Loch
Highway 190 durchs Death Valley bis zu den Sanddünen von Furnace Creek in der Mojave-Wüste gefahren war.
Gab es einen trostloseren Ort?
Schlangen, Kojoten, Kängururatten, Geisterstädte.
Aber wenigstens keine Polizei.
»Ich könnte echt etwas zu essen und eine kalte Dusche gebrauchen.« Boots fächerte sich mit ihrer dicklichen Hand Luft zu.
»Verdammt, ich könnte Schatten gebrauchen.« Norman schirmte seine Augen gegen die Sonne ab.
Keine Häuser. Mit Sicherheit kein einladendes Restaurant.
Nichts.
Nichts als gottverlassene Wildnis. Ausgedörrte Wildnis.
»Und? Wo ist Duke hingegangen?«
»Er macht bloß einen Spaziergang.«
»Einen Spaziergang?«
Der Typ ist verrückt. »Boots, man schlendert doch nicht ziellos durch die Mojave-Wüste. Das ist eine Gegend, in der man ein Schlangenbiss-Set mitnimmt.«
»Du musst zugeben, dass es hier irgendwie friedlich aussieht, Norman.«
»Friedlich, ja? Hier draußen sind der Edwards-Luftwaffenstützpunkt und die China-Lake-Militärbasis, wo die größten und schlimmsten Bomben der Menschheitsgeschichte getestet werden.«
»Wahnsinn, ich sehe gar keine Soldaten.«
Norman seufzte. »Wir sollten uns in den Schatten des Wagens setzen.«
»Ich arbeite an meiner Bräune.«
»Deine Bräune? In dieser Hitze wirst du gebraten.«
Norman kletterte von der Ladefläche. Seine Beine funktionierten nicht besonders gut.
Steif vom tagelangen Liegen auf den Zeitungsstapeln.
Er sah in einer Seitenscheibe sein Spiegelbild.
»Uh, besonders hübsch sehe ich nicht aus.« Prellungen, Blutergüsse. Eine Platzwunde an der rechten Augenbraue, auf die Boots ein Pflaster geklebt hatte.
»Ich hab schon Schlimmeres erlebt«, sagte sie leichthin. »Das wird bald verheilt sein.«
»Ich hoffe …«
»Norman, fang mich.«
Sie sprang von der Ladefläche. Norman gab sein Bestes.
»Scheiße!«
Als würde man ein Schwein fangen.
Meine Arme! Mein Rücken!
Ächzend fiel er mit Boots in den Armen nach hinten. Sie landeten im Wüstensand.
»Norman. Du solltest mich fangen.«
»Ich glaub, du hast mir das Rückgrat gebrochen.«
»Mach keine Witze. Nur weil ich ein paar Pfund mehr auf den Rippen habe.«
»Ein paar Pfund. Gott.«
Als Norman sich von ihr befreite, fiel ein Schatten über die beiden.
Norman blickte auf.
Duke.
Oh, Scheiße.
Norman stand auf und klopfte sich den Staub aus den Kleidern. Der verdammte Wüstensand war auch in seinem Mund.
Er sah Duke an. Sein blondes fettiges Haar war immer noch nach oben gebürstet. Die blauen Augen wurden von einer Sonnenbrille verborgen, in der sich die blauen und grünen Flecken in Normans Gesicht spiegelten.
Blutergüsse, die Duke ihm mit seinen steinharten Fäusten zugefügt hatte.
Sein Gesicht war teilnahmslos. Er sah Norman an.
Vielleicht überlegt er, die Sache mit seinem Messer zu Ende zu bringen. Es könnte sein, dass ich gleich mit durchschnittener Kehle in der Wüste liege.
Norman wartete darauf, dass Duke etwas sagte. Es war, als wartete man auf den Ausbruch des Krieges.
Sein Magen verkrampfte sich.
Mir ist übel.
Boots sah schweigend zu, wartete ab, was Duke tun würde.
Duke hob die Arme. Seine Bizeps traten hervor.
Norman wich zurück.
Duke folgte ihm und schlang ungestüm die Arme um ihn. Norman wurde daran erinnert, wie angeschlagen seine Rippen waren.
Das war’s. Das Monster quetscht mich zu Tode.
Duke drückte weiter.
»Norman?«
»Uh … Duke?«, brachte er mit dem Gesicht an seinen harten Brustmuskeln hervor.
»Das war eine schlimme Sache, die da zwischen uns vorgefallen ist, Norman. Wir müssen zusammenhalten wie Brüder. So was darf nie wieder passieren. Hörst du? Nie wieder.«
»Äh … klar. Nie wieder.«
Duke ließ Norman los.
Norman atmete tief durch.
Es fühlte sich gut an.
»Aber du hast Fehler begangen, Norman, alter Kumpel. Ich musste sie korrigieren. Es hat mir das Herz gebrochen, aber ich musste dir zeigen, was du mir bedeutest.«
Boots mischte sich ein. »Alle wieder Freunde. Das ist das Wichtigste.«
»Klar, wir sind alle wieder Freunde.« Duke strahlte und schlug Norman auf den Rücken. Es war ein freundschaftlicher Klaps, doch so fest, dass Norman beinahe seine Zunge verschluckte.
»Was hast du gesagt, Kumpel?«
Norman zwang sich zu einem schwachen Lächeln. »Klar. Beste Freunde.«
»Mehr als das«, erklärte Duke. »Wir sind jetzt eine Familie. Wir stehen zusammen bis zum Schluss.«
Dieser Teil der Versöhnung begeisterte Norman nicht gerade. Zusammen bis zum
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