutzen unter dem Deckmantel der Gleichheit Frauen für die herabwürdigenden Aufgaben des Krieges. Lysias spürte, wie in seinem Magen Zorn aufflammte. Er kämpfte ihn nieder und zwang seine Stimme zur Ruhe. »Weshalb habt Ihr mich hierherbestellt?« Und was wisst Ihr über meine Lynnae? , fragte er nicht.

    »Ich möchte eine Einstellung der Kampfhandlungen anbieten und diesen Bürgerkrieg beenden.«
    Lysias setzte sich auf das Bett, ohne zu warten, dass Esarov ihn dazu aufforderte. »Das habt Ihr behauptet.« Er stützte die Ellbogen auf die verschmierte Tischplatte und beugte sich vor. »Aber ehe ich einwillige, Euer Unterhändler zu sein, muss ich Eure Bedingungen kennen.«
    »Sie sind denkbar einfach. Sethberts Mörder Petronus hat sich dem Bund der Sezessionisten ergeben. Ich weiß, dass Ignatio ein hochrangiges Mitglied des Androfranziner-Ordens in einem der vielen Gewölbe des Aufsehers festhält.« Esarov beugte sich vor, und seine blauen Augen funkelten durch die Linsen seiner Brille. »Petronus ist bereit, sich an Erlund auszuliefern und sich den Prozess machen zu lassen, im Austausch gegen die Freilassung dieses Mannes, und« – an dieser Stelle lächelte er – »ich bin bereit, über ein Ende des Krieges zu verhandeln, unter der einzigen Bedingung, dass jene Stadtstaaten, die zu diesem Zeitpunkt einen vom Volk gewählten Statthalter haben, diese Statthalter behalten dürfen, wie es auch der Absicht der ursprünglichen Zusammenkunft der Siedler entspricht.«
    Lysias’ Miene verfinsterte sich. Vor über siebenhundert Jahren hatten sich die Stadtstaaten während des Ersten Zigeunerkrieges unter einem Aufseher vereint. Diese Lektion hatten sie auf die harte Weise gelernt und mit Blut bezahlt: Um eine starke, einheitliche Armee zu haben, musste man über eine starke, einheitliche Führung verfügen. »Und Ihr glaubt, Erlund wird dieses Angebot annehmen?«
    Vielleicht tut er es. Vielleicht tut er es wirklich , dachte Lysias.
    Esarov lächelte, und seine Augenbrauen hoben sich bis über den Drahtrahmen seiner Brille. »Ich bin überzeugt, dass er das tun wird.« Dann lehnte er sich zurück und breitete die Arme aus. »Es ist eine Frage des Gesetzes. Sethbert war eng mit ihm verwandt, er war sein Vorgänger und hatte das höchste Ehrenamt
des Deltas inne. Seine Taten, wie abscheulich sie auch waren, sind aus einem Pflichtgefühl seinem Volk und den Benannten Landen gegenüber erwachsen. Erlund ist verpflichtet, Gerechtigkeit zu üben.«
    »Und Ihr gewinnt die Legitimation für drei … vier Städte, wo Ihr sie doch alle haben könntet?«
    »Ich brauche sie nicht alle; ich habe sie nie gebraucht.«

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