Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loch

Loch

Titel: Loch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Laymon
Vom Netzwerk:
Sie schien es nicht zu bemerken.
    Lauren schlürfte den gefrorenen Schaum, dann neigte sie den Krug und trank.
    Auf eine Art wirkte sie zu zart und ätherisch, um einen Krug Bier zu trinken. Ein edler Weißwein schien passender. Andererseits war für die verwitterte, hagere, bodenständige Lauren ein Krug Bier genau das Richtige. Irgendwie schienen sich in ihr zwei Personen zu vereinen. Eine war zart, feenhaft und vergeistigt. Die andere bildete die äußere Hülle: vom Leben abgehärtet, stark genug, um sich zu wehren, wenn es nötig war.
    Lauren stellte den Krug ab, lächelte und rieb sich mit ihrem braunen Handrücken über die Lippen. »Du kannst gern bleiben«, sagte sie. »Du kannst in Mosbys Wohnwagen schlafen. Er braucht ihn nicht mehr.«
    »Tja … danke. Ich weiß nicht.«
    »Sharpe wird heute Nacht nirgendwo mehr hinfahren, falls du dich das gefragt hast. Er bleibt wahrscheinlich ein oder zwei Tage hier – oder auch länger, wenn es nach mir geht.« Sie zog die Brauen hoch. »Hast du es eilig, nach Hause zu kommen?«
    »Er hat unser Haus angezündet. Rodney. Der Typ, der meinen Mann getötet hat. Das Haus ist weg. Mein Zuhause. Alles.« Sie blickte auf ihr Bier und kämpfte erneut gegen die Tränen.
    »Pamela? Hast du Familie?«
    »In Chicago.« Sie trank einen Schluck. Eiskaltes Wasser tropfte vom Krug auf ihr Polohemd. »Dort möchte ich nicht hingehen. Mein Job … ich arbeite in L. A.«
    »Was machst du denn?«
    »Ich bin nur … Lehrerin. Aushilfslehrerin.«
    »O Gott. Aushilfslehrerin in Los Angeles? Das muss die Hölle auf Erden sein.«
    »Es ist jedenfalls kein Vergnügen. Man kann sich so eine … eine richtige Lehrerstelle erarbeiten. Man bekommt einen Fuß in die Tür. Aber Jim hatte einen guten Job, deshalb … ich weiß noch nicht, was ich tun werde, aber ich muss zurück. Ich meine, ich lebe schließlich da, und ich glaube, ich muss mir eine Wohnung suchen oder so.«
    »Das klingt nicht so, als gäbe es viele Gründe, zurückzugehen.«
    »Tja, viele nicht.«
    »Sharpe wird dich zurück nach L. A. fahren, wenn er so weit ist und du es möchtest. Aber es zwingt dich niemand, mit ihm zu fahren. Du kannst so lange hierbleiben, wie du willst. Eine Weile würde ich dir auf jeden Fall empfehlen, nach dem, was du durchgemacht hast. Es ist friedlich hier. Es ist ein guter Ort, um Probleme zu bewältigen.«
    »Danke, ich weiß nicht …«
    »Entscheide es spontan. Aber richte dich darauf ein, wenigstens heute Nacht zu bleiben. Ich halte Mosbys Wohnwagen immer in Ordnung, für den Fall, dass Gäste kommen.«
    »Okay. Danke.« Sie sah aus dem Fenster. Lange Schatten zogen sich über den ungepflasterten Parkplatz vor dem Café. »Was meinst du, wo Sharpe ist?«
    »Ach, wahrscheinlich in meinem Wohnwagen, um zu duschen. Das macht er meistens zuerst, wenn er zurückkommt.«
    »Er hat mir erzählt, er würde im Bus wohnen.«
    »Im Bus gibt es keine Dusche.«
    Pamela warf einen Blick auf Laurens Hände. Keine Ringe. Doch das war kein Beweis; Lauren schien überhaupt keinen Schmuck zu tragen.
    »Seid ihr verheiratet, du und Sharpe?«
    »Leider nicht.«
    »Aber ihr seid … irgendwas?«
    »Ich glaube, wir sind irgendwas, ja.«
    Pamela wartete. Als Lauren nicht fortfuhr, beschloss sie, sie nicht zu drängen. Sie trank noch einen Schluck Bier. Wieder tropfte kaltes Wasser vom Krug.
    Sie stellte den Krug ab.
    Lauren saß ihr reglos gegenüber, eine Hand an ihrem Bierkrug, den leeren Blick gesenkt, die strohfarbenen Brauen gerunzelt, sodass sich dazwischen zwei kleine Falten bildeten. Es ist meine Schuld, dachte Pamela. Ich hätte nicht nach Sharpe fragen sollen. Ich muss einen wunden Punkt getroffen haben.
    Genau ins Fettnäpfchen getreten.
    Ich hätte es besser wissen müssen.
    Wahrscheinlich einer dieser Fälle von unerwiderter Liebe, von denen sie gesprochen hat.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Pamela.
    »Was? Entschuldigung. Was hast du gesagt?«
    »Stimmt was nicht?«
    »Nein. Nein. Ich frage mich, wo die Burger bleiben.« Sie warf Pamela ein Lächeln zu. »Vielleicht muss ich jemanden rausschmeißen.«
    »So lange dauert es noch gar nicht.«
    »Aber du musst kurz vorm Verhungern stehen.« Sie spähte mit zusammengekniffenen Augen durch das Café. »Ah, da kommen sie.«
    Pamela drehte sich um und sah Nicki mit einem großen beladenen Tablett um die Theke herumkommen.
    »Ich werde Sharpe heiraten«, sagte Lauren.
    Pamela blickte sie überrascht an.
    Sie nickte lächelnd. »Sobald er seine Mission beendet hat.

Weitere Kostenlose Bücher