Locke greift an
drehte Eva sich zur Band um und rief: »Wie kann man Fußball denn hören?«
Nun begann ein wildes Schlagzeugsolo von Ben, das dann langsam in eine rhythmische Abfolge überging. Es klang ein wenig nach »We will rock you« von Queen. Es animierte total zum Mitklatschen. Dann hörte man die raue Stimme von Ronny. Fast heiser, total gekonnt, begann er zu singen: »Wo träumt man fast vom freien Fall?«
Alle Bandmitglieder stimmten ein: »Beim Fußball!«
Der Sound wurde nun etwas melodiöser, und zur Leadgitarre von Pfarrer Kelter sang Eva: »Samstag, Samstag, kann ich jetzt vergessen, denn mein Freund, mein Freund, der sieht den ganzen Tag nur …«
Die gesamte Band stimmte wieder ein: »Fußball!«
Ronny ging nun ebenfalls vor an den Bühnenrand und stieß Eva spielerisch in die Seite. Dann sang er rockig nach einem alten Schlager: »Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt.«
Nun setzte sich Eva wieder in Szene, die ihrerseits Ronny wegschupste und theatralisch anstimmte: »You’ll never walk alone!«
Diese Zeile wiederholte nun die gesamte Band: »You’ll never walk alone!«
Es folgte ein Bassgitarrensolo von Ronny und die Band sang danach gemeinsam: »Fußball, immer wieder Fußball, und was rollt, ist auch das Geld. «
Eva unterbrach den Chor dann mit der Zeile: »Doch die Hoffnung, die Hoffnung lass ich mir nicht nehmen, Freundschaft schafft der Ball in jedem Teil der Welt!«
Die Band fiel nochmals ein mit: »Fußball, immer wieder Fußball, und was rollt, ist auch das Geld«
Und noch einmal hielt Eva dagegen mit ihrer Zeile: Freundschaft schafft der Ball in jedem Teil der Welt!«
Dann kam das Finale, denn Eva sang: »Königsblauer S 04, Königsblau ist Schalke, König bist du im Revier - Königsblauer S 04!!!«
Es war Evas Idee, mehrere Sounds und Melodien geschickt miteinander zu vermischen. Durch Kelters Inszenierung dann wurde das Stück tatsächlich so etwas wie Rock-Theater.
»Die Essener und Dortmunder werden euch wohl in der Grugahalle auspfeifen«, meinte der Pfarrer, »aber provozieren will auch gelernt sein. Und ihr könnt es!«
Nach einer der Proben fragte Kelter bei Eva nach Matz, aber die schüttelte nur den Kopf. »Er hat sich völlig verschlossen. Auch mit mir spricht er kein Wort. Haben Sie nicht eine Idee, Herr Pfarrer, wie wir an ihn herankommen könnten?«
Kelter überlegte. »Er gehört ja nicht zu unserer Gemeinde«, sagte er dann, »aber ich werde meinen Kollegen aus der Moschee in Essen-Katernberg mal auf den Fall ansprechen. Dorthin geht Matz mit seiner Familie zum Freitagsgebet. Wir dürfen ihn nicht aufgeben. Vielleicht kann uns der Imam helfen …
Das Abschlussspiel gegen Luxemburg nahte. Es war für Sonntag um 14 Uhr im Fußballstadion von Oberhausen angesetzt.
Die Mannschaft saß im Bus auf der kurzen Fahrt dorthin. Wie selbstverständlich saßen Locke und Erik nebeneinander auf einer Bank.
Die beiden Stürmer hatten abends, nach den Trainingseinheiten, viel Zeit gehabt, sich auszutauschen. Erik hatte
sich immer mehr geöffnet und Locke wusste nun alles über den Jungen aus Berlin. Insgeheim dankte er dem lieben Gott, dass ihm ein Schicksal, wie Erik es hatte, erspart geblieben war. Ein Leben ohne Eltern …
Patrick hatte im Gegenzug von seinen Sorgen und Problemen erzählt, auch über den Zwischenfall mit Matz. Erik kannte in Berlin viele türkische Jungs und erzählte Locke über deren Liebe zu ihrem Land. Doch eine Idee, wie man die Sache aus der Welt bekommen könnte, hatte er auch nicht …
Locke konzentrierte sich auf das Spiel, das vor ihnen lag. Er hatte die Formation genau im Kopf, die Stettler gestern an die Tafel geschrieben hatte:
Kevin Rott
Mike Rossbach Hamit Üzly Hannes Balder Micha Kühn
Ole Stölzing
Andreas Martin Jörg Ahlers Lukas Potborski
Patrick Schubert Heiko Erde
Ersatz: Sebastian Olf, Peter Dietrichsen, Stephan Baler, Benny Möller, Tani Tanko, Steve Richter und schließlich Erik Stössken - auch er, wie im Training so oft, erst einmal auf der Reservebank. Erik hatte das ohne Murren und Knurren akzeptiert.
Die Mannschaft traf im Stadion ein. Patrick sah, dass das Rund sich offenbar sehr langsam füllte, was wohl an dem harmlosen Gegner Luxemburg lag. In den letzten drei Jahren hatten die Jungs von dort fast alle Spiele verloren.
Kurz vor dem Anpfiff des Schiedsrichters aus Holland zählten die Veranstalter etwa dreitausend Zuschauer, was
für ein solches Testspiel dann doch nicht wirklich schlecht war.
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